Aufstiegswege und Karrieremöglichkeiten im KiTa-Feld


Unter dem Titel "Beruf ja - Karriere Nein?" wurden auf dem Wiff-Bundeskongress in Berlin gemeinsam Ansatzpunkte und Strategien diskutiert, um aus dem Erzieherinnen- Beruf als so genannten "Sackgassenberuf" herauszukommen und Wege des Aufstiegs und der Karriere zu eröffnen. Dabei standen sowohl strukturelle Bedingungen, das KiTa-Team und die einzelne Fachkraft wie auch die Weiterbildung und ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   im Fokus.
 
fuchsNach Grußworten des Bundesforschungsministeriums und der Robert Bosch-Stiftung räumte WiFF-Leiterin Prof. Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin in einer ersten fachlichen Einordnung zunächst ein, dass der Begriff Karriere im Bereich des KiTa-Feldes zunächst ein wenig irritierte und eher mit Management und Führungskräften verbunden werde. Wie sie anhand einer WiFF-Befragung untermauerte, spielen karriereorientierte Berufsziele neben den sehr hoch bewerteten inhaltlichen Aspekten aber doch eine gewichtige Rolle bei den Pädagogischen Fachkräften – insbesondere auch bei Kindheitspädagog*innen mit einer vorherigen Erzieher*innen-Ausbildung. Bisher seien KiTas als kleinteilige Organisationseinheiten eher von flachen Hierarchien geprägt, aber mit dem Trend zu größeren Einrichtungen eröffne sich die Möglichkeit zu einer stärkeren Ausdifferenzierung und Spezialisierung – z.B. in Richtung Beobachtung und Dokumentation, Zusammenarbeit mit Eltern, Partizipation oder auch der sozialräumlichen Vernetzung. „Das bisherige Motto ‚alle machen alles‘ scheint nicht mehr zielführend zu sein, unterstrich Fuchs-Rechlin. Sie hob auch die „zunehmend wichtigere, aber bisher nur wenig systematische Rolle“ der Träger bei der Personalentwicklung hervor. Ziel müsse es sein, pädagogischen Fachkräften Weiterentwicklung und Karriere sowohl in vertikaler und horizontaler, wie auch in diagonaler Richtung – zum Beispiel in Projekten - zu ermöglichen.

 

Durchlässiges und kompetentes System

schneiderProf. Dr. Armin Schneider von der Hochschule Koblenz knüpfte hier direkt daran an und markierte die Möglichkeiten zu Aufstieg und Karriere als wesentliche Voraussetzungen für ein attraktives Berufsfeld und für das Halten von Fachkräften in den KiTas. Problematisch sei es allerdings, dass Karriere hier „nur weg vom Kind“ möglich erscheine und die eigentliche Berufung der pädagogischen Fachkräfte damit konterkariert werde. Grundsätzlich, so Schneider, hänge der Karriereweg von „Eigen- und Fremdsteuerung sowie von Zufall ab“. Im KiTa-Feld sei eine horizontale Binnendifferenzierung in Richtung Funktionsstellen mit spezialisierten Kompetenzprofilen oder eine vertikale Richtung zu Leitungsfunktionen in der KiTa oder beim Träger möglich. Zudem gebe es diagonale Karrierewege zum Beispiel in Richtung Fachberatung oder in Richtung Fachreferate bei Trägern oder auch anderen Einrichtungen wie Unfallkassen.

„Um Karrierewege zu ermöglichen brauchen wir ein kompetentes System auf allen Ebenen“ unterstrich Schneider und führte folgende Notwendigkeiten an:
  • Durchlässigkeit des Systems
  • Tarifliche Sichtbarkeit
  • Funktionsstellen für Personalentwicklung
  • Karriere- und Kompetenzmanagement
  • Gestalten von (Karriere-) Netzwerken

Wie Schneider abschließend unterstrich, gehöre zu einem attraktiven Berufsfeld neben guten Rahmenbedingungen aber auch eine „gute Arbeitsatmosphäre vor Ort“, in der Teams sich wertschätzend und vertrauensvoll begegnen und auch zusammen lachen könnten.

 

Multiprofessionelle Teams und professionelle Teamentwicklung

weltzienWelche Gestaltungs- und Handlungsspielräume gibt es vor Ort in multiprofessionellen Teams für die Personalentwicklung? Diese Frage stellte Prof. Dr. Dörte Weltzien von der Pädagogischen Hochschule in Freiburg in ihrer Keynote und richtete ihren Blick zunächst auf die jungen Berufseinsteiger*innen, die mit „viel theoretischem Wissen und wenig Praxiserfahrung“ in die KiTas kämen. Für sie bräuchte es im Idealfall gezielte Einarbeitungskonzepte und Trainee-Programme, auf jeden Fall aber eine Kultur der Wertschätzung und auch der Fehlerfreundlichkeit im Team. Die Einsteiger*innen seien einerseits „Novizen und Lernende“, andererseits aber auch „Expert*innen“, deren Expertise für die Weiterentwicklung der Einrichtung genutzt werden könne.

In einem multiprofessionellen Team mit erfahrenen Erzieher*innen, Kindheitspädago*innen, Berufseinsteiger*innen und nicht einschlägig qualifizierten Kräften sollte immer das Wohlbefinden des Kindes das gemeinsame Ziel und den gemeinsamen Nenner bilden. Grundsätzlich, so Weltzien, sei das Kompetenzniveau in einem multiprofessionellen Team „größer als die Summe der Einzelkompetenzen“. Die Kunst sei das Zusammenspiel der Einzelkompetenzen und dafür bräuchte es „eine Kultur des Dialogs und der Partizipation“.

In einem derzeit von hoher Fluktuation geprägten Feld wies Dörte Weltzien auf die „kurzen Toleranzintervalle“ von gut ausgebildeten und hoch motivierten Fachkräften hin: „Wenn die Erwartungen an pädagogische Qualität nicht erfüllt werden, sind die besten Kräfte schnell wieder weg.“

Im Hinblick auf Karrierewege unterstrich Weltzien, dass wir „flexible Modelle“ für Spezialfunktionen in der KiTa bräuchten wie z.B. Freistellungen oder Leistungszulagen. Die Differenzierungen müssten dabei immer von den KiTa-Teams mit Blick auf die pädagogische Qualitätsentwicklung selber gestaltet werden. Gerade multiprofessionelle Teams seien übergreifend auf „pädagogische Leitungspersönlichkeiten“ angewiesen, die vor allen Dingen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden müssten. Mit einem Schaubild verdeutlichte sie den Prozess einer professionellen KiTa-Teamentwicklung und resümierte abschließend: „Das KiTa-Team im Wandel ist eine Realität, mit der wir proaktiv umgehen müssen“.

Seiten aus Weltzien 10.5. Vortrag Multiprofessionelle Teams

„Weiterbildung ja – Aufstieg nein danke?“

nittelUnter dem provokativen Titel „Weiterbildung ja – Aufstieg nein danke?“ nahm Prof. Dr. Dieter Nittel von der Goethe-Universität in Frankfurt die Spannungsfelder von persönlicher Kompetenzentwicklung einerseits und kollektiver Professionalisierung andererseits in den Blick. So konnte er trotz fehlender Aufstiegsmöglichkeiten eine hohe Fortbildungsbereitschaft frühpädagogischer Fachkräfte konstatieren. Analog zu der individuellen Professionalisierung schrieb Nittel auch dem kollektiven Professionalisierungsprozess im KiTa-Feld eine hohe Dynamik zu. Indikatoren dafür seien:
  • Institutionalisierung
  • Verwissenschaftlichung
  • Verrechtlichung
  • Verberuflichung (z.B. Stärkung der Berufsverbände)

Als Hemmschuh für den Professionalisierungsprozess und als „strukturelle Problematik“ im System der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung identifizierte Nittel allerdings die „wenigen Aufstiegschancen“. Er rief dazu auf - zum Beispiel durch eine zielgerichtete Interessenvertretung -„Macht zu mobilisieren“ und dafür zu kämpfen „Mehr Geld für gute Arbeit“ zu erhalten.

 

Strukturelle Hemmnisse

Deutlich wurde auf der WiFFWiFF|||||WiFF ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Robert Bosch Stiftung und des Deutschen Jugendinstituts e.V. Die drei Partner setzen sich dafür ein, im frühpädagogischen Weiterbildungssystem in Deutschland mehr Transparenz herzustellen, die Qualität der Angebote zu sichern und anschlussfähige Bildungswege zu fördern.-Tagung auch in den Diskussionsforen am Nachmittag, dass es aktuell noch an konkreten Ansatzpunkten und Stellschrauben fehlt, die Spezialisierung und Binnendifferenzierung von pädagogischen Fachkräften in der KiTa auch durch einen tatsächlichen Aufstieg und finanzielle Gratifikation zu würdigen. Dazu fehlen derzeit die (tariflichen oder zuwendungsrechtlichen) Spielräume und in diesem Sinne müssten zunächst einmal die an dieser Stelle ebenso komplizierten wie starren Strukturen geändert und flexibilisiert werden.
 
Karsten Herrmann