Kindergartenreform


In der Geschichte des Kindergartens gibt es in bildungstheoretischer und -praktischer Hinsicht Traditionslinien und -brüche, die mit Reformen verbunden sind. So führten Einflüsse der Entwicklungspsychologie und der Reformpädagogik zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Versuchen einer Kindergartenreform, die sich zwar nicht durchsetzen konnte, aber Ende der 1960er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland z.T. wieder aufgegriffen wurde. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Veränderungen, neuer Forschungsergebnisse und ausgelöst durch den Sputnikschock wurden die theoretischen und konzeptionellen Grundlagen sowie die Praxis der Kindergartenerziehung als eine Schonraumpädagogik kritisch hinterfragt und bildungspolitisch diskutiert.

Der Strukturplan des Deutschen BildungsratBildungsrat|||||Der Deutsche Bildungsrat wurde ab 1966 als eine Kommission für Bildungsplanung eingesetzt. Er wurde von Bund und Ländern gegründet. Aufgaben waren unter anderem: Strukturvorschläge zu machen, Bedarfs- und Entwicklungspläne für das deutsche Bildungswesen zu entwerfen, den Finanzrahmen zu berechnen und Empfehlungen für langfristige Planungen auszusprechen.es für das Bildungswesen (1970) empfahl die Integration des Kindergartens in das Bildungswesen mit einem eigenständigen Bildungsauftrag. Die dann folgende Kindergartenreform bezog sich auf die Organisation, alternative Modelle sowie neue Inhalte und führte zu einem quantitativen Ausbau, zu ersten Kindergartengesetzen und einer Reform der Erzieherinnenausbildung. Modellversuche zu Fragen der Integration des Elementar- in den Primarbereich, zur Vorverlegung des Schuleintrittsalters, zur Erleichterung des Übergangs zur Grundschule und zur Erreichung von Chancengleichheit der Kinder beim Schuleintritt wurden, ohne dass die Probleme gelöst wurden, nach 1976 nicht weitergeführt.


Unterschiedlich theoretisch begründete Formen alternativer, antiautoritärer Pädagogik und die Kin-derladenbewegung führten zu heftigen Kontroversen und in den traditionellen Kindergärten zu einem Prozess des Umdenkens hinsichtlich der Selbstbestimmung des Kindes, der Sexualerziehung und der Öffnung nach außen sowie zur Gründung von Eltern-Kindgruppen.

In der ersten Phase der Kindergartenreform wurden Vorschulcurricula zur kompensatorischen Erziehung, funktionsorientierte Programme zum frühen Sprachtraining und Lesenlernen entwickelt. In einer zweiten Phase (1974-1980) stand ein vom Deutschen Bildungsrat empfohlenes, wissenschaftlich begleitetes Erprobungsprogramm mit soziologisch und sozialpädagogisch begründeten Situationsansätzen im Mittelpunkt der curricularen Erneuerung und Diskussion.


Literatur

  • Reyer, J. (2006): Einführung in die Geschichte des Kinder-gartens und der Grundschule. Bad Heilbrunn.
  • Roth, H. (Hg.) (1968): Begabung und Lernen. Stuttgart.
  • Zimmer. J. (Hg.) (1973): Curriculumentwicklung im Vorschulbereich. 2 Bde. München.


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Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)