Das Bundesnetzwerk "Fortbildung und Beratung in der Frühpädagogik e.V.  gibt in einem Offenen Brief Hinweise zur Umsetzung der Kinderrechte – in Pandemiezeiten und darüber hinaus. Er ist zu verstehen als Impuls und Anstoß für KiTa-Träger, Verbände der KindertagespflegeKindertagespflege|||||Kindertagespflege oder Tagespflege umfasst eine zeitweilige Betreuung von Jungen und Mädchen bei Tagesmüttern oder Tagesvätern. Nach dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2004 ist die Tagespflege neben der Tagesbetreuung in Kindertageseinrichtungen eine gleichwertige Form der Kindertagesbetreuung. , Gewerkschaften, Netzwerke pädagogischer Fachkräfte und Tageseltern



Sehr geehrte Damen und Herren,
die Fortbildner*innen und Fachberater*innen, Mitglieder des „Bundesnetzwerk Fortbildung und Beratung in der Frühpädagogik e.V.“, erleben die Kindertagesbetreuung aus ihrer Perspektive schon seit mehreren Jahren durch teils eklatante Personalengpässe schon vor der Pandemie auffallend belastet. (1)

In den letzten 16 Monaten befinden sich Fach- und Leitungskräfte in einer dauerhaft hohen Anspannung. Kita-Teams und Tagespflegepersonen ringen darum, Kindern, Eltern, der Gesundheit aller sowie ihrem eigenen fachlichen Anspruch gerecht zu werden. Gleichzeitig gefährden vorgegebene Einschränkungen und notwendige Hygienekonzepte zur Reduzierung des Infektionsrisikos aus unserer Sicht einen anregenden, von Wohlwollen und Beziehungen geprägten Alltag für die Kinder. Die grundlegende Orientierung an den Kinderrechten ist mindestens stark eingeschränkt, bisweilen sogar außer Kraft gesetzt.

Die überwiegende Zahl der Fachkräfte geht bewusst und reflektiert mit den gegenwärtigen Herausforderungen um. Jedoch geraten selbst erfahrene und stets behutsam handelnde Fachkräfte gegenwärtig in Situationen, die ihnen selbst und vor allem Kindern nicht guttun. Sperrung von Räumen und Außenbereichen, Vorgaben zur Gestaltung der Hygienesituationen und Mahlzeiten, Auseinandersetzungen mit Eltern sowie die Sorgen um die eigene Gesundheit können in manchen Fällen zu Machtmissbrauch und Zwang führen. Hierbei laufen z. B. die Rechte der Kinder auf Beteiligung/Einbeziehung in Entscheidungen, gewaltfreie Erziehung sowie das Recht auf Bildung Gefahr, missachtet zu werden.

In Beratungskontexten hören und sehen wir täglich, wie schwierig sich die Gestaltung des Kita-Alltags darstellt. Die Dilemmata, vor denen Pädagog*innen stehen, sind viel-fältig: sie stehen zwischen Elternwunsch und personeller Realisierbarkeit, zwischen der Achtung der Kinderrechte und der Realisierung der jeweils aktuell geltenden Corona-Verordnungen in ihren Bundesländern (wozu z. B. die Pflicht zum Bilden von
festen Bezugsgruppen, keine freie Wahl der Spielpartner oder eingeschränktes Betreuungsangebot gehören), zwischen Selbständigkeitsförderung und dem Verbot, Kindern Eigenständigkeit bei Mahlzeiten zu erlauben, um nur wenige beispielhafte Aspekte zu nennen.
Kinderrechte im Alltag stärken

Schon vor der Pandemie war es unser Anliegen, Kinderrechte als handlungsleitendes Prinzip in den Einrichtungen und Tagespflegestellen zu verankern. Nun, nach vielen Monaten erheblicher Einschränkung und Belastung, ist es unverzichtbar, den Blick sehr fokussiert auf dieses Thema zu richten. Jungen und jüngsten Kindern muss der Raum gegeben werden, den sie dringend benötigen, um sich zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten entwickeln zu können – auch während der Arbeit unter Pandemiebedingungen. Träger und Politik stehen hier in der Verantwor-tung, für Kitas solche Regelungen zu schaffen, in deren Rahmen das möglich ist. Es bedarf großer gemeinsamer Anstrengungen, die Kindertagesbetreuung als Ganzes in diesem Rückkehr- und Wiederaufbauprozess verantwortungsvoll zu begleiten, zu stärken und zu entwickeln – damit Kitas und die Kindertagespflege wieder zu Orten werden, die Kindern, Eltern und auch Fachkräften eine Pädagogik mit hoher Qualität ermöglichen und zusichern können.

Kitas sollen sichere Orte für Kinder sein (2) und gerade in diesen prekären Zeiten bedarf es fachlicher Unterstützung, Begleitung und Beratung vor dem Hintergrund der Wahrung von Kinderrechten. Träger, politische Entscheidungsträger/-ebenen, aber auch Kita-Teams und die Tagespflege müssen Konzepte zur durchgängigen Beachtung der Kinderrechte entwickeln. In unserem bundesweiten Netzwerk sind erfahrene Berater*innen und Fortbildner*innen organisiert, die Sie bei Fragen gerne unterstützen.

1 „Offener Brief“ https://netzwerk-fortbildung.jimdofree.com/handlungsfelder-des-netzwerks/offener-brief/ (Zugriff am 26.07.2021)

2 Maywald, Jörg (2019): „Gewalt durch päd. Fachkräfte verhindern.“ Freiburg: Herder Verlag


Der Vorstand
Bundesnetzwerk Fortbildung und Beratung in der Frühpädagogik

Das „Bundesnetzwerk Fortbildung und Beratung in der Frühpädagogik e.V.“ versteht sich als Austausch- und Diskussionsforum in der Frühpädagogik. Es tritt ein für eine Verbesserung der Qualität in der Kindertagesbetreuung, für verlässliche Fachberatung sowie für qualifizierte Fort- und Weiterbildung im Bereich der Frühpädagogik.

www.das-bundesnetzwerk.de

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!