"Frühkindliche Bildung und Betreuung stehen bei uns in Niedersachsen ganz oben an"

Zur Debatte den Entwurf für ein neues Kindertagesstättengesetz erklärt Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne:

„Wir sind am Anfang der parlamentarischen Befassung, nicht am Ende. Die heutige Anhörung wird aufschlussreiche Erkenntnisse geben. Frühkindliche Bildung und Betreuung stehen bei uns in Niedersachsen ganz oben an. Das wird alleine deutlich, wenn man einen Blick auf die Investitionen wirft:

1,6 Milliarden Euro stehen in diesem Jahr 2021 für mehr Plätze und Qualitätsverbesserungen bei Krippen, Kindergärten und der KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung.  bereit. Der Ansatz wird in den Folgejahren weiter erhöht, sodass im Zeitraum bis 2024 rund 6,3 Milliarden in den frühkindlichen Bereich investiert werden.

Eben weil wir in Niedersachsen der frühkindlichen Bildung eine solch hohe Bedeutung beimessen, sind die Erwartungshaltungen mit Blick auf die KitaG-Novelle natürlich auch sehr hoch. Das gilt umso mehr, als dass das Kindertagesstättengesetz fast 30 Jahre nicht angepasst wurde. Daraus müssen wir dringend lernen und zu regelmäßigen Überarbeitungen kommen. Eine solche Revisionsklausel im neuen Kindertagesstättengesetz könnte dann auch regelmäßig die Chance bieten, Anpassungen zum Beispiel beim Fachkraft-Kind-Schlüssel vorzunehmen.

Berechtigter Wunsch nach 3.Kraft, aber...

Ich kann den Wunsch und die Forderung nach der 3. Kraft in Kindergartengruppen sehr gut nachvollziehen. Der Wunsch ist berechtigt und die Debatte um Verbesserungen beim Fachkraft-Kind-Schlüssel dringend notwendig. Wir müssen aber das Wünschenswerte mit dem Machbaren zusammenbringen. Sonst produzieren wir Enttäuschungen bei allen Beteiligten. Denn stand heute wäre es unseriös, die 3. Kraft in Kindergartengruppen in das neue Kindertagesstättengesetz fest reinzuschreiben. Das wären Festlegungen und Versprechungen, die sich nicht erfüllen lassen zum jetzigen Zeitpunkt, da die notwendigen Fachkräfte aufgrund der großen Bedarfe nicht zur Verfügung stehen.

Wir haben den Platzausbau massiv vorangetrieben, um allen Kindern einen Platz anzubieten: Zwischen 2015 und 2020 stieg die Anzahl der angebotenen Plätze in Kindertageseinrichtungen um fast 44.000 Plätze von 309.974 auf 353.716 an. Die durchschnittlichen Betreuungszeiten pro Platz verlängerten sich um 2,2 Stunden auf nunmehr 32,1 Stunden pro Woche, der Anteil der ganztags betreuten Kindergartenkinder stieg von 28,4% auf 41% und die Anzahl der in der Kindertagesbetreuung tätigen pädagogischen Fachkräfte wuchs um 13.738 auf 57.839 Beschäftigte. Diese Zahlen belegen die hohe Dynamik bei den Bedarfen.

Das Thema Ausbildung von Fachkräften ist mit dem Niedersachsenplan deutlich vorangebracht worden: In den letzten drei Schuljahren haben sich immer mehr junge Menschen auf den Weg gemacht, um Erzieherin oder Erzieher, Sozialassistentin oder Sozialassistent zu werden. Im laufenden Schuljahr werden wir die Marke von 17.000 Schülerinnen und Schüler knacken, die einen für die Kindertagesbetreuung berufsqualifizierenden Abschluss erwerben. Weitere Anstrengungen sind jedoch nötig, um für den weiteren quantitativen und qualitativen Bedarf auszubilden und Fachkräfte im Berufsfeld zu halten.

Ich plädiere dafür, intensiv politisch zu diskutieren, welche ersten Schritte auf dem Weg zur 3. Kraft im Kindergarten jetzt festgeschrieben werden können. Flankierend arbeiten die Regierungsfraktionen an Entschließungsanträgen, die sich mit den mittelfristig möglichen Qualitätsverbesserungen und dem Fachkraft-Kind-Schlüssel befassen. Es wird an realistischen Zeit- und Finanzierungsplänen gearbeitet. Wir brauchen umsetzbare Lösungen, um den eingeschlagenen Weg, mehr Fachkräfte in die Kindertageseinrichtungen zu bekommen, verbindlich und für alle Seiten verlässlich, weiter zu beschreiten."

Hintergrund:

Unbenommen von der wichtigen Frage des Fachkraft-Kind-Schlüssel, sind im Entwurf des „Niedersächsischen Gesetzes über Kindertagesstätten und Kindertagespflege" (NKiTaG) viele Neuregelungen vorgesehen, die unsediere Kitas und die Kindertagespflege weiterbringen werden:

1. Überführung der Kindertagespflege in das Niedersächsische Gesetz über Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege:
Mit der Überführung der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Betreuungs-angebotes in der Kindertagespflege" (RKTP) in das Niedersächsische Gesetz über Kindertagesstätten und Kindertagespflege wird eine dauerhafte, gesetzliche Grundlage für die Finanzierung der Kindertagespflege in Niedersachsen geschaffen. Gleichzeitig werden - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - verbindliche Qualitätsstandards für die Kindertagespflege landesgesetzlich verankert.

2. Anpassungen im Bereich der Kindertagesstätten:
Mit der Festlegung von Gruppengröße auf mindestens sechs Kinder sowie Mindestbetreuungsumfang auf 20 Wochenstunden wird das erklärte Ziel der Landesregierung, Kindertagesstätten mit bestimmten Qualitätsstandards in Niedersachsen zu etablieren und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern, weiterverfolgt. Das Verfahren zur Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kindertagesstätten wird vereinheitlicht und vereinfacht. Richtiggestellt wird, dass in Hortgruppen der Mindestbetreuungsumfang von 20 Wochenstunden durchschnittlich im Kindergartenjahr und auch am Nachmittag erbracht werden kann. Neu aufgenommen werden Regelungen zum „Kooperativen Hort". Zudem wird die Möglichkeit zur Platzteilung in Kindertagesstätten gesetzlich verankert.

3. Erweiterung des pädagogischen Betreuungspersonals in Kindertagesstätten:
Der gesetzliche Fachkräftekatalog des pädagogischen Betreuungspersonals wird umfassend erweitert. Es werden nun auch staatlich anerkannte Kindheitspädagoginnen und staatlich anerkannte Kindheitspädagogen, staatlich anerkannte Sozialpädagoginnen und staatlich anerkannte Sozialpädagogen, Absolventinnen und Absolventen pädagogischer Studiengänge mit Diplom-, Bachelor- oder Masterabschluss mit frühkindlichen Studienanteilen, Lehrkräfte mit der Befähigung zur Ausübung des Lehramtes an Grundschulen für die Tätigkeit in Hortgruppen, staatlich anerkannte Heilpädagoginnen und staatlich anerkannte Heilpädagogen, staatlich anerkannte Heilerziehungspflegerinnen und staatlich anerkannte Heilerziehungspfleger als pädagogische Fachkraft erfasst. Auch sozialpädagogische Assistentinnen und sozialpädagogische Assistenten, Absolventinnen und Absolventen pädagogischer Studiengänge mit Diplom-, Bachelor- oder Masterabschluss werden nun als pädagogische Assistenzkraft erfasst.
Kräfte mit einem anderen staatlich anerkannten pädagogischen Abschluss oder einer gleichwertigen Ausbildung kann das Landesjugendamt auf Antrag des Trägers der Kindertagesstätte als pädagogische Fachkraft oder pädagogische Assistenzkraft zulassen. Darunter fallen auch Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, Logopädinnen und Logopäden, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger, Atem-, Sprech-, Stimmlehrerinnen und -lehrer, die nun bereits während ihrer Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin oder zum staatlich anerkannten Erzieher auf Antrag des Trägers der Kindertagesstätte als pädagogische Assistenzkraft zugelassen werden können.

4. Personelle Mindestausstattung in den Gruppen:
Die personelle Mindestausstattung in den Gruppen der Kindertagesstätten und die Qualitätsanforderungen an die pädagogischen Kräfte werden auch für Randzeiten geregelt. Überdies wird eine einheitliche Regelung zur personellen Mindestausstattung für Kleingruppen geschaffen.
Bei einer unabweisbaren und unvorhersehbaren Abwesenheit einer pädagogischen Kraft (wie Krankheit), die nicht durch eine andere pädagogische Kraft vertreten werden kann, kann für bis zu drei Tage je Kalendermonat und Gruppe eine andere geeignete Person mit der Wahrnehmung von Aufsichtspflichten betraut werden.

5. Fortschreibung des Bildungs- und Erziehungsauftrags:
Der Bildungs- und Erziehungsauftrag wird fortgeschrieben und künftig auch auf die Kindertagespflege erstreckt.

6. Rauchverbot in Anwesenheit der betreuten Kinder:
Neu aufgenommen wird ein umfassendes Rauchverbot in Kindertagesstätten und in der Kindertagespflege.

7. Zusammenarbeit der Kindertagesstätten mit Schulen:
Neu aufgenommen wird eine gesetzliche Regelung, nach der die Kindertagesstätten die Kinder auf den Übergang zur Schule vorbereiten.

8. Möglichkeit zur Bildung eines Landeselternrates:
Neu aufgenommen wird die Möglichkeit zur Bildung eines Landeselternrates.

9. Überarbeitung und Ergänzung der datenschutzrechtlichen Vorschriften:
Die datenschutzrechtlichen Vorschriften werden an die rechtlichen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung angepasst.

10. Anpassung und Neustrukturierung der Vorschriften zur Finanzhilfe:
Künftig sollen auch die pädagogischen Kräfte, die nicht mindestens mit der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit beschäftigt werden, finanzhilfefähig sein. Hiermit werden neue Einstellungsmöglichkeiten für die pädagogischen Kräfte eröffnet, die mit einem geringeren Stundenumfang - beispielsweise während oder im Anschluss einer Elternzeit - in den Beruf zurückkehren möchten.
Quelle: Presseinfo MK Niedersachsen