Aktueller Hinweis: Aufgrund einer veränderten Förderung des Landes Niedersachsen (siehe auch hier: nifbe in der Zukunftsdebatte) werden die Forschungsstellen des nifbe ab dem 01.01.2016 nicht mehr weiter geführt. Ihre Themen und Ergebnisse werden zum Teil im neu geschaffenen Koordinations- und Transferzentrum des nifbe weiter bearbeitet und vermittelt. Im Laufe des Jahres 2016 entsteht desweiteren ein Forschungszentrum in der Universität Osnabrück und ein Neuer Forschungsverbund für Frühkindliche Bildung nimmt seine Arbeit auf.
Im Fokus der Forschungsstelle „Bewegung und Psychomotorik“ steht die Bedeutung der Bewegung und Wahrnehmung für die kindliche Entwicklung. Bewegung gilt als ein elementares Mittel der Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Umwelt. Auf den ersten körperlich-motorischen Erfahrungen baut die Selbständigkeitsentwicklung des Kindes auf. Sinnliche Erfahrungen bilden den Ausgangspunkt jeder Selbst- und Umwelterfahrung.
Die Netzwerkbildung des Gehirns ist wesentlich durch die frühen Wahrnehmungs- und Bewegungstätigkeiten des Kindes geprägt. Denken kann als verinnerlichtes Handeln aufgefasst werden - es ist auf differenzierte Bewegungs-, Handlungs- und Sinnesaktivitäten angewiesen.
In der Forschungsstelle werden die Entwicklung der Motorik und ihr Zusammenhang mit kognitiven, emotionalen und sozialen Entwicklungsprozessen systematisch untersucht und Konzepte frühkindlicher Bildung in Familie, Kindergarten und Grundschule auf der Basis von Bewegung und Wahrnehmung abgeleitet.
Wissenschaftliche und bildungspolitische
Herausforderungen
Bewegung als Bildungsressource nutzen
Aus anthropologischer Sicht ist der Mensch ein Bewegungswesen. Er ist auf Wahrnehmung und Bewegung angewiesen, um sich ein Bild von sich selbst zu machen, um die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und sich die Welt aktiv anzueignen. Dabei spielen insbesondere die körpernahen Sinne eine wichtige Rolle: Wahrnehmungserfahrungen über die Haut, über das Gleichgewichtsempfinden und die Wahrnehmung der eigenen Position und Lage im Raum vermitteln dem Kind ein Bild von der Welt und von sich selbst in ihr.
Ein solches Menschenbild führt zu einem Erziehungs- und Bildungsverständnis, das Bewegung als elementare Handlungs- und Ausdrucksform des Kindes in den Vordergrund der pädagogischen Arbeit stellt und über sie die körperlich-motorische Entwicklung, aber auch die sozial-emotionale und kognitive Entwicklung unterstützen will. Es berücksichtigt einerseits die Selbstbildungsprozesse des Kindes, stützt sich aber auch auf die anregende und begleitende Rolle der Erzieherin durch Angebote und Herausforderungen.
Bewegung als Gesundheitsressource nutzen
Bewegungsmangel prägt das Alltagsleben unserer Gesellschaft. Er erhöht das Risiko vieler Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und des aktiven und passiven Bewegungsapparates. Auch wenn die Folgen des Bewegungsmangels erst in späteren Jahren deutlich werden, liegen ihre Ursachen häufig in der Kindheit. Ein ausreichendes Maß an Bewegung ist eine notwendige Voraussetzung für die individuelle Gesundheit.
In der frühen Kindheit sollte der Schwerpunkt gesundheitsfördernder Maßnahmen auf der Stärkung und Förderung von Schutzfaktoren liegen, die dem Kind helfen Widerstandsressourcen gegenüber gegenwärtigen oder zukünftigen Belastungssituationen aufzubauen und es befähigen adäquat damit umzugehen.
Bewegung als soziale Ressource nutzen
Bewegung zeichnet sich als wesentliches Medium der kindlichen Entwicklungsförderung aus, welches nicht nur körperliche und personale Ressourcen, sondern auch die Entwicklung sozialer Ressourcen unterstützt.
Im Setting Kindergarten ist der Umgang mit sprachlicher, intellektueller, sozialer und kultureller Heterogenität eine große Herausforderung für die Erzieherin, die nur über eine individuelle Förderung der Kinder zu bewältigen ist. Pädagogische Konzepte, die an der Körperlichkeit des Kindes ansetzen, können zur sozialen Integration beitragen und individuelle Wege zum Erwerb von sozialen, sprachlichen oder emotionalen Kompetenzen aufzeigen.
Ziele
Ziele der Forschungsgruppe Bewegung, Wahrnehmung, Psychomotorik:
- Entwicklungsdiagnostik/Motodiagnostik: Entwicklung diagnostischer Verfahren zur Erfassung der psychomotorischen Entwicklung von Kindern
- Erforschung von Wirkfaktoren psychomotorischer Förderkonzepte, insbesondere unter dem Aspekt der Selbstwirksamkeitserfahrungen und des Selbstkonzeptes
- Implementierung bewegungsorientierter Sprachfördermaßnahmen in Kindertagesstätten – Evaluation der Maßnahmen bei Kindern mit unterschiedlichen Voraussetzungen
- Frühkindliche Bewegungsentwicklung (null bis drei Jahre): Rahmenbedingungen in Familie, in der Tagespflege und in Kindertagesstätten begleiten
- Erforschung geschlechtsspezifischer Bewegungssozialisation: Aufdecken geschlechtsspezifischer Vorstellungen und Verhaltensweisen der Kinder in Bezug auf Körper und Bewegung.