Die Herausforderungen und Stolpersteine auf dem Weg von der KiTa zum Familienzentrum standen im Fokus einer in Kooperation des nifbe mit dem Kultusministerium und der Fachhochschule Hannover veranstalteten Fachtagung im Hannoveraner „expowal“.

 

Jan ter HorstJan ter Horst, Abteilungsleiter im niedersächsischen Kultusministerium, freute sich über die große Nachfrage zu dieser frühzeitig ausgebuchten Tagung und begrüßte insbesondere auch zahlreiche VertreterInnen aus der Landespolitik. Er hob die frühkindliche Bildung als Schwerpunktthema der Landesregierung heraus: „Wir müssen schon die kleinsten Lerner aktiv begleiten und ihnen Chancengerechtigkeit bieten“, sagte er. Dabei sei die Elternarbeit von zentraler Bedeutung und hier gäben die Familienzentren mit ihrer breit angesetzten Einbindung von Familien und der sozialräumlichen Vernetzung „zukunftsweisende Impulse“.

 

Prof. Dr. Renate Zimmer„Ohne Eltern geht es nicht in der frühkindlichen Bildung“ unterstrich auch nifbe-Direktorin  Prof. Dr.  Renate Zimmer in ihrer Begrüßung . Familienzentren seien für sie „ideale Orte der Begegnung und des gemeinsamen Lebens und Lernens“. Sie wies auf zahlreiche Aktivitäten des nifbe zu diesem Themenbereich hin – neben der mittlerweile zweiten Tagung habe das nifbe so eine landesweite interdisziplinärinterdisziplinär|||||Unter Interdisziplinarität versteht man das Zusammenwirken von verschiedenen Fachdisziplinen. Dies kann auch als „fächerübergreifende Arbeitsweise“ verstanden werden, z.B wenn Psychologen, KinderärztInnen, ErzieherInnen und Lehrende zusammen an einer Fragestellung arbeiten.e Expertenrunde zu diesem Thema etabliert, in der Gelingensbedingungen entwickelt, Handreichungen für die Praxis, Fachberatung und Politk definiert und Fortbildungsbedarfe eruiert werden.  Im Regionalnetzwerk NordOst formiere sich darüber hinaus ein regionales Netzwerk zu diesem Thema. „Vieles ist hier in Bewegung und wir wollen ErzieherInnen, KiTa-Leitungen, FachberaterInnen und Träger auf ihrem Weg zum Familienzentrum unterstützen“, resümierte die nifbe-Direktorin.

 

Penn Green Centre als begeisterndes Beispiel

 

Einen mitreißenden Einblick in die Potentiale eines Familienzentrums bot Dr. Margy Whalley, die 1983 das nach dem Early Excellence arbeitende Pen Green Centre in Corby aufbaute und bis heute leitet. Exemplarisch vereint dieses Familienzentrum den klassischen Krippen- und KiTa-Bereich mit integrierter umfassender Zusammenarbeit mit Familien, Schule sowie Erwachsenen- und Familienbildung und -beratung rund um das Thema Familie, Frühförderung und Gesundheit.  Zum rund 70köpfigen Team gehören so neben ErzieherInnen auch Hebammen, SozialarbeiterInnen, Tagesmütter und Frühförderkräfte. „Auf einem stabilen pädagogischen Fundament lernen die Professionen bei uns voneinander und miteinander und werden durch Coaching und Supervision unterstützt“ berichtete Dr. Magy Whalley. Angeschlossen an Pen Green sei auch ein Hand in Hand mit den PraktikerInnen arbeitendes Forschungszentrum sowie ein Weiterbildungs- und Ausbildungszentrum für Eltern.

 

Grundsätzliches Ziel in Pen Green sei es, Kinder – und gerade auch solchen aus sozial benachteiligten Familien - stark zu machen und ihre Resilienz zu fördern. „Wir haben ein positives Bild vom Kind und eine differenzierende Pädagogik, die das Kind darin unterstützt, alles zu sein, was es sein kann“ sagte Margy Whalley. Zentral sei dabei auch die niedrig schwellige Zugänge bietende Arbeit mit den Eltern. Diese müsse grundsätzlich auf gleicher Augenhöhe und mit einer anerkennenden und wertschätzenden Haltung stattfinden, so Margy Whalley: „Wir müssen akzeptieren, dass Eltern immer das Beste für ihr Kind wollen.“ Gemeinsam mit den Eltern konnten in Pen Green so auch differenzierte Beobachtungs- und Dokumentations-Schleifen zwischen KiTa und Elternhaus aufgebaut werden, der sogenannte „Pen-Green-Loop“, von denen beide Seiten profitieren. Mit einer Vielzahl von Beispielen belegte Margy Whalley, wie Eltern in Pen Green aktiviert und beteiligt werden, sich ehrenamtlich engagieren oder sogar eine berufliche Perspektive finden können.

 

Respekt und Wertschätzung als Grundlage der Elternarbeit

 

Die Arbeit mit den Eltern spielte auch eine zentrale Rolle in einer folgenden Workshoprunde. So hob Prof. Dr. Angelika Hentschel von der Leuphana-Universität in Lüneburg die Familie als „zentrale Sozialisationsinstanz“ heraus, die aber durch den schnellen gesellschaftlichen Wandel starke Verunsicherung und Belastung erfahre. Hier böten Erziehungs- und Bildungspartnerschaften mit den ErzieherInnen und die sozialräumliche Vernetzung der Familienzentren wertvolle Unterstützung. Grundsätzlich hätten Eltern, so Hentschel, “immer Interesse daran, ihre Kinder zu unterstützen.“ In Übereinstimmung auch mit den Ausführungen Margy Whalleys herrschte in den Diskussionsrunden große Einigkeit darüber, dass die Voraussetzung  für erfolgreiche Elternarbeit eine Haltung der Wertschätzung und des Respekts gegenüber den Eltern sei. Dazu gehöre auch ein „wertfreies Zuhören“.  Unterstützt werden müssen diese Ausgangs-Haltung u.a. durch professionelles Handwerkszeug der Gesprächsführung und der Konfliktlösung.

 

Brandneue Forschungsergebnisse zu den „Wirkfaktoren von Familienzentren“ konnten auf der Tagung auch Prof. Dr. Dörte Detert und Prof. Dr. Norbert Rückert von der Fachhochschule Hannover präsentieren. In einem nifbe-Forschungsprojekt haben sie trägerübergreifend die 21 Familienzentren untersucht, die sich in Hannover mit einer zusätzlichen Förderung von jährlich 40.000 Euro durch die Stadt auf dem Weg zu einem Familienzentrum gemacht haben.

 

Der Weg lohnt sich

 

Als Ergebnis der in diesen Familienzentren eingeführten individuellen und ressourcenorientierten Beobachtung nach einem „Hannoveraner Bogen“ verzeichneten viele ErzieherInnen, neue Seiten am Kind entdeckt und Ansatzpunkte für die Förderung bekommen zu haben sowie eine bessere Erreichbarkeit der Eltern. In der Wertschätzung von Angeboten der Familienzentren lag die „Erziehungsberatung“ bei den befragten ErzieherInnen an erster Stelle, gefolgt vom „Elterncafé“ und „Musischen Angeboten“. In der Rangliste der Wertschätzung der Kooperationen lagen die Schulen an erster Stelle, gefolgt von Sprach- und Ergotherapie sowie dem Kommunalen Sozialdienst. Fortbildungsbedarfe der ErzieherInnen wurden mit der Studie insbesondere in den Bereichen Elternarbeit, Organisationsentwicklung und Beobachtung festgestellt.

 

Grundsätzlich konnten die ForscherInnen bei den Hannoveraner Familienzentren einen „hohen Vernetzungsgrad“ feststellen und zugleich „keine besonders hohe Zusatzbelastung“ der ErzieherInnen. So sei die Zufriedenheit mit dem Umwandlungsprozesse auch „relativ groß“. Als wichtige Gelingengensbedingungen hoben Detert und Rückert die frühe Einbindung  aller Beteiligten heraus. Wichtig sei, auf dem Weg zum Familienzentrum nicht zu viel auf einmal zu wollen, sondern sich auf wenige Kernbereiche wie zum Beispiel die Elternarbeit zu konzentrieren.

 


 

 

Homepage Pen Green Centre

 

Dokumentation der Tagung Familienzentren 2010