Beiträge chronologisch
Bewegungsorientierte Sprachförderung
Ein nifbe-Forschungsprojekt
Inhaltsverzeichnis
- Projekt: Förderung sprachlicher Kompetenzen von Kindern durch bewegungsorientierte Maßnahmen
- Sprachförderung durch Bewegung für Kinder mit Migrationshintergrund
- Literatur
Projekt: Förderung sprachlicher Kompetenzen von Kindern durch bewegungsorientierte Maßnahmen
Sprache als zentrales Bildungsziel für den Elementarbereich wird nicht nur in Niedersachsen, sondern bundesweit gefordert. Das Forschungsprojekt soll einen Beitrag leisten zu der Frage, wie die Sprachentwicklung von allen Kindern im Kindergartenalltag unterstützt werden kann und welche Bedeutung hierbei bewegungsorientierten Maßnahmen zukommt.
Dem isolierten Training einzelner Funktionen wird ein in den Alltag zu integrierendes, von der Körperlichkeit des Kindes ausgehendes Konzept der Sprachförderung entgegengesetzt. Im Detail wurden Bewegungssituationen auf ihr Potenzial zur Sprachförderung überprüft und die Interaktions- und Sprechanlässe in den Bewegungssituationen analysiert.
Folgende Fragestellungen rückten dabei in den Fokus:
- Wie sind die Rahmenbedingungen der Bewegungsangebote zu gestalten, damit diese Sprachanlässe schaffen?
- Welche sprachlichen Kompetenzen (Bereiche: Lexikon, Semantik,, ProsodieProsodie|||||Sammelbegriff für die Merkmale Betonung, Dauer, Lautstärke, Intonation, Rhythmus und Tempo., Phonologie, Phonetik Syntax, Morphologie, Pragmatik) können im Kontext von Bewegungsaktivitäten gefördert werden?
- Welche Bewegungsaktivitäten bieten besondere Gelegenheiten für sprachliche Interaktionen zwischen den Kindern bei Bewegungshandlungen?
- Lässt sich das Sprachvorbild der Erzieherinnen durch eine Reflexion des Sprachanregungspotenzials von Bewegungssituationen im positiven Sinne verändern?
In diesem Rahmen wurden zwei Hauptstränge verfolgt. Es ging zum einen um die Analyse und differenzierte Betrachtung von Bewegungssituationen als Anlass zur Kommunikation, Interaktion und zum Sprechen als Aspekte der Sprachförderung. Zum anderen wurde ein bewegungsorientiertes Sprachförderkonzept implementiert und seine Wirksamkeit evaluiert.
An dem Projekt nahmen rund 50 Kindergärten und Krippen aus dem Raum Osnabrück teil. In 20 Kindergärten wurden im Rahmen eines Intervention-Kontrollgruppen-Designs mit Prä- und Posttest (Vorher und Danach) anhand standardisierter Testverfahren der sprachliche sowie der motorische Entwicklungsstand von 380 Kindern, die zum ersten Testzeitpunkt 4 Jahre alt waren, erhoben. Die Erzieherinnen dokumentierten die Sprachentwicklung der teilnehmenden Kinder mit den Beobachtungsmaterialien SeldakSeldak|||||Systematisches Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Sprachentwicklung und Literacy bei deutschsprachig aufwachsenden Kindern. Umfasst vielfältige Bereiche von Lernmotivation bis zu pädagogischen Konsequenzen. (Ulich & Mayr, 2006) für Kinder mit Deutsch als Erstsprache und SismikSismik|||||Systematisches Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren zur Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern in der Kindertageseinrichtung. Der Bogen umfasst vielfältige Bereiche von Lernmotivation bis zu pädagogischen Konsequenzen. (Ulich & Mayr, 2003) für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache.
17 weitere Kindergärten verwendeten ebenfalls die Beobachtungsmaterialien, evaluierten ihre Projektzeit jedoch weitestgehend selbstständig. Zwischen den Testzeiträumen wurden die ErzieherInnen der Interventionsgruppen durch die Projektmitarbeiterinnen zur Thematik Sprachförderung durch Bewegung fortgebildet.
Die Inhalte der Fortbildungen beruhten teils auf den Erkenntnissen des Pilotprojektes und wurden von den ErzieherInnen direkt in ihren Kindergartengruppen umgesetzt. Je zwei ErzieherInnen pro Einrichtung nahmen an den Fortbildungseinheiten, die einmal monatlich stattfanden, teil. Ein Fortbildungsnachmittag umfasste ca. 3 Stunden, in denen die TeilnehmerInnen verschiedene Workshops besuchten. In den Workshops vermittelten die Projektmitarbeiterinnen theoretische Inhalte zu den verschiedenen Sprachbereichen und deren praktischen Umsetzung zur Förderung der Kinder im Kindergartenalltag.
Zusätzlich wurden die ErzieherInnen mit den Beobachtungsmaterialien Sismik und Sel-dak vertraut gemacht. Der gegenseitige Austausch über die ersten Erfahrungen im Kindergarten, über die Reaktionen der Kinder auf die unterschiedlichen Spielideen und über das Dokumentieren der Sprachentwicklungsverläufe der Kinder wurde in kleinen Gruppen angeregt. Auf einer für das Projekt eingerichteten Homepage konnten die TeilnehmerInnen sich über aktuelle Termine informieren sowie Handouts der Fortbildungsinhalte downloaden.
Erste Ergebnisse
Zur Prüfung von Interventionseffekten der „Bewegten Sprachförderung“ wurde der sel-dak herangezogen, weil dieses Verfahren dem projektinhärenten Konzept der kontextgebundenen Sprachentwicklung am ehesten entspricht. In fünf von neun Subskalen des sel-dak zeigen sich in der Versuchsgruppe Hinweise auf signifikante Effekte der bewegungsorientierten Sprachförderung, also signifikante Verbesserungen der Werte in der Versuchsgruppe, die an der Intervention teilgenommen hatte, während sich die Werte der Kontrollgruppe signifikant weniger oder gar nicht veränderten.
Dass solche Kompetenzen bereits durch den normalen Kita-Alltag gefördert werden spricht für die Professionalität in den untersuchten Einrichtungen und legt die Vermutung nahe, dass die beteiligten Erzieherinnen auch persönliche Kompetenzen gefördert haben (wie Zuhören, selbstständiger Umgang mit Bilderbüchern, die selbstständige Beteiligung an Gesprächen, und höfliche Kommunikation mit Blickkontakt und Anpassung von Tonfall und Lautstärke an den Gesprächspartner).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese ersten Ergebnisse ermutigende Hinweise auf die Wirksamkeit einer bewegungsorientierten Sprachförderung im Hinblick auf Aspekte des Spracherwerbs und der Entwicklung von Selbstkompetenzen für den sprachlichen Kontext liefern.
Mit einem Fragebogen wurden die Erwartungen und Meinungen der TeilnehmerInnen zur Fortbildungsreihe erfasst. Die Inhalte der Fortbildung zur bewegungsorientierten Sprachförderung wurden als wichtig und in die Praxis umsetzbar wahrgenommen. Auch insgesamt zeigte die Auswertung ein deutlich positives Feedback.
Zum Projektende evaluierten die pädagogischen Fachkräfte den gesamten Projektverlauf. Die hohe Zufriedenheit auf Seiten der TeilnehmerInnen mit den Inhalten könnte eine nachhaltige Weiterführung der bewegungsorientierten Sprachförderung sichern. Weitere Unterstützungsangebote wurden von den ProjektteilnehmerInnen vorgeschlagen. Auch wenn die bewegungsorientierte Sprachförderung sehr gut in den Alltag zu integrieren ist, braucht es kontiniuerliche Anregung und Sicherung durch die Zusammenarbeit mit der Forschung. Ein regelmäßiger Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis sollte auch dazu dienen, auf der bildungspolitischen Ebene Veränderungen einzufordern, um z.B. die Rahmenbedingungen an die Aufgaben des pädagogischen Personals anzupassen.
- Zuletzt bearbeitet am: Donnerstag, 28. Mai 2015 16:26 by Somebody