Resilienz für Fach- und Führungskräfte

Lernen, die psychische Widerstandskraft zu stärken

Ob wir Krisen gut meistern, hängt von unserer psychischen Widerstandskraft ab, von unserer ResilienzResilienz|||||Resilienz kann als "seelische Widerstandsfähigkeit" verstanden werden mit der Fähigkeit Krisen zu meistern und diese als Anlass für Selbstentwicklungen zu nutzen. In der Resilienzförderung geht es speziell darum die Widerstandsfähigkeit von Kindern und Erwachsenen in belasteten und risikobehafteten Lebenssituationen durch schützende Faktoren zu entwicklen, zu ermutigen und zu stärken. Ein verwandter Begriff ist der der Salutogenese. . Manche Menschen verfügen von Anfang an über diese Fähigkeit. Glücklicherweise ist sie auch für alle anderen bis zu einem gewissen Grad erlernbar – mithilfe von Übungen, die helfen, alte Verhaltensmuster zu durchbrechen und neue zu etablieren. Eine Auswahl davon bietet der folgende Beitrag.

Belastungen im Arbeitsalltag

Die BeWAK Studie 2015 („Befragung zur Wertschätzung und Anerkennung von Kitaleitungen“) ergab, dass 76 Prozent der befragten pädagogischen Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen sich und ihre Leistungen gesellschaftlich nicht ausreichend gewürdigt sehen. 51 Prozent der befragten Kita-Mitarbeiter gaben an, den Belastungen des Arbeitsalltags nicht gewachsen zu sein, 53 Prozent spürten eine emotionale und geistige Erschöpfung, fast 90 Prozent sahen keine entsprechende Honorierung ihrer Leistungen durch die Leitungskräfte. Und nur jede 20. Leitungskraft sah die gestiegenen Anforderungen als entsprechend honoriert.


„Resilienz“ bezeichnet die innere Widerstandskraft, aus der die Fähigkeit resultiert, mit Belastungen und Krisen wirkungsvoll umzugehen und aus kritischen Lebensphasen das Beste zu machen – ähnlich wie Stehaufmännchen. Diese können sich dank ihres tief sitzenden Schwerpunktes aus jeder Lage aufrichten und „auf die Beine“ kommen. Auch resiliente Menschen haben eine innere Kraftquelle, die ihnen hilft: stärkende Einstellungen und stabilisierende Denkmuster, die helfende Kompetenzen ermöglichen. Mithilfe einiger von der Resilienzforschung entwickelten Modelle kann fast jeder von uns lernen, anspruchsvolle Herausforderungen und Belastungssituationen zu bewältigen.


Anforderungen an Fach- und Führungskräfte

Die Erwartungen und Aufgabenfelder der Fach- und Führungskräfte in der Kita sind enorm gestiegen: Sie tragen die Verantwortung, dass in ihrer Organisation eine fachlich hochwertige Arbeit entsprechend dem Bildungs- und Erziehungsauftrag geleistet wird, eine konstruktive Elternarbeit betrieben wird, Partizipations- und Beschwerdeverfahren etabliert und gelebt werden und der Schutzauftrag im Kinderschutz gesichert ist. Neue Herausforderungen sind z. B. die Integration und Förderung von Kindern mit Fluchterfahrung sowie der Fachkräftemangel.

Dies alles verlangt ein hohes Maß an Kompetenzen bei gleichzeitiger Begeisterung und Überzeugung für die Arbeit in der Kita. Mit Blick auf die Anforderungsbereiche und die bestehenden Veränderungsprozesse wird schnell deutlich: Sie müssen darauf achten, dass Sie Ihre Leistungskraft dauerhaft erhalten und gesund bleiben!

Höchste Zeit also, sich mit dem Thema Resilienz auseinanderzusetzen, denn es geht um Ihre Gesundheit!

Resilienz in einfachen Schritten

Im Rahmen der Resilienzforschung wurden einfache Schritte und Maßnahmen herausgearbeitet, die geeignet sind, um anspruchsvolle Herausforderungen und Belastungssituationen bewältigen zu können. Die erfreuliche Nachricht lautet also: Sie können lernen, sich und Ihre Situation kompetent zu verändern!

Bestandteile zum Aufbau von Resilienz

1. Erfassen der individuellen Stresssituation
2. Ressourcen- und lösungsorientierte Analyse
3. Entscheidung für Resilienz-Stärkung
4. Resilienz-Faktoren zur persönlichen Stärkung kennen
5. Wohlbefinden ausbauen und die eigene Resilienz stärken


1. Erfassen der individuellen Stresssituation


Erleben von Stress und dessen Auswirkung
Laut der „TK-Stressstudie 2016“ fühlen sich 63 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer gestresst. Der häufigste Stressfaktor ist für die meisten die Arbeit. Vor allem Frauen leiden außerdem an einem hohen Anspruch an sich selbst sowie an der Doppelbelastung Arbeit/Familie (bzw. Haushalt). Viele fühlen sich zusätzlich durch die ständige Erreichbarkeit (Handy, Facebook etc.) gestresst und unter Druck gesetzt (TK-Stressstudie 2016, S.12).

Unser Stressempfinden ist eine subjektive Reaktion auf Stressauslöser, sogenannte Stressoren. Sind wir besonderen Belastungen oder Bedrohungen ausgesetzt, versetzt sich unser Organismus in einen Stresszustand, um uns kurzfristig eine Phase besonderer Leistungsfähigkeit zu ermöglichen. Stress ist also ein hilfreicher „Extraantrieb“ für den Ausnahmefall. Problematisch wird es erst, wenn die Ausnahme zur Regel wird, der Stress also zum Dauerzustand. Dann nämlich verlieren diese positiven Effekte ihre Wirkung.

Der individuelle Stressgrad ist bedingt durch die Häufigkeit, Vielfalt, Dauer und Intensität von Stress in Kombination mit der eigenen Einschätzung und Bewertung der Situation. Wird eine Situation als positiv oder neutral bewertet, erfolgt keine Stressreaktion. Stufen wir eine Situation als Herausforderung ein, entsteht ein positiver Stress, der „Eustress“ (griechische Vorsilbe „eu-“ steht für „gut“ oder „wohl“). Er wird als anregender Stress erfahren, weil er uns dazu befähigt, uns einer Herausforderung zu stellen, indem er unsere Aufmerksamkeit erhöht und die Leistungsfähigkeit von Körper und Geist steigert. Nehmen wir eine Situation als unangenehm oder bedrohlich wahr, erfahren wir eine negative Stressreaktion, den sogenannten Disstress (lat. Vorsilbe „dis-“: „fort-, weg-, auseinander“).

Starke negative Stressoren sind z. B. Versagensängste, Gefühle von Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein oder Überforderung. Verstärkt werden sie von Leistungs- oder Zeitdruck. Sind wir Disstress über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, kann er schwere körperliche, geistige und seelische Folgen verursachen, weil dann nämlich die Bewältigungsmechanismen, die uns normalerweise zur Verarbeitung emotionaler Belastungen zur Verfügung stehen, überfordert sind.

Auf Anspannung muss Entspannung folgen, ansonsten wird Stress zur Dauerbelastung und zum Gesundheitsrisiko.

Stresserleben in drei Bereichen
  1. Im Bereich des Denkens: als Denkblockaden, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche und/oder Ängste.
  2. Im Bereich der Emotionen: Reizbarkeit, Aggressivität, emotionale Verunsicherung, Depressivität oder Dünnhäutigkeit.
  3. Auf der körperlichen Ebene: Schlafprobleme, Rückenschmerzen, Verspannungen, unkontrollierte Muskelzuckungen, übermäßiges Schwitzen, Hautjucken, hoher Blutdruck sowie Magen- und Verdauungsprobleme. (vgl. Heller 2015, S.30)
Die individuellen Reaktionen und Zustände, die aus der jeweils empfundenen Stressdosis resultieren, können wie folgt aussehen:

Im Bereich der mittleren Stressdosis:
  • fühlt man sich wohl,
  • machen Arbeit und Freizeit Spaß,
  • wird Stress als Herausforderung bewertet,
  • fühlt man sich voller Energie,
  • zeigt man gute Arbeitsergebnisse.

Anzeichen für Unterforderung:
  • häufiges Gefühl von Unwohlsein
  • Langeweile und geringe Motivation
  • schlechte Leistungen
  • Zunahme von Leichtsinnsfehlern

Anzeichen für Überforderung:
  • zunehmende Stressreaktionen
  • unsystematische Vorgehensweisen,
  • Resignation
  • schlechte Leistungen
  • häufige Fehler
  • Krankheitsanfälligkeit
  • Unfähigkeit „abzuschalten“
(vgl. TK-Broschüre „Stress“ 2015, S. 12 ff.)


Skala

Schätzen Sie Ihre individuelle Stresssituation mithilfe einer Skala ein: Wo verorten Sie Ihr Stressempfinden auf der folgenden Abbildung? Sind Sie im Bereich der mittleren Stressdosis in der Über- oder in der Unterforderung?

  • 1 = Ich fühle mich wohl, ausgeglichen und voller Energie
  • 10 = Ich bin unzufrieden, erlebe Anzeichen von Über- oder Unterforderung, Anhaltspunkte


Skizzieren Sie zusätzlich, wie lange Sie sich in diesem Stresspegel befinden und in welchen Bereichen (Denken, Emotionen, körperliche Ebene) sich das Stresserleben auswirkt.

2. Ressourcen- und lösungsorientierte Analyse

Nachdem Sie in einem ersten Schritt zugeordnet haben, wie hoch Ihr persönlicher Belastungs- und Stresspegel ist und welche Auswirkungen dies auf Ihr Erleben in den Bereichen Denken, Emotionen und körperliche Reaktionen hat, ist es an der Zeit, ressourcen- und lösungsorientiert vorzugehen.

Nehmen Sie sich Zeit, um aufzulisten, wann Sie sich im Bereich der mittleren Stressdosis befinden:
  • Unter welchen Bedingungen zeigen Sie gute Arbeitsergebnisse und bewerten Sie Stress als angenehme Herausforderung?
  • Unter welchen Voraussetzungen fühlen Sie sich wohl, erleben Sie Freude und Spaß bei der Arbeit und in der Freizeit?
  • Wann fühlen Sie sich voller Energie? Was gibt Ihnen Kraft?
  • Wie schaffen Sie es mehr davon zu haben?


Denken Sie auch darüber nach, welche Ansprüche Sie an sich selbst haben. Auch dauerhaft hohe Anforderungen an sich zu stellen, trägt zu einem konstant hohen Stresspegel bei. Nehmen Sie sich Zeit, um darüber nachzudenken, in welchen Situationen es ausreichen würde, Erwartungen – fremde und eigene – mit einem Einsatz von lediglich 80/90 Prozent anstelle der bislang erstrebten 100 Prozent zu erfüllen. Gibt es Aufgaben, die Sie delegieren könnten? In welchen Bereichen bzw. Situationen könnten Sie sich in mehr Gelassenheit üben?

Optimismus und Emotionsmanagement
Was ist entscheidend dafür, ob Menschen an Krisen scheitern, sie verkraften oder womöglich gestärkt aus ihnen hervorgehen?

In der Resilienzforschung wurden Faktoren gefunden, die als Grundhaltungen oder Schutzfaktoren wesentliche Bestandteile von Resilienz sind (vgl. Seligmann 2012). Sie beeinflussen sich wechselseitig. Resiliente Menschen weisen demnach eine Kombination von sich gegenseitig stärkenden Eigenschaften und Grundhaltungen auf.


Zusammen machen wir dich stark!


Das Zusammenspiel folgender Faktoren dient der Stärkung von Resilienz:

  • Optimismus
Die Grundhaltung, mit der wir in die Welt schauen und auf die Menschen zugehen, wirkt wie ein Wahrnehmungsfilter. Wir sehen, hören und verarbeiten bevorzugt die Anteile, die wir erwarten. Jeder konstruiert somit seine eigene Wirklichkeit. Die eigenen Wahrnehmungen und Erwartungshaltungen beeinflussen das weitere Verhalten und die Wahl der Bewältigungsstrategien. Während Pessimisten in schwierigen Situationen ihre Konzentration auf mögliche Schwierigkeiten und desolate Anteile der Situation richten, suchen Optimisten nach positiven Aspekten. Die kann eine mit der Situation verbundene Herausforderung sein. Optimisten setzen mit ihrer positiven Grundstimmung mentale Energien frei und gelangen so zu zahlreicheren, kreativeren Lösungen. Das Vertrauen auf einen positiven Ausgang ist eine grundlegende „Wegzehrung“, die dazu verhilft, durchzuhalten, Wege zu meistern und Ziele zu erreichen.

  • Akzeptanz
Resiliente Menschen wissen und akzeptieren, dass Enttäuschungen, Unglück und Widrigkeiten Bestandteile im Leben sind, die sich nicht vermeiden lassen. In dem Sinne bedeutet Akzeptanz, sich Schritt für Schritt der Wirklichkeit zu öffnen, bestehende Situationen und Zusammenhänge zu erfassen und anzunehmen.
Eine akzeptierende Grundhaltung verhilft dazu, unabänderliche Gegebenheiten konstruktiv zu verarbeiten und in das Leben zu integrieren. Auch die Annahme von Vergangenem gehört zur Akzeptanz.

  • Lösungsorientierung
Während problemorientierte Menschen viel Zeit darauf verwenden, Probleme und Schwierigkeiten in Einzelheiten zu beschreiben, fortwährend zu analysieren und darüber zu klagen, fokussieren resiliente Menschen ihre Aufmerksamkeit auf mögliche Lösungen. Mit der Akzeptanz der Lage und einer Gedankenausrichtung auf Lösungen, werden aus Problemen Aufgaben und Herausforderungen. Somit tritt eine kraftgebende Lösungsorientierung in den Vordergrund. Dies setzt Energien frei, eröffnet neue Perspektiven und aktiviert die Selbstwirksamkeit.

  • Selbstwirksamkeitserwartung
Menschen mit einem positiven Selbstwertgefühl glauben an ihre Selbstwirksamkeit. Sie sind davon überzeugt, dass sie ihr Leben meistern und Probleme lösen können. Sie haben ein klares Bild ihrer Lebenssituation. Ihr optimistisches Selbstbild bewirkt, dass Misserfolge und Schicksalsschläge nicht in erster Linie auf persönliche Unzulänglichkeiten oder eigenes Versagen zurückgeführt werden. Sie sehen sich grundsätzlich in der Lage, schwierige Situationen zu meistern. Wer fest davon überzeugt ist, Unwägbarkeiten und Unsicherheiten meistern zu können, erfährt eine Art Schubkraft, um erste Schritte zu gehen und optimistisch nach praktikablen Lösungen zu suchen.

  • Zukunftsorientierung
Die Zukunft ist die Zeit, die wir durch Vorbereitungen mitgestalten können, indem wir die Erfahrungen aus der Vergangenheit und die Gegebenheiten der Gegenwart nutzen. Was wir heute tun, werden wir in der Zukunft spüren. Natürlich können wir nicht wirklich wissen, was die Zukunft bringt. Und dennoch, auf vieles, was uns in der Zukunft erwartet, haben wir einen nicht zu unterschätzenden Einfluss! Denn abgesehen von Ereignissen, die nicht steuerbar sind, weil sie außerhalb unseres Einflussbereichs liegen, bekommen wir in der Regel das, was wir erwarten. Das liegt daran, dass wir uns tendenziell immer so verhalten, dass unsere Einschätzungen bestätigt werden. Gehen Sie beispielsweise unsicher und irritiert in ein Gespräch, weil Sie glauben unterlegen zu sein, wird dies eine Auswirkung auf Ihre Gefühle, Ihre Haltung und die Gesamtatmosphäre haben. Sie werden aller Voraussicht nach entsprechende Resultate erzielen.

Was ist Emotionsmanagement?

Ein resilienter Lebensstil durchzieht alle Lebensbereiche: Privatleben, Arbeit, Freizeit, Freundschaften etc. Ein Mangel in einem der Bereiche wirkt sich auf die anderen aus. Dabei steuern und prägen die Bedeutungen, die wir den Vorkommnissen beimessen und die bestehenden Sichtweisen, Vorannahmen und emotionale Haltung, unser Verhalten und unsere Befindlichkeiten. Sie haben also die Möglichkeit, mit einer geänderten Ausrichtung und Haltung Ihr „Emotionsmanagement“ zu betreiben. Somit können Sie bestehende Belastungen ausgleichen und Ihr Wohlbefinden ausbauen.

Finden Sie hier Beispiele und Anregungen für ein gelingendes Emotionsmanagement:

  • Optimismus ausbauen – Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
Ein gesunder Optimismus stärkt den Blick auf eigene Stärken und Verhaltensweisen. Eine positive Erwartungshaltung beeinflusst das eigene Verhalten und die individuellen Bewältigungsstrategien bei Belastungen und Krisen. Wer dazu tendiert, positive Ergebnisse zu erwarten, hat in der Regel eine größere Handlungs- und Durchhaltebereitschaft. Fragen Sie sich in Situationen, in denen Sie Hilflosigkeit spüren: „Was habe ich bereits alles geschafft/bewirkt?“, „Was hat in ähnlichen Situationen geholfen?“. Ihnen werden Strategien und Lösungsideen einfallen, was wiederum dazu verhilft, an Ihren Stärken und Ihrem Selbstwirksamkeitsempfinden anzuknüpfen.

  • Achtsamkeit üben
Lebst du schon oder funktionierst du nur? Diese Frage mag provokativ wirken. Achtsamkeit ist Selbstwahrnehmung und lädt Sie ein, den gegenwärtigen Moment aufmerksam zu spüren. Achtsames Wahrnehmen verhilft Ihnen dazu, Ihre Gedanken zu sortieren und mehr Gelassenheit zu leben. In Kombination mit Optimismus fällt es leichter, aus belastenden Situationen „auszusteigen“. Ein genaues, wohlwollendes Hinschauen, Hineinspüren und eine kraftvolle (Neu-)Ausrichtung ist der Beginn einer konstruktiven Lösungsfindung.

  • Kontrolle der Emotionen/Gefühlsregulation
Um sich von starken emotionalen Reaktionen nicht überwältigen zu lassen und handlungsfähig zu bleiben, können Sie folgende Schritte in Form von Achtsamkeitsübungen anwenden:
  1. Innehalten: Zeit gewinnen und möglichst aus der Situation gehen. Es kann helfen innerlich bis zehn zu zählen, ums Haus zu gehen oder an ein Symbol der Ruhe und Kraft zu denken.
  2. Beobachten: Was ist – sachlich betrachtet – geschehen?
  3. Nachdenken/Nachspüren: Was hat die Situation bei mir ausgelöst? Wie habe ich reagiert, wie die anderen? Entscheidung: Was wäre jetzt zielführend? Was kann und will ich umsetzen?
  4. Agieren: Umsetzung der Entscheidung.

Es ist hilfreich, diese Schritte zunächst rückwirkend, bezogen auf erlebte Situationen, anzuwenden und dann dazu überzugehen, diese in Realsituationen anzuwenden.

  • Gedanken konstruktiv ausrichten
Eingeschliffene Verhaltensweisen und einschränkende Denkmuster können verändert werden. Aus: „Immer muss mir das passieren“ wird z. B. „ Diese Herausforderung nehme ich an und schaffe es“.

Glaubenssätze prüfen: Der Glaube kann „Berge versetzen“ und, entsprechend unserer Ausrichtung, auch unsere Entwicklungsmöglichkeiten und unseren verantwortungsvollen Umgang mit uns selbst blockieren. Wir alle tragen so genannte „Glaubenssätze“ mit uns, die im Laufe des Lebens, oftmals in der Kindheit und Jugend, entstanden sind. Wenn Sie genau in sich hineinhorchen, finden Sie diese „inneren Überzeugungen“. Wirken diese einschränkend und belastend, können Sie sie umformulieren. Aus: „ Ich muss mich anstrengen!“, „Ich muss das schaffen!“ oder „Wer rastet, der rostet“, könnte werden: „Es darf leicht gehen!“, „Gemeinsam geht’s besser!“, „ Ich darf mir Unterstützung holen!“ oder „ Zur Leistung gehört auch die Regeneration!“.

Greifen Sie auf stärkende Glaubenssätze zurück und holen Sie sie in den Alltag. Etwa, indem Sie diese aufschreiben und für Sie sichtbar aushängen.

Negative Gedankenspiralen stoppen: Da ungute Gefühle die Problemorientierung stabilisieren, wird es so immer schwieriger sich aus der Problemsicht zu lösen. Somit wird verhindert, dass neue mentale und neuronale Muster geschaffen werden. Damit sich das Problem nicht in selbsterfüllender Prophezeiung als „objektiv real“ bestätigt, ist es wichtig, negative Gedankenspiralen zu stoppen und sich stattdessen auf den Moment zu fokussieren: „Wie sieht die Realität aus?“, Was habe ich bereits alles geschafft/bewirkt ...“ sind mögliche Fragen.
So erschaffen Sie mit positiven Gedanken kräftigende „Aufwärtsspiralen“.

  • Körperebene
Prüfen Sie regelmäßig Ihre Körperhaltung und Ihren Gang: Sind Sie aufgerichtet oder in sich zusammengesunken? Hängen die Schultern nach vorne oder stehen und sitzen Sie aufrecht?

Wer überwiegend mit defensiv-gebeugter Körperhaltung durch das Leben geht, macht sich kleiner und verliert innerlich an Kraft. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung und nutzen Sie eine aufrechte, selbstsichere Haltung, denn diese beeinflusst über die Muskelanspannung die Rezeptoren, welche das Gehirn über Spannungszustände im Körper informieren.

Uns ist selbstverständlich klar, dass sich Gefühlszustände, die wir erleben, in unserer Körpersprache und Haltung widerspiegeln. Sie können jedoch andersherum, mit einer gezielten Körperhaltung dem Gehirn vermitteln, wie Sie sich fühlen. Es mag nicht ganz leicht sein, versuchen Sie es dennoch, wenn Sie verstimmt sind: Schauen Sie sich wohlwollend und lächelnd im Spiegel an. Sie werden spüren, dass es ein angenehmes Gefühl auslöst. Wenn Sie durchatmen und denken: „Ich schaffe das!“, Ihre Schultern lockern und anheben und Sie eine selbstbewusste, aufrechte Körperhaltung einnehmen und sich bewegen, spüren Sie innere Stärke.

Amy Cuddy hat dies „Power Posing“ genannt: Sie bestätigte, dass sich der Hormonspiegel mit einer machtvollen, raumgreifenden und selbstbewussten Körperhaltung nach bereits zwei Minuten verändert. Das Stresshormon Cortisol sinkt und Testosteron steigt. Dies führt dazu, dass Ängste sich verringern und Mut, Stärke und Willenskraft ansteigen. Dieser Prozess bewirkt zudem eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Immunsystems (Cuddy 2016).

Regelmäßige Bewegung kurbelt die „Glückshormone“ Noradrenalin und Dopamin an. Mit Spaziergängen in der Natur können Sie sich beispielsweise zusätzliche Erholungsräume schaffen.

  • Netzwerken – Kollegialität und soziale Beziehungen
Die Frage: „Wen kann ich um Feedback/Unterstützung bitten in dieser Situation?“ eröffnet, dass Sie nicht alleine sind, sondern stattdessen vertraute Menschen zur Klärung, Reflexion und Strategieausrichtung nutzen können. Dies trifft sowohl auf private Situationen zu als auch auf berufliche Themen.

Im beruflichen Kontext hat sich die Nutzung von lösungs- und ressourcenorientierten Beratungsmethoden wie der Kollegialen (Fall-)Beratung bewährt. Herausfordernde Fragestellungen und Themen, die in Verbindung mit einem konkreten beruflichen Anlass stehen, werden gemeinsam reflektiert und lösungsorientiert bearbeitet. Die gegenseitige Beratung und Unterstützung bewirkt eine Entlastung, die Stärkung derSelbstwirksamkeit der Beteiligten, eine Erhöhung von Handlungskompetenz im Team und trägt zur ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   des beruflichen Handelns bei.

  • Coaching
In herausfordernden Zeiten kann es zielführend sein, mit einem erfahrenen Coach im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe Ihre individuelle Situation zu analysieren, Glaubenssätze zu identifizieren und umzuformulieren. Gemeinsam können Ziele und Visionen erarbeitet und formuliert werden, um eigene Lösungsstrategien zu entwickeln, Kompetenzen auszubauen und Ressourcen zu (re-) aktivieren. So können Sie für eine begrenzte Zeit eine kompetente Begleitung zur Orientierung, Stabilisierung und Neuausrichtung nutzen und behalten zugleich die Verantwortung.

  • Innere Stärke aufbauen
Tun Sie regelmäßig Dinge, die Ihnen und Ihrem Seelenleben guttun und fokussieren Sie sich immer wieder gedanklich auf positive Aspekte im Leben. Sie können hierzu ein Tagebuch führen, um die Wahrnehmung auf Freuden- und Glücksmomente zu richten. Sie können am Abend positive Ereignisse vom Tag notieren oder einmal in der Woche aufschreiben, wofür Sie dankbar sind im Leben.

Positive Anker: Gegenstände, die Sie als angenehm empfinden, weil Sie damit gute Gefühle, Gedanken und Erinnerungen verknüpfen, stellen sogenannte positive Anker dar. Sie können sie bewusst in Ihrem Büro, in anderen Arbeitsräumen und zuhause platzieren. Dies kann ein ästhetisch schön gestaltetes Bild sein, das an Pausen erinnert, an schöne Erlebnisse oder die eigene Stärke.

Schaffen Sie kraftvolle Frei-Räume für sich. Sie sind es wert!

Literatur

  • Cuddy, Amy: Dein Körper spricht für Dich. Wilhelm Goldmann, Verlagsgruppe Random House 2016
  • Funk, Ulrike: Achtsamkeit. Das besondere Impulsbuch für einen sensiblen und bewussten Umgang mit sich selbst. Cornelsen 2017
  • Gruhl, Monika: Die Strategie der Stehauf-Menschen. Krisen meistern mit Resilienz. Kreuz 2011
  • Heller, Jutta: Resilienz. Innere Stärke für Führungskräfte. Orell Füssli 2015
  • Seligman, Martin: Flourish – Wie Menschen aufblühen. Die positive Psychologie des gelingenden Lebens. Kösel 2012
  • Spreiter, Michael: Burnoutprävention für Führungskräfte. Haufe, 2014
  • TK-Stressstudie: Entspann dich, Deutschland. 2016. Unter: www.tk.de/centaurus/ servlet/contentblob/921466/Datei/3654/TKStressstudie_2016_PDF_barrierefrei.pdf
  • TK-Broschüre: Stress. Wie Sie Stressoren erkennen und Belastungen besser bewältigen können. 2015.Unter: www.tk.de/centaurus/servlet/contentblob/48660/Datei/474/TK-Broschuere-Der-Stress.pdf


Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus klein&groß 12-2017 (Teil1) und 1-2018 (Teil 2)


Bibliographischer Nachweis:
Hartung, M. (2017): Resilienz für Fach- und Führungskräfte. Lernen, die innere Widerstandskraft zu stärken. Teil 1. Erstveröffentlichung in: klein & groß. Das Kita-Magazin. S.54-57. Ausgabe 12.2017. Cornelsen Verlag GmbH.

Hartung, M. (2018): Optimismus und Emotionsmanagement. Lernen, die innere Widerstandskraft zu stärken. Teil 2. Erstveröffentlichung in: klein & groß. Das Kita-Magazin. S.54-57. Ausgabe 01.2018. Cornelsen Verlag GmbH.


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