Integrative Erziehung

Unter integrativer Erziehung im Kindergarten im engeren Sinne versteht man die gemeinsame Erziehung Behinderter oder von Behinderung oder Entwicklungsbeeinträchtigung bedrohter Kinder mit anderen Kindern. Im weiten Sinn wird auch die inklusive Erziehung von Kindern mit Migrationshintergrund dazu gezählt. In beiden Fällen ist das Ziel, den Kindern Werte des Miteinanderlebens zu vermitteln. Sie sollen zur gegenseitigen Achtung und Wertschätzung erzogen werden und den Reichtum des Anders seins erkennen. Prinzipien sind Nicht- Aussonderung, Nicht-Etikettierung, Wohnortnähe, Gemeinsamkeit von Anfang an, Kontinuität in den Übergängen und Offenheit gegenüber der Verschiedenheit des Anderen.
Entstanden ist integrative Erziehung im Kindergarten im engeren Sinne zunächst aus dem Bestreben heraus insbesondere geistig behinderte Kinder nicht zu isolieren, sondern ihre Entwicklungspotenziale durch den Umgang mit nichtbehinderten Kindern auszuschöpfen. Gleichzeitig sollten die nichtbehinderten Kinder einen natürlichen Umgang mit Behinderung lernen. Weiteres Ziel ist eine optimale Förderung der Kinder mit und ohne Behinderungen Intelligenz in einem gemeinsamen sozialen Umfeld. Grundlegend ist der Gedanke des gemeinsamen Lernens. Die Kinder sollen so auf das Miteinanderleben in der Gesellschaft vorbereitet werden. Gleichzeitig werden Potenziale des voneinander Lernens ausgeschöpft. Es wird davon ausgegangen, dass gegenseitige Lerneffekte wirksam werden. Die individuelle Förderung der Stärken der Kinder soll durch innere Differenzierung und Zusammenarbeit von Erzieherinnen und Heilpädagogen erreicht werden. Dabei gibt es Formen der integrativen Erziehung im Kindergarten, in denen Angehörige beider Professionen gemeinsam in den Kindergruppen arbeiten, und solche, bei denen ambulant tätige Heilpädagogen spezielle Förderung anbieten. Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass beim inklusiven Modell bessere Ergebnisse erzielt werden, da die Förderung ganztägig in den Alltag integriert werden kann und Synergieeffekte zwischen Erzieherinnen und Heilpädagogen entstehen.
Es besteht die Forderung einer ausreichenden therapeutischen und heilpädagogischen Versorgung, möglichst in integrierter Weise oder durch Angebote, die seitens anderer Dienste in den Einrichtungen durchgeführt werden. Eine intensive Vernetzung zwischen Tageseinrichtungen und Frühförderstellen, niedergelassenen Ärzten, psychosozialen Diensten und Beratungsstellen ist für die Sicherung der Qualität der integrativen Erziehung im Kindergarten unabdingbar.
Als Qualitätskriterien werden die Strukturierung des pädagogischen Prozesses, die Sicherung der Ergebnisse und die Qualifizierung der an der Integration Beteiligten gesehen. Als problematisch kristallisieren sich die Diagnose und die daraus abzuleitenden pädagogischen Maßnahmen heraus. Nicht in allen Fällen sind geeignete Instrumentarien zum frühzeitigen Erkennen von Förderbedarf gegeben. In engem Zusammenhang damit steht die Qualifikation der Erzieherinnen, die auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder und die Anforderungen an das professionelle Handeln (im Team) ausgerichtet sein muss. Forschungsergebnisse weisen auf die Notwendigkeit der unterstützenden Begleitung durch Supervision hin.

 

 

Literatur

  • Miedaner, L. (1991): Gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder. Weinheim, München
  • Sylva, K. u.a. (2004): The Final Report: Effective Pre-School Education. London.
  • Wagner, P./Hahn, St./Enßlin, U. (Hg.) (2006): Macker, Zicke, Trampeltier ... Berlin.

 

 

Copyright-Hinweis:
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)

 

 



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