Wie hat sich die Arbeit der Fachberatung durch die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Digitalisierung verändert? Und wie kann dieser Wandel konstruktiv und nachhaltig weiter gestaltet werden? Diese Fragen standen im Fokus des mittlerweile 8. nifbe-Fachtags für niedersächsische Fachberater*innen, der zum zweiten Mal digital stattfand.

Zur Begrüßung markierte der stellvertretende nifbe-Geschäftsführer Dr. Karsten Herrmann die Fachberatung als „zentrale Zielgruppe des nifbe“, da diese den „Katalysator für die Qualitätsentwicklung in den KiTas bilden“. Nifbe-Transfermanagerin Mirela Schmidt, die den methodisch vielfältigen Fachtag moderierte, wies anschließend auf eine pandemiebedingte „Erschöpfung im Feld“ sowie auf eine „Enttäuschung über das neue KiTaG“ und die hier nach wie vor fehlende inhaltliche Konkretisierung und finanzielle Absicherung der Fachberatung hin.

In einem „Speedating“ konnten sich die rund 80 Teilnehmer*innen dann zunächst untereinander über ihre Erfahrungen mit der digitalen Kommunikation bzw. Beratung austauschen. Wie eine sich anschließende Kurzbefragung ergab, hatten 55% der Teilnehmer*innen wöchentlich mindestens eine digitale Veranstaltung und 15% sogar täglich. Knapp drei Viertel konnten dabei auf ein dienstliches Gerät zurückgreifen - und damit immerhin 25% mehr als noch vor einem Jahr. 82% nutzen die digitalen Medien für ihre Informationsweitergabe und knapp ein Viertel für die digitale Beratung ihrer KiTas. Insgesamt wurde zwischen Online- und Präsenzkommunikation ein Zustand des „Sowohl als auch“ deutlich.

Überblick zu Strukturen, Akteuren und Fakten der Fachberatung

Aktuelle Informationen zu den Strukturen, Akteuren und Entwicklungen in der Fachberatung in Niedersachsen und auf Bundesebene präsentierten Mirela Schmidt und Peter Keßel aus der nifbe-internen AG Fachberatung (s. auch Downloads unten). In Niedersachsen gibt es demnach rund 370 Fachberater*innen bei freien oder kommunalen Trägern sowie selbständig tätige. Zu beobachten sei dabei, dass es „immer mehr Teams von Fachberater*innen“ und zunehmend auch Spezialisierungen z.B. für Sprache, Inklusion oder Übergänge gäbe. Allerdings sei die Anzahl der Stunden für Fachberatung nicht proportional mit der Anzahl der KiTas und der dort beschäftigten Fachkräfte gestiegen und es sei im Feld eine relativ große Fluktuation zu beobachten. Neben den Trägern selbst übernehme das nifbe und die AG Pädagogische Fachberatung eine wichtige Unterstützungs- und Vernetzungsfunktion für die niedersächsischen Fachberater*innen.

Mit einem von nifbe-Transfermanagerin Gerlinde Schmidt-Hood produzierten Interview-Film sowie einer von nifbe-Transferwissenschaftlerin Dr. Meike Sauerhering durchgeführten qualitativen Gruppendiskussion mit Fachberater*innen (s. Download unten) ergab sich in der Folge ein hochspannender Blick auf die in den letzten eineinhalb Jahren z.T. massiv veränderten Arbeitsweisen von Fachberatung sowie auf das Feld der KiTas selbst.

Was hat sich wie verändert?

Als notwendig zeigte sich so in dieser Zeit ein „schnelles Reagieren unter Zeitdruck bei viel Ungewissheit“ und als hilfreich hätten sich dabei „Flexibilität, Fehlerfreundlichkeit und eine gute Vernetzung“ erwiesen. Nach einem „learning by doing“ scheint der Einsatz digitaler Medien zur Informationsvermittlung, Weiterbildung und Beratung heute auch weitestgehend „selbstverständlich zu sein“. Gerade seit Anfang dieses Jahres hätte sich die Dynamik vergrößert, weil man einsehen musste: „Die Pandemie bleibt ja“.

Für viele Bereiche und gerade in großen Flächenlandkreisen hat sich die digitale Kommunikation als sehr erleichternd und ressourcenschonend erwiesen. Nach anfänglicher Skepsis und auch Selbstüberwindung auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte seien die digitalen Angebote auch sehr gut angenommen worden und es konnten durch sie „auch mehr und andere Personen“ erreicht werden.

Deutlich wurde in den Statements aber auch, dass mit der digitalen Beratung und Fortbildung eine andere Didaktik und Struktur der Angebote notwendig ist – die Einheiten müssten kürzer, die Pausen länger sein und als produktiv habe sich erwiesen, z.B. erst ein Handout zu verschicken und dann gemeinsam online darüber zu diskutieren. An Grenzen stoße man allerdings bei Themen wie „Konfliktmanagement“ oder „Personalführung“, unter anderem weil es hier schwerfalle, ein wirkliches Gefühl für das Gegenüber und die sublimen Signale und Schwingungen im Raum zu bekommen.

Als technisch limitierend erwiesen sich die oftmals noch mangelnde digitale Ausstattung in KiTas und gerade auf dem Land auch instabile Internetverbindungen. Zudem sei deutlich geworden, dass die digitalen Kompetenzen der Fachkräfte systematischer und auch schon in der Ausbildung entwickelt bzw. vermittelt werden müssten.

Im Blick auf die Zukunft ergab sich, dass nun jeweils gut abgewägt werden müsse, welche Angebote sich auch unter Berücksichtigung der vorhandenen (und immer zu knappen) Ressourcen besser digital und welche besser in Präsenz stattfinden sollten. Grundsätzlich scheint sich die digitale Kommunikation, Beratung und Weiterbildung spätestens mit der Pandemie aber nachhaltig in der Fachberatungs-Praxis etabliert zu haben.

"Der Tank ist leer"

Herausgestellt wurde von den Fachberater*innen in den Interviews und der Gruppendiskussion auch, dass es nun auch an der Zeit sein, dass Thema Medienpädagogik in den Fokus zu rücken – denn gerade in den vergangenen Monaten sei die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der digitalen Medien und der digitalen Bildung sehr deutlich geworden und diese seien auch nicht mehr aus der (kindlichen) Lebenswelt wegzudenken.

Mit Blick auf das KiTa-Feld insgesamt konstatierten die befragen Fachberater*innen eine „zunehmende Erschöpfung, weil die Krise immer weiter geht“. Nach eineinhalb Jahren voller Ängste und Sorgen und einer konfliktreichen Notplatzvergabe „ist der Tank leer“. Dieser aktuelle Status quo wurde auch immer wieder in dem die Tagung abschließenden „Open Space-Sessions“ mit Themen der Fachberater*innen angesprochen. In diesem Sinne scheint eine Phase der Entschleunigung und der (Rück-)Besinnung für die Arbeit in und mit den KiTas notwendig.

Download Präsentation Mirela Schmidt und Peter Keßel

Download Präsentation Meike Sauerhering


Karsten Herrmann