Diskriminierungskritik in der KiTa

Inhaltsverzeichnis

  1. Diskriminierendes Verhalten im Team und gegenüber Kindern
  2. Gemeinsam mit den Eltern für das Kindeswohl wirken
  3. Schlussbemerkung
  4. Literaturangaben

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„Vielfalt muss aktiv gelebt werden.“ (Wagner 2011, S. 2)

Kindertagesstätten sind Orte, an denen viele unterschiedliche Kulturen und Wertvorstellungen zusammen kommen. Diese Heterogenität macht es für pädagogische Fachkräfte notwendig, sich stetig selbst zu hinterfragen – denn allzu leicht führen Verallgemeinerungen zu Stigmatisierungen und Diskriminierungen.  Damit in der KiTa Diskriminierung jeglicher Art vermieden werden sowie jeweils situationsbezogen und angemessen „inklusiv“ reagiert werden kann, ist eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema notwendig - alleine aus der heterogenen Zusammensetzung einer Kindertagesstätte ergibt sich noch nicht automatisch ein kompetenter Umgang mit den einzelnen Kindern, Eltern oder TeamkollegInnen und deren Unterschieden (vgl. Wagner 2011).

Diskriminierung – eine Hinführung

„Diskriminierungen finden auf struktureller, institutioneller, diskursiver und interaktiver Ebene statt. Alle Ebenen wirken subjektivierend auf die Individuen und beinhalten Handlungs-, Deutungs- und Widerstandsmöglichkeiten“ (Bliemtsrieder et al., 2016, S. 8). Die Bundeszentrale für politische Bildung beschreibt in einem Artikel, dass Diskriminierung nicht allein als eine Folge von „[...] individuellen Einstellungen oder kollektiven Mentalitäten verstanden werden“ (Scherr, 2016) kann. Differenzierungen entstehen in einem komplexen sozialen System unterschiedlichster Beziehungen und werden dort wirksam (vgl. Scherr, 2016). Diskriminierende Strukturen und Praktiken definieren sich sowohl über die Unterscheidung von Gruppenkategorien (abstrakte, gesellschaftlich wirkungsmächtige Gruppen[-konstruktionen] wie beispielsweise „Muslime“ oder „Migrantenkinder“) als auch Personenkategorien (Personen mit scheinbar problematischen, individuellen Eigenschaften wie „Behinderte“ oder „Kriminelle“) (vgl. Scherr, 2016). Sie können aber müssen nicht mit bewussten oder unbewussten Annahmen, Zuschreibungen, Abwertungen oder Absichten zu tun haben (vgl. Bliemtsrieder et al., 2016).

Diskriminierungskritik erfordert Mut und Selbstreflexion
ErzieherInnen fühlen sich oftmals verunsichert, wenn es darum geht, diskriminierendes Verhalten im Team zu unterbinden oder diskriminierende Äußerungen von Kindern oder deren Eltern anzusprechen. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass die spärlich vorhandene Literatur bezogen auf das aktuelle Thema nicht ausreichend Handreichungen und Ansätze bietet. ErzieherInnen werden vor eine Herausforderung gestellt, denn sie sollen zugleich unaufgeregt, deeskalierend, zugewandt, freundlich und nicht zu emotional an Situationen herantreten (Vgl. Institut für den Situationsansatz #1, 2016). Diskriminierungskritik gegenüber den Eltern (oder auch im Team) zu üben erfordert Mut. Neben der inneren Positionierung ist eine ständige Bereitschaft zur (Selbst-)Reflexion wichtig (vgl. Institut für den Situationsansatz #1, 2016). Ebenfalls erfordert es Mut, die eigenen Grenzen und die der Einrichtung zu kommunizieren: „Wir haben Angst, es nicht zu schaffen, ihrem Kind eine gleichwertigkeitsorientierte Haltung zu vermitteln, weil Sie uns nicht stark genug unterstützen und wir nur wenig Zeit mit ihrem Kind haben“ (Schäuble, 2015, S. 36). Generell gilt: Wenn ErzieherInnen oder LeiterInnen einer Kindertageseinrichtung ihre eigenen Reaktionen besser verstehen, dann können sie sich auch besser in Kinder und deren Eltern hineinversetzen und sie unterstützen (vgl. Institut für den Situationsansatz #4, 2016). Dies lässt sich natürlich auf andere Situationen mit anderen Personengruppen oder auf das Team übertragen.

Menschen vor Ungleichbehandlung bewahren
Im Folgenden werden nun einige Theorien und Methoden vorgestellt, mit denen ErzieherInnen Diskriminierungskritik in Bezug auf KollegInnen und Eltern angemessen einüben und (potenzielle) Diskriminierungen thematisieren können. Zunächst wollen wir aber noch einmal breiter in das Thema einsteigen.

Diskriminierungen können jederzeit und vor allem in vielfältigen, heterogenen Milieus wie einer Kindertagesstätte auftreten. Gesetzlich ist jedoch festgelegt, dass Menschen vor Ungleichbehandlungen bewahrt werden sollen. Beispielsweise steht in Artikel 2 der UN-Kinderrechtskonvention, dass kein Kind diskriminiert werden darf - und zwar „unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung, der Geburt oder des sonstigen Status des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormunds“ (Konvention über die Rechte des Kindes, S. 9f). Aufgrund dieser Tatsache sind KiTaleiterInnen oder auch GruppenerzieherInnen gezwungen zu handeln, wenn diskriminierendes Handeln auftritt.

DiversitätDiversität|||||siehe Diversitysbewusstsein entwickeln
Durch Wagner et al. ist eine KiTa-Pädagogik entwickelt worden, die ErzieherInnen darin unterstützen soll, mit einer vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung Vielfalt zu respektieren und Ausgrenzungen zu widerstehen (vgl. Wagner 2011). Die Schwierigkeit besteht demnach darin, bewusst und kompetent mit Unterschieden umzugehen und gleichzeitig gegen Ausschlüsse, Diskriminierungen und Abwertungen aktiv einzutreten und sich zu positionieren (vgl. Wagner 2011). Laut Wagner ist „Diversitätsbewusstsein“ für pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten eine Herausforderung. Denn Diskriminierungen wahr zu nehmen und angemessen darauf zu reagieren – also angemessen „Diskriminierungskritik“ zu üben – kann sich als heikel und kompliziert darstellen (vgl. Wagner 2011, S. 1). Sich gegen Ausgrenzungen zu positionieren erscheint als Hürde, da eine direkte Konfrontation weitere (negativ behaftete) Auseinandersetzungen zur Folge haben könnte. Für ein moralisches Handeln in der KiTa bedarf es einer klaren Positionierung. Um pädagogisch, politisch oder rechtlich wirksame Maßnahmen gegen Diskriminierungen zu entwickeln ist jedoch zusätzlich sowohl das Verständnis der gesellschaftlichen Strukturen und sozialen Praktiken notwendig, als auch ein Augenmerk auf besondere Bedingungen zu richten, die zu Diskriminierungen führen (vgl. Scherr, 2016).


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