Was zur Zeit schief läuft und wie die Rahmenbedingungen für KiTa  besser werden können

Seit vielen Jahren steigen die Anforderungen an die Arbeit von Fachkräften in der KiTa steil an und die Rahmenbedingungen halten nicht entsprechend Schritt. Die Corona-Pandemie hat noch einmal wie unter einem Brennglas gezeigt, dass das System KiTa auf Kante genäht ist und die (Belastungs-) Situation noch weiter verschärft. Wie kommen wir nun endlich zu besseren Rahmenbedingungen? Dieser Frage stellte sich die ver.di-Bundesreferentin und excellente Kennerin des KiTa-Feldes Dr. Elke Alsago im Rahmen der kostenlosen nifbe-Vortragsreihe „KiTa in Corona-Zeiten“. Moderiert wurde die Veranstaltung von den nifbe-Transfermanager*innen Gisela Röhling und Jörg Hartwig.

„Ich kann hier keine Pauschallösung anbieten, aber ein paar wichtige Anregungen für den langen Weg zu besseren Rahmenbedingungen geben“, stellte Elke Alsago zum Auftakt klar. Am Beispiel der Corona-Pandemie und einer aktuellen Befragung von ver.di und der Hochschule Fulda zur Situation in der Sozialen Arbeit und damit auch im Elementarbereich, zeigte sie aber zunächst auf, was momentan schief läuft im Feld.

Verschärfte Arbeitsbelastung

Wie Elke Alsago ausführte, zeigt die Follow up-Studie deutlich, dass „die Arbeitsbelastung im Feld steigt und die Arbeitsinhalte sich verändern“. Grundsätzlich habe die Soziale Arbeit während der Corona-Pandemie eine hohe Öffnungsquote von 90% gehabt, der Elementarbereich trotz der ständigen Rede von KiTa-Schließungen sogar deutlich darüber hinaus. Um rund ein Drittel sei in dieser Zeit auch die Anzahl der Adressat*innen pro Beschäftigte*r gestiegen und ein weiteres knappes Drittel der Fachkräfte hat länger gearbeitet als vertraglich vereinbart. Zur zunehmenden Arbeitsverdichtung kamen demnach noch die Veränderung bzw. Absenkung von Standards sowie eine Verschärfung der Problemlagen von Adressat*innen der Sozialen Arbeit. Gravierende Mängel identifizierte die Studie beim Arbeitsschutz und der entsprechenden Umsetzung gesetzlicher Vorgaben. So hätten im Elementarbereich trotz der häufig nicht möglichen Abstandswahrung nur zwei Drittel Schutzausrüstung getragen und viele Träger hätten ihre Gefährdungsbeurteilung nicht aktualisiert.

Ein Drittel der Fachkräfte denkt über Stellenwechsel nach

Die veränderten und verschärften Arbeitsbedingungen haben, so Elke Alsago, dazu geführt, dass sich 62,1 Prozent der befragten Beschäftigten belastet oder sogar extrem belastet fühlen. Als Konsequenz denken 29,9 Prozent über einen Stellenwechsel sowie 16,2 Prozent über einen Berufswechsel nach – und diese besorgniserregenden Zahlen seien im Elementarbereich sogar noch höher.

Im zweiten Teil ihres Vortrags ging Elke Alsago dann darauf ein, welche Aspekte wichtig sind, um zu besseren Rahmenbedingungen zu kommen. Sie führte dafür noch einmal vor Augen, wie das KiTa-Gesamtsystem mit der rahmengebenden Bundesgesetzgebung, den Ausführungsgesetzen der Länder und den Verantwortlichkeiten der Kommunen bzw. der freien Träger funktioniert. Sie stellte klar, dass die Kommunen und Freien Träger die ersten Ansprechpartner*innen seien, da sie die Verantwortung für das Personal trügen und eine Fürsorgepflicht hätten – und in der Corona-Pandemie bedeute dies beispielsweise die „Pflicht zu Schutzmaßnahmen“, die „Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung“ und auch eine „Einschätzung der psychischen Belastung der Mitarebiter*innen“. Aber auch über Corona hinaus seien die Kommunen und Träger für die Rahmenbedingungen wie Personalausstattung, Verfügungszeiten usw. verantwortlich und müssten von den Fachkräften auch entsprechend in die Verantwortung genommen werden. Verantwortlichkeiten dürften zwischen Bund, Ländern und Kommunen nicht hin und her geschoben werden.

Trägerverantwortung ernst nehmen

Als Beispiel einer entsprechenden Trägerverantwortung führte Alsago den Fröbel-Verband an, der aufgrund nicht hinreichender Rahmenbedingungen vor einiger Zeit eine Gefährdungs-Selbstanzeige gestellt hatte und dem darauf der Entzug der Betriebserlaubnis drohte. In diesem Sinne müssten Missstände auch von Trägern deutlich benannt werden und diese hätten sich auch in der Corona-Pandemie „deutlicher vor ihre Mitarbeiter*innen stellen und sich gegenüber Land und Bund stärker positionieren müssen“, kritisierte Elke Alsago. Doch sie nahm auch uneingeschränkt jede einzelne Fachkraft in die Pflicht, denn „bessere Rahmenbedingungen werden uns nicht geschenkt und wir alle müssen uns für sie engagieren“. Dies gelte umso mehr jetzt, denn durch Corona drohten leere Kassen und die dauerhafte Aufweichung von Standards und Fachkräftekatalogen.

"Penetranz schafft Akzeptanz"

Von den Fachkräften forderte Elke Alsago zusammenfassend ein „starkes professionelles Selbstbewusstsein“ und auch „mehr Wissen über Verantwortlichkeiten“ und entsprechende Stellschrauben für Veränderung ein. Sie müssten ihre Stimme erheben und sich in Aushandlungsprozesse aktiv einmischen. Beispiele dafür, wie Professionen ihre Belange erfolgreich durchsetzten, seien die Jurist*innen und Mediziner*innen. Entscheidend sei dafür, „sich zu engagieren, sich zusammenzuschließen und sich gegenseitig zu unterstützen“. Bei aller Kritik an Bundesfamilienministerin Franziska Giffey habe diese doch ein schlagendes Motto für den Kampf um besseren Rahmenbedingungen geprägt: „Penetranz schafft Akzeptanz“ - in diesem Sinne gelte es für die Forderungen ohne Unterlass gemeinsam laut zu werden.

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Karsten Herrmann