Das Thema Psychomotorik hat seit der Gründung des nifbe (2007) einen hohen Stellenwert. Durch die Forschungsstelle „Bewegung und Psychomotorik“ (Leitung Prof. Dr. Renate Zimmer 2007 – 2015) hat das nifbe mit einschlägigen Forschungsprojekten zu den Themenbereichen Bewegung und Psychomotorik in der frühen Kindheit im wissenschaftlichen Bereich wertvolle Beiträge geleistet. Die Arbeit in der Forschungsstelle prägte die Expertise der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen und bildet sich auch aktuell in den Arbeitsschwerpunkten im nifbe ab. Der enge Bezug zur psychomotorischen Praxis ist durch die Psychomotorische Förderstelle des nifbe gegeben. Auch nach der Umstrukturierung des nifbe 2015 konnte die Psychomotorische Förderstelle unter der Leitung von Prof. Dr. Renate Zimmer als etablierte Praxiseinrichtung des nifbe weiter fortgeführt werden.

In der Förderstelle werden ca. 50 Kinder begleitet. Der Förderbedarf der Kinder liegt in unterschiedlichen Bereichen: Kinder mit motorischen Unsicherheiten und Wahrnehmungsbeeinträchtigungen, Kinder, die herausfordernde Verhaltensweisen zeigen, aber auch Kinder, die sich z. B. im sozialen Kontaktaufbau zu anderen Kindern schwer tun oder in sprachlichen Bereichen Unterstützung benötigen.

Die Nähe zum aktuellen Bildungsschwerpunkt des nifbe „Vielfalt leben und erleben! Chancen und Herausforderungen der Heterogenität“ ist in hohem Maße gegeben. So bildet sich die soziale und kulturelle Vielfalt auch bei den Kindern ab, die in der Förderstelle psychomotorisch in ihrer Entwicklung begleitet werden. Im Umgang mit DiversitätDiversität|||||siehe Diversity können die Mitarbeiter*innen der Psychomotorischen Förderstelle auf einen langen Erfahrungsschatz zurückgreifen. So ist z.B. die Anzahl der Kinder mit Fluchterfahrung seit 2015 gestiegen und die Anzahl der Kinder, die Schwierigkeiten haben, sich in anderen Gruppen (KiTa, Schule oder Sportverein) zurechtzufinden, nimmt deutlich zu.

Im Kontext der Psychomotorik schaffen Bewegung und Spiel die Möglichkeit, mit den unterschiedlichen Voraussetzungen, die die Kinder mitbringen, umzugehen. Die individuellen Talente, die in Vielfalt sichtbar werden, sind Ressourcen, die es gemeinsam mit den Kindern zu entdecken gilt, um ihr entwicklungsförderndes Potential ausschöpfen zu können.

Diese Erfahrungen aus der Psychomotorischen Förderstelle werden auch in Veröffentlichungen des nifbe zum Umgang mit Vielfalt eingebracht. Ebenso fließen in den Konzeptionierungen der CurriculaCurricula|||||Ein Curriculum ist ein Lehrplan, Modulplan oder Lehrprogramm, das Aussagen über Lehrziele und Ablauf des Lehr- Lern – Arrangement gibt und auf einer Didaktik aufbaut. für Prozessbegleiter*innen und der Methodik spielerische Elemente aus der Psychomotorik ein, die sich als sehr wirkungsvoll gerade in Bezug auf Selbstreflexionsmöglichkeiten im Rahmen von Prozessbegleitungen zeigen.

Im Rahmen der Arbeit der Psychomotorischen Förderstelle werden nicht nur Erfahrungen in Entwicklungsgesprächen mit Eltern und pädagogischen Fachkräften gemacht, darüber hinaus können relevante Themen aus den Gesprächen heraus identifiziert werden und zur weiteren Bearbeitung ins nifbe eingebracht werden. Die Erkenntnisse aus der Arbeit des nifbe wiederum schlagen sich immer auch in diesen Gesprächen nieder und bringen diese auf kurzen Wegen immer wieder ins Feld.

Datenbank und Wissenslandkarte zur Psychomotorik

Im Rahmen des nifbe-Portals steht seit 2010 erstmals für den deutschsprachigen Raum eine Datenbank zur Psychomotorik zur Verfügung. Über Suchfunktionen sind hier derzeit rund 200 psychomotorische Institutionen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu finden – von Förderstellen über Fort- und Weiterbildungsinstitute oder Ausbildungsstellen bis hin zu Berufsverbänden und weiteren psychomotorischen Vereinigungen. Um sie auch für andere europäische Länder verfügbar zu machen, ist 2011 auch eine englische Version der Datenbank erarbeitet worden. Zudem ermöglicht die damit verbundene nifbe-Wissenslandkarte „Psychomotorik“ einen Gesamtüberblick über psychomotorische Institutionen in Niedersachsen. Die Datenbank wird fortlaufend aktualisiert und bietet Einrichtungen aus dem Bereich der Psychomotorik und Motologie die Möglichkeit, sich selbständig einzutragen. Die Datenbank hat eine Lücke in der Psychomotorik-Landschaft geschlossen und bietet nicht nur Informationen zu Institutionen, sondern auch die Möglichkeit der Vernetzung.


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Literatur:

  • Martzy, F. & Zimmer, R. (2014). Psychomotorik von Anfang an. Osnabrück: Niedersächsisches Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (Nifbe-Themenheft Nr. 23). Osnabrück: nifbe.
  • Martzy, F., Bischoff, A., & Ruploh, B. (2015). Veränderungen im Selbstkonzept nach psychomotorischer Förderung. Eine multimethodale Untersuchung des kindzentrierten Ansatzes. motorik, 38 (1), 10-21. [peer-reviewed]
  • Martzy, F. (2018). Bewegt in die Welt – Das pädagogische Konzept der Psychomotorik. Kleinstkinder in Kita und Tagespflege, 3, 6-10.
  • Keßel, P. & Martzy, F. (2019). Beziehungsgestaltung und Haltung in der Psychomotorik. Ist das schon Inklusion? In nifbe (Hrsg.), Inklusive Haltung und Beziehungsgestaltung (S. 126- 133). Freiburg: Herder.
  • Martzy, F. & Keßel, P. (2019). Inklusive Kompetenz – am eigenen Leib erfahren. Einblicke in die Arbeit der psychomotorischen Förderstelle des nifbe. In nifbe (Hrsg.), Inklusive Haltung und Beziehungsgestaltung (S. 134-140). Freiburg: Herder.
  • Zimmer, R. (2019). Handbuch der Psychomotorik. Theorie und Praxis der psychomotorischen Förderung (überarb. Neuausg., 14. Gesamtaufl.) Freiburg: Herder.