Daten und Fakten zur FKBBE in Niedersachsen
Bertelsmann Länderreport 2017: Nur geringe Verbesserung der KiTa-Qualität und enorme Unterschiede # 3.300 Fachkräfte und 152 Millionen Euro jährlich zusätzlich nötig
Die Qualität der niedersächsischen Kitas hat sich nur geringfügig verbessert. Das zeigt sich vor allem an der Entwicklung des Personalschlüssels. Kamen zum 1. März 2012 noch 4,2 ganztags betreute Kinder auf eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Krippengruppen, waren es im März 2016 rein rechnerisch 3,9 Kinder. In Kindergartengruppen verbesserte sich der Personalschlüssel stärker als im Krippenbereich, und zwar von 8,8 auf 8,3 Kinder pro Fachkraft. Dennoch sind die Personalschlüssel in Niedersachsen für die jüngeren Kinder nach Hamburg (1 zu 5,1) unter allen westdeutschen Bundesländern die ungünstigsten. Kindergartenkindern hingegen bietet Niedersachsen die bundesweit drittgünstigste Betreuungsrelation. Das zeigt das Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung.Enorme Unterschiede bei der Kita-Qualität im U-3-Bereich
Die Kita-Qualität in Niedersachsen hängt zudem stark vom Wohnort ab. Dies zeigt eine Auswertung der Personalschlüssel der 402 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland, die die Bertelsmann Stiftung erstmals durchgeführt hat. Zwischen den Kreisen in Niedersachsen zeigt sich eine große Spannweite bei der Betreuungsrelation in Krippengruppen: So liegt der Personalschlüssel in den Landkreisen Verden und Oldenburg bei 1 zu 3,0, im Landkreis Northeim und in Wilhelmshaven hingegen bei 1 zu 4,5. Dies ist unter allen Flächenländern im Krippenbereich eine der größeren Spannweiten zwischen den Kreisen. Vergleichbar ist die Situation in Nordrhein-Westfalen, wo kreisabhängig eine Fachkraft 3,3 bzw. bis zu 4,9 Kinder betreut. Im Saarland sowie in Sachsen dagegen gibt es kaum Abweichungen vom landesweiten Mittel pro Fachkraft.In Kindergartengruppen unterscheiden sich die Personalschlüssel in Niedersachsen zwischen den Kreisen zwar etwas stärker als im Krippenbereich, im Vergleich zu den anderen Flächenländern befindet sich die Spannweite allerdings eher im oberen Mittelfeld. Während in den Landkreisen Diepholz und Stade sowie in Salzgitter 7,2 Kinder von einer Fachkraft betreut werden, sind es im Landkreis Lüchow-Dannenberg bis zu 9,3 Kinder. In Rheinland-Pfalz hingegen ist die Betreuungsrelation bei einem mittleren Personalschlüssel von 1 zu 8,6 landesweit uneinheitlicher: Dort sind es mindestens 6,6 und maximal 11,5 Kinder, die von einer Fachkraft betreut werden. Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, sieht die große Spannweite innerhalb der Bundesländer kritisch: „Die Bildungschancen von Kindern hängen heute erheblich von ihrem Wohnort ab. Wir brauchen verlässliche Kita-Qualität in ganz Deutschland.“
Gravierende Unterschiede zwischen den Bundesländern bleiben bestehen
Wenngleich sich die Kita-Qualität bundesweit tendenziell verbessert, sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern nach wie vor gravierend. Bundesweiter Spitzenreiter beim Personalschlüssel sowohl im Krippen- (1 zu 3,0) als auch im Kindergartenbereich (1 zu 7,2) ist Baden-Württemberg. Schlusslicht bei den jüngeren Kindern ist Sachsen (1 zu 6,5) und bei den Älteren Mecklenburg-Vorpommern (1 zu 13,7). In westdeutschen Krippengruppen kümmert sich eine Fachkraft um deutlich weniger Kinder (1 zu 3,6) als in Ostdeutschland (1 zu 6,0). Allerdings befinden sich in Ostdeutschland 52 Prozent der unter Dreijährigen in Betreuung, während es in Westdeutschland lediglich 28 Prozent sind. In Niedersachsen sind es 28 Prozent. Bundesweit sind fast alle Kinder ab dem dritten Lebensjahr in Kindertagesbetreuung.3.300 zusätzliche Fachkräfte für kindgerechte Betreuung notwendig
Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt einen qualitätssichernden Personalschlüssel von 1 zu 3,0 in Krippengruppen und 1 zu 7,5 in Kindergartengruppen. Trotz Verbesserungen in den vergangenen vier Jahren hat Niedersachsen somit ähnlich wie die meisten anderen Bundesländer noch keinen pädagogisch angemessenen Wert erreicht. Nur elf von 46 Kreisen in Niedersachsen entsprechen im Krippenbereich der Empfehlung bzw. sind dieser sehr nah. Für den Kindergartenbereich trifft dies auf 18 Kreise zu. Es ist zu klären, ob diese Unterschiede Ergebnis einer gezielten Steuerung durch Landesregelungen zur Personalausstattung sind oder sich hier unbeabsichtigte Steuerungseffekte zeigen. „Bund und Länder müssen einheitliche Qualitätsstandards umsetzen“, fordert Dräger.Für einen kindgerechten Personalschlüssel müssen in Niedersachsen nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung zusätzlich 3.300 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte rekrutiert und weitere 152 Millionen Euro jährlich bereitgestellt werden. Zusätzliche Nachfrage nach Fachkräften entsteht zudem aufgrund des steigenden Bedarfes an Betreuungsplätzen für unter dreijährige Kinder. Ohne attraktivere Rahmenbedingungen für das Kita-Personal wird es schwer, dem steigenden Fachkräftebedarf nachzukommen.
Enormer Personalzuwachs in den vergangenen Jahren
In den vergangenen Jahren ist in Niedersachsen bereits ein außerordentlicher Personalzuwachs zu verzeichnen: Von 2006 bis 2016 ist die Anzahl der Kita-Fachkräfte um 19.200 Beschäftigte bzw. um 63 Prozent gestiegen. Bundesweit lag der Zuwachs bei 62 Prozent. Um eine weitere Verbesserung bei der Qualität und Quantität des Angebots zu erreichen, bedarf es eines weiteren Kraftakts von Bund, Ländern, Kommunen und auch Eltern. Deshalb rät Dräger davon ab, kurzfristig auf die Elternbeiträge zu verzichten: „Erst wenn die Qualität stimmt und genügend Betreuungsplätze zur Verfügung stehen, können wir die Beitragsfreiheit angehen!“ Die Beteiligung der Eltern darf dennoch keine Zugangsbarriere für Kinder werden. Deshalb sollten Kita-Beiträge einkommensabhängig gestaffelt und Familien mit besonders niedrigen Einkommen komplett entlastet werden. In Niedersachsen wird eine Befreiung der Elternbeiträge im letzten Jahr vor der Einschulung des Kindes für die nach dem Landesgesetz zur Erfüllung des Rechtsanspruchs erforderliche Mindestbetreuungszeit von vier bis zu acht Stunden an fünf Tagen in der Woche gewährt.Notwendig ist nicht nur eine ausreichende Anzahl an Fachkräften, sondern auch „gut“ qualifiziertes Personal: In Niedersachsen verfügen 72 Prozent der gut 46.200 pädagogisch Tätigen in Kitas (ohne Horte) über einen fachlich einschlägigen Fachschulabschluss, etwa zur Erzieherin. Dies liegt etwas über dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer (67 Prozent), aber unter dem der ostdeutschen Bundesländer (85 Prozent). Den formal niedrigeren Berufsfachschulabschluss besitzen in Niedersachsen 17 Prozent der Fachkräfte. In Ostdeutschland liegt dieser Anteil bei 2 Prozent.
Zusatzinformationen
Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme sind Auswertungen von Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Stichtag für die Datenerhebung war der 1. März 2016. Die Berechnungen wurden vom Forschungsverbund Deutsches Jugendinstitut/Technische Universität Dortmund sowie der Bertelsmann Stiftung durchgeführt. Die aktuellen Daten und Fakten zu den frühkindlichen Bildungssystemen mit den Länderprofilen finden Sie im Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme sowie unter www.laendermonitor.de.
Grafik Personalschlüssel in Städten und Landkreisen Niedersachsens
Grafik Keyfacts Niedersachsen
Link zur Gesamtdarstellung der niedersächsischen Ergebnisse
Quelle: Bertelsmann Stiftung
- Zuletzt bearbeitet am: Montag, 28. August 2017 09:44 by Karsten Herrmann