Gemeinsam Brücken bauen

Kooperation zwischen Kita und Grundschule

Die Großen in der Kita freuen sich darauf, noch größer zu werden: Schulkinder mit allem, was dazu gehört. Diese natürliche Neugierde, die Bereitschaft, Neues kennenzulernen, die Entdeckerlust der Kinder können Sie nutzen, um Ihre Großen gut auf den Wechsel in die Grundschule vorzubereiten. Wie? Dazu finden Sie in diesem Beitrag kreative Impulse und die Vorstellung eines Kooperationsprojektes zwischen Kita und Grundschule.

Übergangsgestaltung bedeutet zunächst, dass Fach- und Lehrkräfte aus Kita und Grundschule zielführend zusammenarbeiten. Ausgangsbasis für eine kreative Zusammenarbeit zwischen Fach- und Lehrkräften sind gegenseitiges Kennenlernen und Vertrauen. Für einen regelmäßigen fachlichen Austausch und die Planung der Zusammenarbeit lohnt es sich, eine Prozessbegleiterin als Moderatorin, Beraterin und Unterstützerin einzuladen. Ein Kooperationskalender kann praktisches Herzstück einer guten Zusammenarbeit sein. In dem Kalender werden Termine für gegenseitige Hospitationen der Fach- und Lehrkräfte, Leitungstreffen, Kooperationsaktionen für die Kinder, Informationsveranstaltungen für die Familien und gemeinsame Feste und Ausflüge festgehalten.

Wenn die Grundschule eine Ganztagsschule ist, gestalten auch die Fachkräfte des Nachmittagsbereichs den Übergang der Kinder von der Kita in die Schule entscheidend mit.


Mustervereinbarung

Eine Vorlage für eine schriftliche Kooperationsvereinbarung zwischen Kita und Grundschule für den Bereich Sprachbildung finden Sie z. B. unter: http://tinyurl.com/mustervereinbarung




Kooperationsaktion „Erzähl mir was!“

Bei der Kooperationsaktion „Erzähl mir was!“ geht es darum, die Lust der Kinder am Erzählen zu nutzen, um sich gegenseitig kennenzulernen und viele Bildungsprozesse in Gang zu bringen. Die Kindergartenkinder besuchen die Schulkinder in der Schule und die Kinder erzählen sich gegenseitig, was sie in den vergangenen Wochen erlebt, entdeckt, erschaffen und gespielt haben.
Planung

Für die gemeinsamen Erzähltage von Kita- und Schulkindern vereinbaren die Fach- und Lehrkräfte einen regelmäßigen Turnus, z. B. jeden ersten Montag im Monat, in der 2. bis 4. Schulstunde. An den Erzähltagen nehmen die Großen der Kita teil, also die Kinder, die im darauffolgenden Schuljahr eingeschult werden. Von den Schulkindern nehmen die Drittklässler an der Aktion teil, da sie im darauffolgenden Schuljahr die Paten für die Erstklässler sein werden.

Ankommen
Wenn die Kindergartenkinder mit ihren Erzieherinnen in der Schule ankommen, werden sie von den Schulkindern mit ihrer Lehrerin begrüßt. Während sie kurz auf dem Schulhof spielen, treffen die Erwachsenen letzte Absprachen. Im Klassenraum der Drittklässler ist ein Stuhlhalbkreis aufgebaut. Die Kitakinder beginnen mit ihrer Präsentation. Anhand von mitgebrachten Fotoplakaten erzählen sie, was sie in der Kita in der letzten Zeit gespielt und entdeckt haben. Nach der Präsentation dürfen die Schulkinder mitteilen, was ihnen daran besonders gefallen hat, und gezielte Nachfragen stellen. Dabei melden sich die Schulkinder per Handzeichen und die Kitakinder lassen sie der Reihe nach zu Wort kommen.

Präsentieren
Die Kitakinder können dazu auch Anschauungsmaterial mitbringen. Das kann ein selbstgebautes Spiel sein wie z. B. ein Farbkreisel oder ein faszinierendes Material wie z. B. Farbverläufe auf Filterpapier. Im Anschluss an die Präsentation der Kitakinder können Spiele und Material gemeinsam gespielt und ausprobiert werden. Vielleicht bringen die Kitakinder auch einen beeindruckenden Gegenstand mit wie z. B. eine große Muschel oder einen Seestern, um den sich dann eine angeregte und von den Fach- und Lehrkräften moderierte Unterhaltung entspinnt. Danach sind die Schulkinder an der Reihe, um von ihren Aktivitäten in der Schule zu berichten. Sie präsentieren z. B. Referate oder erzählen von ihrer Projektwoche. Danach dürfen sich auch die Kitakinder melden, um Nachfragen zu stellen.

Kompetenzen unterstützen
Mit der Kooperationsaktion „Erzähl mir was!“ werden viele verschiedene Kompetenzen der Kinder angesprochen: Bei der Vorbereitung des Erzähltages in der Kita reflektieren die Kinder gemeinsam ihr Erlebtes:
  • Was möchtet ihr den Schulkindern erzählen?
  • Was möchtet ihr euren zukünftigen Paten zeigen?
  • Sollen wir etwas mitbringen? „Mein erster Schulbesuch!“

Sie besprechen Materialerfahrungen und Gefühle, zeitliche Abfolgen und Spielregeln. Die Fachkräfte unterstützen die Kinder dabei, selbst Fotos zu machen, Fotoplakate zu erstellen oder kleine Zeichnungen anzufertigen. Die Kinder können kleine Gastgeschenke oder Einladungen zum nächsten Kita-Fest vorbereiten. Gemeinsam mit der Erzieherin überlegen sie, was es in der Schule alles zu entdecken gibt und wie man sich als höflicher Gast verhält.

Dies alles unterstützt eine ganzheitliche Entwicklung kognitiver, sprachlicher, sozial-emotionaler und feinmotorischer Kompetenzen. Davon zu erzählen, was einen begeistert, stärkt darüber hinaus auch die Gesamtpersönlichkeit durch Selbstwirksamkeitserleben und Selbstwertgefühl. Eine lebendige Kultur des Erzählens entsteht!

Kennenlernen
Ganz nebenbei lernen die Kitakinder den Schulhof, das Schulgebäude, eine Lehrerin und die Gesprächsregeln kennen und können sich so später leicht zurechtfinden. Etwas ganz Besonderes ist es für die Kinder, ihren Paten vorgestellt zu werden und sich über das gemeinsame Tun und Erzählen näherzukommen. Bei ihrer Einschulung werden Ihre Großen sehr stolz darauf sein, dass sie sich schon so gut auskennen; und das Wiedererkennen wird ihnen Freude und Selbstvertrauen schenken.

Gegenseitiger Gewinn
Auch für den Grundschulbereich bietet die Kooperationsaktion viele Möglichkeiten der fächerübergreifenden Integration in die Lehrpläne. Je nach Schwerpunkt der Aktion kann die Lehrkraft verschiedene Kompetenzerwartungen fokussieren. Bei der hier vorgestellten Kooperationsaktion können die Kinder je nach individuellem Entwicklungsstand viele Kenntnisse und Fertigkeiten in den Bereichen Gesprächs- und Präsentationskompetenzen des Fachs Deutsch erwerben und weiterentwickeln.

Ressourcenorientierte Beobachtung
Nicht nur die Kinder lernen bei solch einer Aktion viel, sondern auch die Erwachsenen! Eine zentrale Frage für einen gelingenden Übergang ist nämlich: Was muss eine Lehrerin von einem Kind erfahren, damit sie es bei Schuleintritt bestmöglich darin unterstützen kann, mit Freude und Engagement weiterzulernen? Drei Dinge sind dabei besonders wichtig: die persönlichen Stärken, die Interessen und die individuellen Lernmethoden des Kindes. Wenn die zukünftige Lehrerin an der Kooperation teilnehmen kann, hat sie Gelegenheit, diese drei Aspekte und den Entwicklungsstand der Kinder in den verschiedenen Entwicklungsbereichen zu beobachten.

Spannende Schwerpunkte
Die Idee des Besuchens und Erzählens ist eine Grundidee, die nicht vieler Vorbereitung bedarf. Diese Grundidee kann beliebig um pädagogische wie kreative Aspekte erweitert werden. Der inhaltliche Schwerpunkt bei der hier vorgestellten Kooperationsaktion liegt mit dem Thema „Erzählen und Präsentieren“ auf der Sprachbildung und dem Fach Deutsch. Es können jedoch viele andere Aspekte in den Fokus gerückt werden, die andere Bildungsbereiche bzw. fachspezifische Kompetenzen der Kinder herausfordern.

Fach- und Lehrkräfte können gemeinsam überlegen,
  • was ihre Kinder zurzeit gerne machen;
  • was Kindergarten- und Schulkinder begeistert;
  • was ihre Aufmerksamkeit über längere Zeit fesselt;
  • wie daraus eine einmalige Aktion oder eine regelmäßige Kooperationsaktion gestaltet werden kann.

Natürlich sollten auch die Kinder selbst befragt werden: Was würdet ihr gerne mit euren Paten zusammen machen? Ohne viel Aufwand gilt es zu überlegen, zu welchen bereits bestehenden Projekten und Aktionen die Kita- bzw. die Schulkinder pädagogisch gewinnbringend eingeladen werden können. Wie können die Fachkräfte des Nachmittagsbereichs einer Ganztagsgrundschule an der Übergangsgestaltung mitwirken?

Weitere kreative Kooperationsideen

Künstlerische Projekte
Auch über künstlerische Projekte können Kooperationen erfolgen, sprechen sie doch verschiedene Bildungsbereiche an: Zirkus, Theater, Musical, Chor oder Kunstausstellung. Wenn eine Grundschule in der Nähe Ihrer Kita über eine Lernwerkstatt verfügt, ist dies ein idealer Ort, um Ihren Großen einen fließenden Übergang vom spielerischen Entdecken zum selbstgesteuerten, strukturierten Lernen in der Schule zu bereiten. Aber auch ohne Lernwerkstatt können gemeinsames Forschen und Experimentieren im vorbereiteten Klassenraum angeboten werden. Die Kitakinder können ihre Erlebnisse in kleine Forscherbücher malen, die sie in der Schule weiterführen.

Schule spielen
Vielleicht haben Sie räumlich die Möglichkeit, dauerhaft oder zeitweise einen Bereich der Kita mit verschiedenen Requisiten so zu gestalten, dass die Kinder dort Schule spielen können. So können die Kinder bereits in der Kita Gegenstände, Materialien, Begriffe, Abläufe und Regeln der Schule kennenlernen und sich damit im Spiel auseinandersetzen. Ideen für die Gestaltung dieses speziellen Rollenspielbereichs in der Kita, der den Übergang stark unterstützen kann, sind: Stühle, ein Pult, Tafel, Kreide, Schwamm, liniertes und kariertes Papier, Hefte, Bleistifte, Radiergummis, Spitzer, Locher, Schnellhefter, Ordner, Ablagefächer, beschriftete Regale, Sanduhr, Sachbücher mit vielen Bildern, Uhr mit beweglichen Zeigern, Lupe, Lineal, Messband, Waage, Spielgeld, Globus etc. Sicher haben Sie und Ihre Kinder viele weitere Ideen für Requisiten, die von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden können.

In diesem Rollenspielbereich finden auch Literacy-Anregungen Platz. Stellen Sie dazu Buchstaben, Zahlen und andere Symbole in den verschiedensten Formen, Materialien und Zusammenhängen zur Verfügung: aus Holz, aus Samt, im Fühlkasten, als Würfel, als Sandförmchen, verschiedenen Schrifttypen, Zeitungspapier etc. Stellen Sie den Kindern außerdem vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, Zeichen und Symbole selbst zu gestalten: Sand, Knete, Pappe, Wolle, Stempel, Setzkasten, verschiedenste Stifte und Farben, Steckspiele, Schreibmaschine, Taschenrechner, Tinte und Vogelfedern etc.

Die Kinder können den Rollenspielbereich natürlich im Freispiel eigenständig nutzen. Die Fachkräfte können die Kinder dabei beobachten und sich von Zeit zu Zeit sinnvoll in das Spiel der Kinder integrieren, um Impulse zu geben, eventuell auftauchende Ängste wahrzunehmen und aufzufangen oder mit den Kindern über verschiedene Aspekte des Schulkind-Werdens ins Gespräch zu kommen. Sie können sich bei einer Lehrerin informieren, welche Regeln es in der Schule gibt und durch welche Symbole, Gesten oder Rituale diese den Kindern verdeutlicht werden: Piktogramme für „einander zuhören“ oder „sich melden“, eine Klangschale für „gemeinsam leise werden“, Aufräummusik oder einen Raus-Geh-Reim. Diese Regeln können im Rollenspielbereich visualisiert und von den Kindern spielerisch erfahren werden.

Sprechende Bilder
Fach- und Lehrkräfte können gemeinsam ein Fotobuch erstellen, welches Schüler, Lehrer, Räume, Gegenstände, Aktivitäten, Regeln und/oder den Tagesablauf in der Schule zeigt. So können die Kinder in die Welt der Schule bereits in der Kita eintauchen und diese mit ihren Erzieherinnen besprechen. Die Fachkräfte können gemeinsam mit den Kindern ihre zukünftige Lehrerin in die Kita einladen. Der Besuch der Lehrerin in der Kita ist überaus lohnenswert, da die Lehrerin die Kinder in ihrer vertrauten Umgebung der Kita noch vor der Einschulung sehr gut kennenlernen kann.

Die Geschichten, die sie hier von den Kindern erzählt bekommt, die Spiele, zu denen sie von den Kindern eingeladen wird, die Räume, Kunstwerke und Projekte, die sie von den Kindern gezeigt bekommt, bieten ihr später vielfältige Anknüpfungspunkte. Wenn die Lehrerin den Kindern dann von der Schule erzählt, kann die natürliche Vorfreude der Kinder auf die Schule genutzt und ein gelingender Übergang gestaltet werden.


Übernahme des Beitrages mit freundlicher Genehmigung aus "klein & groß" 04-17





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