Der Kindergarten im nationalsozialistischen Deutschland
Inhaltsverzeichnis
- Gleichschaltung der öffentlichen Kleinkindererziehung
- Körperliche und charakterliche Erziehung
- Wehrerziehung und Erziehung in Rollenbildern
- Erziehung zur Führerliebe
- Die Erziehung zum Rassegedanken
- Zusammenfassung
- Literatur
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Wehrerziehung und Erziehung in Rollenbildern
![IMG 20170607 0001](/images/nifbe/Fachbeiträge/2016/NS-Kindergarten/IMG_20170607_0001.jpg)
Erich Hilgenfeldt, Hauptamtsleiter der NSV , zu Besuch in einem NSV-Kindergarten, (Quelle: Ida-Seele-Archiv)Bereits während der Zeit des Deutschen Kaiserreiches (1871-1918) - insbesondere in der Zeit des Ersten Weltkrieges – gab es eine gezielte Erziehung zum Militärischen innerhalb der öffentlichen Kleinkinderziehung (vgl. Nationalismus und Militarismus im Kindergarten). Unter Hitlers Herrschaft bekam die Militarisierung der Kindergartenkinder jedoch eine vollkommen neue und noch nie dagewesene Qualität. Bereits vom „ersten Hitlerjahr“ an, wurden die Kinder zu Wettkämpfen, zum Marschieren, zum Exerzieren, zum Simulieren von Luftangriffen, zum Darstellen von Kriegshandlungen etc. animiert. Wie die militärische Infiltrierung der Kinder von statten ging, verdeutlicht nachstehender Praxisbericht aus der Fachzeitschrift „Kindergarten“:
"Unsere Kinder erleben den Krieg
Rasch hat die Tante mit ihnen die Uniform gearbeitet. Dann geht's hinaus auf den 'Kasernenhof' zum Exerzieren. In Rolf erkennt man jetzt schon die Führernatur. Er schreitet als Hauptmann die Front ab... Jetzt spielen sie nicht mehr Soldaten, jetzt sind sie Soldaten. Im Zimmer bauen indessen einige Jungen mit ihrer Tante Artilleriestellung. Bausteine werden im Halbkreis zu einem Wall aufgeschichtet... In der Stellung laden die Soldaten die einfach gestalteten Kanonen mit Papierkugeln. Ein Dorf unweit der Stellung wird beschossen. Einzelne Häuser sind bereits zusammengefallen. Auf einem anderen Tisch entsteht ein Flugzeugplatz. In großen Hallen warten einige Faltflugzeuge auf den Start. Soldaten kommen aus der Kaserne, um die Flugzeuge zum Feindflug startbereit zu machen... Die Beschäftigungen sind gut und schön, einmal weil sie wenig Material beanspruchen, und dann in der Hauptsache, weil sie dem Kinde das große Erleben, den Krieg an der Front und in der Heimat veranschaulichen" (zit. n. Berger 2015b, S. 68).
![soldatenspiel](/images/nifbe/Fachbeiträge/2016/NS-Kindergarten/soldatenspiel.jpg)
Die Kinder wurden angehalten, durch kleine Opfergaben zum Sieg des Vaterlandes beitragen, wenn sie beispielsweise im Kindergarten ihre bescheidene Mahlzeit, ohne zu murren, zu sich nahmen, oder indem sie recht folgsam und fügsam waren und dadurch den Erwachsenen, die schon genug Sorgen hatten, nicht unnötig zur Last fielen:
"Es zeigen sich immer wieder Gelegenheiten, sei es im Spiel, bei der Arbeit oder beim Frühstück, wie wir ihnen sagen können, daß auch sie, die kleinsten, nicht zu klein sind, um zum Sieg beizutragen" (zit. n. ebd., S. 69).
Auch die militärische Erziehung der Kinder war streng geschlechtsspezifisch ausgerichtet:
"Der kleine Junge wird ja einmal ein deutscher Soldat werden, das kleine Mädchen eine deutsche Mutter... Wie liebevoll sorgt das kleine Gretchen für ihre Puppenkinder daheim. Das kleine Hänschen schleicht sich indessen mit einem Stein an den Spatz heran, der vor der Haustür sitzt, um ihn zu töten. Hier der zukünftige Vaterlandsverteidiger, dort die liebevolle zukünftige Hausfrau“ (Benzig 1941, S. 40).
Diese Fixierung auf Geschlechtsrollen führte dazu, dass die Kindergartenkinder entsprechendes Spielmaterial zugewiesen bekamen. Während die Jungen technisches und militärisches Spielzeug, sowie die vielfältigsten Werkzeuge zur Verfügung standen, begnügten sich die Mädchen mit Spielgegenständen aus dem Bereich Haushalt, Mutter und Kind.
- Zuletzt bearbeitet am: Montag, 02. August 2021 11:33 by Karsten Herrmann