Die Landeselternvertretung der niedersächsischen Kindertagesstätten (Kita LEV) hat unter den Kita-Eltern in Niedersachsen eine Umfrage gestartet und eine hohe Belastung der Eltern während des Lockdowns und der Notbetreuung in KiTas festgestellt. Scharf kritisiert die 1. Vorsitzende auch, dass „Teilhabe an Bildung von Kindern vom Beruf der Eltern abhängt und nicht von deren Recht auf Bildung". Als erfreulich zeigte sich, dass der Kontakt der KiTa-Fachkräfte zu den nicht notbetreuten Kinder zu Hause sich im Vergleich zum ersten Lockdown deutlich verbessert hat.

Die Umfrage wurde vom 13.01. bis zum 22.01. durchgeführt und es nahmen fast 10.000 Eltern daran teil.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

38,13 % der befragten Eltern nutzen nach eigenen Angaben derzeit die Notbetreuung. Unter den anderen Befragten, die die Notbetreuung nicht nutzen, gaben nur 28,31 % an, dass sie die Betreuung selbst abdecken können bzw. 11,59 % gaben an, dass sie im Homeoffice sind. Wiederum 46,46 % dieser Gruppe gaben an, dass sie kein Anrecht auf eine Notbetreuung haben.

Daher war hier interessant, wie sich die Arbeitssituation der Eltern darstellt. Bei den Eltern in Lebensgemeinschaft/Ehe gaben jeweils 64% der Eltern an, jeden Tag zur Arbeitsstätte zu fahren. In den Familien der alleinerziehenden und getrenntlebenden Eltern waren es sogar weit über 70% die zur Arbeitsstätte fahren.

Die 1. Vorsitzende Christine Heymann-Splinter kommentierte diese Erkenntnis: „Erst mit den Fakten auf dem Tisch, merke ich wie ungerecht diese Situation für die Kinder ist. Teilhabe an Bildung hängt aktuell vom Beruf der Eltern ab, nicht von deren Recht auf Bildung. Wie gut Kinder derzeit versorgt und betreut werden und wie groß ihre Teilhabe an Bildung ist, hängt stark von der Situation der Eltern und Ihrem Beruf ab. Diese Konstellationen sind divers. Keine Familie ist gleich oder vergleichbar. Daher wäre es um so wichtiger, schnellst möglich wieder ein Gleichgewicht herzustellen.“

Erfreulich ist unter diesem Aspekt, dass sich der Kontakt zu den Kindern durch die Einrichtungen deutlich verbessert hat. Gaben im 1. Lockdown noch 25% der Eltern an, dass kaum bis gar kein Kontakt zur Kita besteht, sind es im 2. Lockdown nur noch knapp 9%.

Auch die Krippen- und Hortgebühren wurden in der Umfrage thematisiert. In vielen Landkreisen geben noch viele Eltern an, dass sie die Krippen- und Hortgebühren entrichten müssen (siehe Grafiken in der Anlage). Die Kita LEV hat daher mit der AGF Niedersachsen und der Niedersachsenvertretung von Familien in der Krise einen Offenen Brief an die Träger und Kommunen gerichtet, um hier nochmals für den Erlass der Krippen- und Hortgebühren zu werben. Niedersachsen ist nach unserem Kenntnisstand derzeit das einzige Bundesland in Deutschland, dass diese Gebühren nicht flächendeckend erlässt.

„Eine zusätzliche und unnötige Belastung für Familien und eine soziale Härte, die nicht sein muss,“ kritisiert 2. Vorsitzende Janine Herzberger.

Eltern sind mit ihren Kräften am Ende

Daher wurde auch ganz persönlich in den Familien nachgefragt: Wie belastend finden Sie die gesamte Situation für Ihre Familie? 58% der Familien empfinden die Situation für Ihre Familie belastend oder sehr belastend (siehe Grafik in der Anlage)! Besonders belastend fanden insbesondere Familien mit mehr als 3 Kindern die Situation für Ihre Familie.

Christine Heymann-Splinter dazu „Wir dürfen uns hier nichts vormachen und müssen die Realitäten der Familien sehen und verstehen. Hier wird unwahrscheinlich viel von den Familien geschultert und das ohne eine Perspektive auf Besserung. Ob es nun ein Sprint oder ein Marathon für die Eltern ist, spielt dabei gar keine Rolle mehr. Die Eltern signalisieren uns ganz klar, dass sie mit Ihren Kräften am Ende sind.“

Im Anschluss bat die KITA LEV die Eltern im Freitext 2 Fragen (freiwillig) zu beantworten.

1. Offene Frage: Wie kommen Ihre Kinder mit der Kontaktbeschränkung klar?

Erschreckend oft fielen die Worte wie Schlecht, traurig, fehlt, Angst oder Frust. Mit einem genauen Blick in die Antworten, waren das viele bedenkliche Berichte dabei.

Dazu Vorstandsmitglied Rene Birkner „Das ist eine Entwicklung vor der wir nicht die Augen verschließen dürfen und wo bereits jetzt darüber nachgedacht werden muss, wie hier abgestimmt auf die entsprechenden Altersgruppen u. a. das Thema Isolation durch Langzeitstrategien aufgearbeitet werden muss.“

Auch Janine Herzberger 2. Vorsitzende ergänzt „Die Folgen der fehlenden frühkindlichen Bildung sind heute noch nicht absehbar, aber der Kontakt zu gleichaltrigen ist eine wichtige Säule in der Entwicklung der Kinder und sie wurde vielen Kindern nun immer wieder entzogen.“


2. Offene Frage: Für was haben sie in der aktuellen Situation kein Verständnis mehr?

6623 Antworten erhielt die KITA LEV auf diese Frage. Hier waren die Antworten sehr unterschiedlich. Häufig war es die Planung bzw. die Betreuung im Homeoffice, für die Eltern kein Verständnis mehr aufbringen können. Die Gebührenbelastung wieder-holte sich hier seitens der Eltern auch nochmals. Genauso wie die Kontaktbe-schränkungen.
Ein Teilnehmer schrieb „Dass die Chance auf Spielen mit Freunden vom Beruf der Eltern abhängt, das ist gegenüber meinen Kindern nicht fair.“


Befragungsergebnisse im Detail


Quelle: Presseinfo Landeselternvertretung