Eltern sind während der Corona-Pandemie zunehmend am Limit und treffen in der KiTa auf Fachkräfte, die sich oftmals als Spielball der Politik fühlen und um ihre eigene Gesundheit fürchten – wie kann in diesen Zeiten trotzdem ein partnerschaftliches Verhältnis aufrecht erhalten werden? Diese Frage stand im Zentrum des Vortrags „Elternbelastungen in der KiTa begegnen“ mit Daniela Kobelt-Neuhaus und Christine Heymann-Splinter. Der interaktiv ausgerichtete Vortrag fand im Rahmen der kostenlosen nifbe-Reihe „KiTa in Corona-Zeiten“ statt und wurde von Sandra Köper-Joksch und Jörg Hartwig moderiert.

Die Brille der Eltern aufsetzen

20210504 Umfrageergebnisse ZOOM 002In ihrem Vortrag boten Daniela Kobelt-Neuhaus als langjährige Expertin für das Thema Zusammenarbeit mit Eltern sowie Christine Heymann-Splinter als 1. Vorsitzende der Landeselternvertretung Niedersächsischer KiTas zwei verschiedene Perspektiven und konnten sowohl die Brille der Fachkräfte als auch die der Eltern aufsetzen. Wie sie eingangs ausführten, sei dies ebenso wichtig wie sich die verschiedenen Rollen sowie Nöte und Erwartungen der Beteiligten vor Augen zu führen. In einer Blitzumfrage erhoben sie unter den rund 250 Teilnehmer*innen dann zunächst einmal die größten Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit Eltern. Deutlich an erster Stelle standen hier die „Reduzierten Kontaktmöglichkeiten mit Eltern“, gefolgt von „Ungeduld / Unverständnis der Eltern für Maßnahmen in der KiTa“ sowie die „Entscheidung über Notbetreuung“. Ergänzend präsentierte Christine Heymann-Splinter Umfrageergebnisse der Landeselternvertretung, nach denen sich im Mai 2020 rund 30% der Eltern „belastet“ bis „sehr belastet“ fühlten und im Januar 2021 dann schon rund 60%. „Eltern und Fachkräfte müssen mit einer Vielzahl von ganz neuen Herausforderungen jonglieren und einen Mega-Spagat hinkriegen“ führte die Elternratsvorsitzende aus und betonte zugleich: „In der Summe haben wir aber auch viele gemeinsame Nenner, wenn wir die Perspektiven des anderen zulassen“.

Gesprächsbereitschaft zeigen und Transparenz herstellen

In Break-Out-Session bekamen die Teilnehmer*innen daraufhin Gelegenheit, sich im kleinen Kreis untereinander über die aktuellen Herausforderungen und Strategien zu ihrer Bewältigung auszutauschen. Thema war hier immer wieder die Schwierigkeit, tatsächlich Kontakt zu halten und dies insbesondere auch bei Eltern mit Flucht- oder Migrationshintergrund und entsprechenden Sprachbarrieren. Strategien, um Konflikte mit Eltern nicht eskalieren zu lassen und sie im Boot zu behalten waren „Geduld“, „Sachlichkeit“, „nichts persönlich nehmen“ sowie die Einbeziehung der Eltern in aktuelle Entscheidungsprozesse.
Daniel Kobelt Neuhaus unterstrich, dass es vor allen Dingen auf „Transparenz“ und eine nicht abbrechende Kommunikation mit den Eltern ankomme. Gute Beispiele für Kommunikation in Corona-Zeiten seien Büros mit Plexiglaswänden, „Walk and Talk“ im Außengelände oder auch Haubesuche. Es sei wichtig, individuell auf die Ängste der Eltern einzugehen und sie mit aktuellen Informationen zu versorgen. „Nur über eine gemeinsame Kommunikation finden wir den Weg zueinander“ sagte sie und dazu gehöre es, aktiv Gesprächsangebote zu machen und darüber hinaus auch immer Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Christine Heymann-Splinter ergänzte diese Aussagen mit dem „VIF“-Modell und seinen Komponenten „Verständnis“ zeigen (Ich verstehe, auch wenn ich nicht unbedingt zustimme) sowie „Impulse“ und „Feedback“ geben. An Grenze geraten Kommunikation und Verständnis allerdings immer wieder bei „Stimmungsmacher*innen“ und „Verschwörungstheoretiker*innen“ und, so Daniela Kobalt-Neuhaus, „hier ist dann eine klare Haltung zum Schutz der Eltern, Kinder und Fachkräfte gefragt und zur Not auch ein Gebrauch des Hausrechts“.

Eigene Ängste im Team thematisieren

Wie die Referentinnen betonten, ist neben der Auseinandersetzung der Fachkräfte mit den Sorgen und Nöten der Eltern aber auch die Thematisierung von eigenen Ängsten der Fachkräfte im Team unabdingbar. Hier sei die Leitung gefragt und auch die „Träger sind gefragt zu tragen“ und entsprechende Rahmenbedingungen und sichere Grundlagen für die Arbeit zu schaffen. Gerade in Krisen, für die es keine Erfahrungen und vorgefertigten Lösungen gebe, sei es aber auch wichtig, sich immer wieder mit anderen Fachkräften auszutauschen und über neue Ideen und Lösungsansätze für Probleme zu diskutieren sowie zu dokumentieren, was man tut – und so auch für die nächste Krise zu lernen.

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Karsten Herrmann