Besucht ein Kind aus einer nach Deutschland geflüchteten Familie hierzulande eine Kindertageseinrichtung (Kita), ist vor allem die Mutter deutlich besser in die Gesellschaft integriert. Unter anderem spricht und versteht sie besser Deutsch, hat eine höhere Arbeitsmarktorientierung und vermisst ihr Heimatland weniger.


csm DIW 8f09cb651eUnter dem Strich sind Mütter mit Kita-Kindern – gemessen an einem Gesamtindex für die Integration – um 42 Prozent besser integriert als nach Deutschland geflüchtete Mütter, deren Kind nicht in einer Kita betreut wird. Das haben ForscherInnen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim erstmals auf Basis eines repräsentativen Datensatzes belegt. Dafür werteten C. Katharina Spieß und Ludovica Gambaro vom DIW Berlin und Guido Neidhöfer vom ZEW Daten der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von nach Deutschland Geflüchteten aus den Jahren 2016 und 2017 aus.

„Der Besuch einer Kita ist nicht nur für die Kinder aus geflüchteten Familien sehr wichtig, sondern nachweislich auch für deren Eltern – Kindertageseinrichtungen können also gleich eine doppelte Integrationsrendite erzielen“, sagt C. Katharina Spieß, Leiterin der Abteilung Bildung und Familie am DIW Berlin. Die mit einem Kita-Besuch verbundenen Chancen sollten geflüchteten Familien daher stärker vermittelt und genügend Plätze bereitgestellt werden, so die StudienautorInnen.

Effekt ist umso größer, je länger die Kinder in einer Kita betreut werden

Die Analysen zeigen, dass die Integration von Müttern und Vätern auch mit vielen anderen Merkmalen zusammenhängt, etwa ihrer Schulbildung oder Aufenthaltsdauer. Doch selbst wenn man dies berücksichtigt, bleibt der Kita-Besuch relevant: Insbesondere Mütter mit einem Kita-Kind sind sehr viel besser integriert als Mütter, die kein Kind in einer Kita haben. Für beide Eltern zusammen liegt der Integrationsindex um 24 Prozent höher. Bei Müttern ist der Zusammenhang deutlich stärker (42 Prozent) als bei Vätern (11 Prozent) – der Kita-Besuch der eigenen Kinder spielt für die Integration der Mütter sogar eine größere Rolle als die Schulbildung.

Dass der Effekt des Kita-Besuchs auf die Integration der Mutter nur ein „Scheineffekt“ ist, können die StudienautorInnen darüber hinaus ausschließen. Theoretisch wäre es denkbar, dass der Zusammenhang allein darauf zurückgeht, dass besser integrierte Mütter ihre Kinder eher in eine Kita schicken. Weitergehende Berechnungen bestätigen allerdings klar, dass diese umgekehrte Wirkungsrichtung ausgeschlossen werden kann. Der Einfluss des Kita-Besuchs des Kindes auf die Integration der Mutter bleibt im statistischen Sinne signifikant. Der Effekt ist zudem umso größer, je länger die Kinder in einer Kita betreut werden.

Kitas könnten zu Zentren für Familien weiterentwickelt werden

Kinder mit Fluchthintergrund gehen im Vergleich zu anderen Kindern allerdings deutlich seltener in eine Kita. Während im Jahr 2017 rund 90 Prozent aller dreijährigen Kinder in Deutschland in einer Kita betreut wurden, waren es unter den dreijährigen Kindern aus geflüchteten Familien nur rund 60 Prozent. „Das Potential ist also groß“, sagt Guido Neidhöfer. „Dass Kinder mit Fluchthintergrund in eine Kita gehen, hängt zum einen davon ab, ob die Eltern bereit sind, entsprechende Angebote zu nutzen – zum anderen aber auch davon, ob es überhaupt genügend Kita-Plätze gibt.“ Kindertageseinrichtungen sollten also weiter ausgebaut werden. Denkbar wäre auch, ergänzt Spieß, sie zu Zentren für Familien weiterzuentwickeln, die die Bedarfe von Kindern, Eltern und der Familie als Ganzes in den Blick nehmen.

Quelle: Presseinfo Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)