Kultusminister Grant Hendrik Tonne stellt Agenda vor


Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne hat am (heutigen) Freitag seine Agenda im Kultusausschuss des Niedersächsischen Landtags vorgestellt: Beitragsfreiheit im Kindergarten, Flexibilisierung des Einschulungstermins, Verbesserung der Unterrichtsversorgung, Entlastung der Lehrkräfte im Schulalltag, Serviceorientierung der Niedersächsischen Landesschulbehörde stärken, Nachsteuern bei der Inklusion. Er werde bei der Umsetzung dieser Vorhaben sehr dialogorientiert vorgehen und den Austausch mit allen Akteuren suchen, erklärte Tonne.

„Schulstrukturdebatten wird es mit mir nicht geben", betonte Tonne zu Beginn der Ausschusssitzung. Für die Niedersächsische Landesregierung gebe es keine besseren oder schlechteren Schulformen. „Wir werden weder neue Schulformen erfinden, noch bestehende in Frage stellen. Die Schulen, die unsere niedersächsische Schullandschaft ausmachen, sind wichtig, vielfältig und bereichernd. Deshalb setzen wir auf Kontinuität, Stabilität und Verlässlichkeit in unserer Schullandschaft. Die Koalition bekennt sich ausdrücklich zum Schulfrieden und dafür stehe ich auch ganz persönlich", unterstrich der Kultusminister.

Beitragsfreiheit zum 01.08.2018

Im Bereich der frühkindlichen Bildung soll die vollständige Beitragsfreiheit im Kindergarten bereits zum 01.08.2018 umgesetzt werden. Die Landesregierung werde zügig Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden über einen fairen Ausgleich der Kosten zur Sicherstellung der Beitragsfreiheit im Kindergarten führen, sagte Tonne. Im zweiten Schritt werde eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht, um zu Beginn des Kita-Jahres 2018 mit der beitragsfreien Kita starten zu können. Tonne: „Mit der Gebührenfreiheit gewährleisten wir gleiche Bildungschancen für alle im frühkindlichen Bereich. Zudem ist die Gebührenfreiheit eine verdiente Entlastung der Familien in Niedersachsen und ein Beitrag für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf."

Flexible Einschulung

Der bisher sehr starre Einschulungsstichtag solle flexibilisiert werden, damit Eltern und Lehrkräfte mehr Spielraum erhalten, um Entscheidungen im Sinne der Kinder zu treffen, erklärte Tonne vor dem Kultusausschuss. Die Erfahrung zeige, dass sich die Entwicklung von Kindern und deren Reife nicht an einem festgelegten Datum orientiere. Tonne: „Manche Kinder brauchen einfach etwas mehr Zeit als andere Kinder. Mit einer Flexibilisierung des Einschulungsalters können wir den Eltern von schulpflichtigen Kindern ggf. ermöglichen, den Schuleintritt um ein Jahr aufzuschieben." Bisher gilt, dass nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) die Kinder mit dem Beginn eines Schuljahres schulpflichtig werden, die das sechste Lebensjahr vollendet haben oder es bis zum folgenden 30. September vollenden werden. Dies wird in vielen Fällen von den Eltern als zu früh erachtet, wie zum Beispiel aus der Petition „Stoppt die Früheinschulung in Niedersachsen" ersichtlich wird.

Die Unterrichtsversorgung an den allgemein bildenden Schulen soll schnellstmöglich im Durchschnitt mehr als 100 Prozent erreichen. „Einegute Lehrerversorgung ist die Grundlage für guten Unterricht, für gute Bildungschancen, für Planbarkeit in den Schulen und Verlässlichkeit aus Elternsicht." Hierzu kündigte der Kultusminister einen Mix aus unterschiedlichen Maßnahmen an. Das „Unterrichtspaket" enthalte unter anderem 1.000 zusätzliche Lehrkräfte sowie Prüfvorhaben der Sprachförderung vor der Einschulung. Um die Unterrichtsversorgung auch kurzfristig sicherzustellen, müsse eine Flexibilisierung des Quereinstiegs vorgenommen werden. „Die Landesregierung wird Möglichkeiten aufzeigen, wie der Quereinstieg besser und schneller gelingen und gleichzeitig die Qualität gesichert werden kann. Unter anderem wollen wir zukünftig auch Ein-Fach-Lehrkräften den Zugang in den Schuldienst ermöglichen", erklärte Tonne.

Die Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs sei ein weiterer Baustein, um perspektivisch wieder mehr Lehrkräfte zu gewinnen. „Dabei geht es um Wertschätzung, Unterstützung und angemessene Bezahlung. Wir werden die finanziellen Rahmenbedingungen verbessern, indem wir in einem ersten Schritt die Schulleitungen mindestens nach A 13 besolden. Hier gibt es eindeutig eine Gerechtigkeitslücke." Auf mittlere Sicht sei die Besoldung der Lehrkräfte insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Auch sollten die Lehrkräfte und Schulleitungen von Verwaltungsaufgaben entlastet werden, damit diese sich auf das pädagogisch-didaktische Kerngeschäft und die Schulorganisation konzentrieren könnten. „Wir werden uns sehr genau ansehen, ob bestimmte Aufgaben nicht auch wegfallen können, ob alle Konzepte und Dokumentationen tatsächlich in jedem Fall geschrieben werden müssen. Hier werde ich intensiv den Dialog und Austausch mit den Praktikern aus den Schulen führen und deren Impulse sehr ernst nehmen. Die Leitfrage dabei sollte immer sein: Ist das wirklich notwendig? Oder geht es auch ohne?", erläuterte Tonne.

Entlastungen im Schulalltag sollen sich nach Ansicht des Niedersächsischen Kultusministersauch durch eine noch bessere Unterstützung der Schulbehörden ergeben. Tonne: „Wir wollen unsere Behörden serviceorientiert aufstellen. Ich lade die Niedersächsische Landesschulbehörde dazu ein, sich aktiv und mit guten Ideen in diesen Prozess einzubringen. Die Schulen und die Lehrkräfte werden dabei im Mittelpunkt stehen. Leitidee muss sein: Was kann ich für die Schulen tun, damit der Schulalltag erfolgreich verläuft. Ein solcher Prozess wird im Übrigen nicht vor dem Hintergrund von Stellenabbau geführt. Alle vorhandene Kompetenz wird für unsere Schulen benötigt."

Mehr Personal und mehr Zeit für Inklusion in Schulen

Bei der Umsetzung der Inklusion solle mit mehr Personal und mehr Zeit in den Regionen „nachgesteuert werden, ohne vom Kurs abzuweichen", so Tonne. 430 Stellen für Inklusionsfachkräfte an den allgemeinen Schulen sollen entfristen und jährlich 150 zusätzliche Stellen für weiteres Fachpersonal geschaffen werden. Den Schulträgern solle eine zeitliche Streckung des Auslaufens der Förderschulen Lernen auf Antrag ermöglicht werden. Die Einschulung in der Förderschule Lernen könne dabei nach Antrag letztmalig im Schuljahr 2022/2023 stattfinden. Alternativ könnten auch Lerngruppen für Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen an anderen allgemein bildenden Schulen des Sekundarbereichs I eingerichtet werden.

Tonne: Bei der Umsetzung dieser gleichermaßen richtigen wie herausfordernden Agenda werde ich die bildungspolitischen Verbände und Gewerkschaften und auch den Kultusausschuss intensiv einbinden. Expertise einholen, gemeinsam beraten, pragmatisch und unideologisch entscheiden und gemeinsam vertreten - das wird das Motto meiner Arbeit sein. Ich setze auf Pragmatismus beim Lösen von Herausforderungen, Kontinuität in der Schulstruktur und Fantasie bei der Gestaltung der modernen Schule 2040. Ich bin dabei sehr offen für Ideen und für Vorschläge!"

Quelle: Presseinfo Niedersächsisches Kultusministerium