Reich, Wilhelm (1897-1957)

Der Arzt und Psychoanalytiker Reich, der sich zunächst im Zirkel Sigmund Freuds mit der klassischen Psychoanalyse auseinandersetzte, wurde bereits 1920 während seines Medizinstudiums in die Wiener Psychoanalytische Vereinigung aufgenommen, emanzipierte aber sich zusehends vom freudschen common sense. Im Kontext seiner Orgasmustheorie (1927) arbeitete er die orgastische Potenz als zentrales Kriterium für psychische Gesundheit heraus und rückte die reziproke Beziehung von psychischem und physischem Erscheinungsbild (Charakteranalyse, 1933) in den Fokus seines Interesses. Da Reich der Ansicht war, dass die neurotischen Störungen der Menschheit nicht allein mithilfe der Psychotherapie behoben werden können, fokussierte er sein Interesse ganz besonders auf die Kinder. Er machte sich für einen prophylaktischen Ansatz stark, der das natürliche Sexualverhalten von Jugendlichen und Kindern in den Blick nahm. In diesem Kontext wurde er in Deutschland Ende der 1960er Jahre besonders im Kontext der Kinderladenbewegung rezipiert. Diese zog aus den Arbeiten Reichs die pädagogische Schlussfolgerung, dass nur eine repressionsfreie Erziehung Autonomie im Handeln der Subjekte sichere.

 

 

Literatur

  • Kastenbutt, B. (1993): Zur Dialektik des Seelischen. Münster.

 

 

 

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Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. © 2011 Verlag Julius Klinkhardt. Quelle: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE), hg. v. Klaus-Peter Horn, Heidemarie Kemnitz, Winfried Marotzki und Uwe Sandfuchs. Stuttgart, Klinkhardt/UTB 2011, ISBN 978-3-8252-8468-8. Nutzung mit freundlicher Genehmigung des Verlags. Das komplette Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft erhalten Sie im UTB-Online-Shop (Link s.u.)



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