schafft die stuehle ab plaedoyer fuer einen bewegten alltag 978 3 451 39485 0 76986Sitzen schadet der Gesundheit. Erwachsene sollten daher die Bewegungsfreude von Kindern fördern statt bremsen, betont Expertin Renate Zimmer in ihrem neuen Buch. In der Kita klappe das zum Beispiel mit einem bewegten Morgenkreis oder dem Zappelphilipptanz.

In ihrem neuen Buch „Schafft die Stühle ab!“ plädiert die Sport- und Erziehungswissenschaftlerin Renate Zimmer für mehr Bewegung im Alltag, zu Hause, in der Kita und in der Schule. Wie sie ausführt, ist der Alltag von Menschen in Deutschland vom Sitzen geprägt und das beginne schon in der Kindheit – vom Kinderwagen, über den Hochstuhl und Autokindersitz bis zum Stuhlkreis in der Kita und dem Stillsitzen in der Schulklasse. Der Homo sapiens, sagt Zimmer, sei zum Homo sedens, zum sitzenden Menschen geworden und Kinder würden hierzu von Anfang an sozialisiert. Zimmer erkennt darin einen Widerspruch zur kindlichen Natur: „Eigentlich hassen Kinder nichts mehr als Stillsitzen. Voller Bewegungsfreude wollen sie die Welt erobern und den Stuhl benutzen sie allenfalls als Klettergerät“.

Sitzen ist gegen die Natur

Grundsätzlich, so Renate Zimmer, habe die Evolution den Menschen als Läufer angelegt. Sitzen führe zu massiven gesundheitlichen Schäden: von Rückenschmerzen über Herz- und Kreislaufprobleme bis zum Übergewicht. Laut den aktuellen Ergebnissen der KiGGS-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert Koch-Instituts bewegen sich heute lediglich 22 Prozent der Mädchen und 29 Prozent der Jungen mindestens eine Stunde pro Tag. Es gebe eine deutliche Zunahme von Übergewicht und Adipositas. Ungefähr jedes zehnte Mädchen und jeder vierzehnte Junge sind aktuell davon betroffen.

Motor der Entwicklung

Eindringlich zeigt Renate Zimmer auf, dass die Bewegung ein Motor für die gesamte kindliche Entwicklung ist, nicht nur physisch, sondern auch psychisch: „Auch die Bildung von Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, die Entwicklung von Mut und Zuversicht sind davon abhängig, dass Kinder ihre Umwelt selbständig erkunden können, dass sie lernen, die eigenen Fähigkeiten einzuschätzen, Herausforderungen zu bewältigen und mit dem eigenen Körper etwas zu bewirken.“ Sie kommt zu dem Schluss, dass jeder Stuhl im Grunde genommen mit dem Warnsiegel „Vorsicht – Sitzen schadet Ihrer Gesundheit!“ versehen sein müsste.

Die Autorin gibt konkrete Tipps, wie Erwachsene Kinder in Kita, Schule und zu Hause in Bewegung bringen können. Im Fokus stehen dabei auch die Balance- und Koordinationsfähigkeiten, um schrittweise die heute häufig fehlende Bewegungssicherheit durch die Bewältigung kleiner Risiken zu erlangen. Die Ideen reichen vom Fußfühlpfad, dem Tanz auf heißem Sand und dem Zappelphilipptanz bis hin zu einem bewegten Morgenkreis.

Augenzwinkernd zeigt sie auf, was Kinder abgesehen vom Sitzen alles mit Stühlen anstellen und ausprobieren können – sie können zum Beispiel für bewegte Pausen als Slalomstangen, zum Durch- und Herumkriechen oder aber auch für ein Pferderennen im Sitzen genutzt werden.

„Schafft die Stühle ab!“ ist ein erfrischendes kleines Buch für Eltern, Lehrer/-innen und Fachkräfte, in dem Renate Zimmer aus ihrem Wissen und ihren praktischen Erfahrungen schöpft, um die so notwendige und förderliche Bewegung in das Leben von Kindern zu bringen.

  • Renate Zimmer: Schafft die Stühle ab! Plädoyer für einen bewegten Alltag. Verlag Herder  2023, 110 S., 15 Euro
Karsten Herrmann