Gesunde Ernährung von Anfang an

Inhaltsverzeichnis

  1. Anwendungsforschung am Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE)
  2. Ernährung von Säuglingen
  3. Stillen
  4. Muttermilchersatz
  5. Produktgruppen
  6. Beikost
  7. Baukastensystem der Beikost
  8. Optimierte Mischkost
  9. Baukastensystem der Mahlzeiten
  10. Fazit für die Praxis
  11. Literatur

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Mahlzeiten: das Baukastensystem


Regelmäßige Mahlzeiten können eine gute Ernährungsqualität fördern und bei der Prävention von Übergewicht helfen. Außerdem sind mahlzeitenbezogene Verzehrsempfehlungen im Alltag praktisch. Aus den Referenz-Speiseplänen der Optimierten Mischkost wurden daher auch Empfehlungen für die Zusammensetzung der Mahlzeiten abgeleitet. Dabei gibt es entsprechend den traditionellen Ernährungsgewohnheiten in Deutschland fünf Mahlzeiten am Tag:

  • zwei kalte Hauptmahlzeiten (z. B. Frühstück und Abendessen)
  • eine warme Hauptmahlzeit (z. B. das Mittagessen)
  • zwei kleinere Zwischenmahlzeiten (z. B. am Vormittag und Nachmittag)

Die unterschiedlichen Lebensmittel- und Nährstoffprofile der Mahlzeiten ergänzen sich gegenseitig in einem Baukastensystem zu einer empfehlungsgerechten Tagesernährung und Nährstoffzufuhr. Das Mittagessen ist in Deutschland üblicherweise eine warme Mahlzeit. Sie hebt sich von den anderen Mahlzeiten durch ihren spezifischen Gehalt z. B. an Vitaminen und wichtigen ungesättigten Fettsäuren ab. Für die Gesundheit ist es aber unerheblich, zu welcher Tageszeit die warme Mahlzeit eingenommen wird. Kinder, die mittags kein warmes Essen bekommen, sind mit einer kalten Hauptmahlzeit nach den Empfehlungen der Optimierten Mischkost gut versorgt. Für die Ernährung am Vormittag empfiehlt sich ein Frühstücks-Zweimaleins mit einem ersten einem zweiten Frühstück. Für Kinder, die am Morgen mit Appetit frühstücken (Frühaufsteher), ist ein kleineres zweites Frühstück ausreichend. Kinder, die früh am Morgen noch wenig Appetit haben (Morgenmuffel), erhalten ein größeres zweites Frühstück.

 

Die Mahlzeiten im Einzelnen


In den kalten Hauptmahlzeiten sind die mengenmäßig wichtigsten Lebensmittel Milch oder Milchprodukte. Dazu kommen Obst oder Gemüserohkost, sowie Getreideflocken (als Müsli) oder ein belegtes Brot.

Beispiele für kalte Mahlzeiten:
- Müsli aus Joghurt, Obst und Getreideflocken
- Wurstbrot mit einem Glas Milch und einem Apfel
- Käsebrot mit geraspelter Rohkost
- Nudelsalat mit Tomaten, Gurken und Joghurtdressing

In der warmen Mahlzeit sind Kartoffeln, Reis oder Nudeln die Hauptbestandteile, dazu kommt reichlich Gemüse oder ein Rohkostsalat. Eine kleine Portion fettarmes Fleisch (als Beilage) sollte etwa drei Mal in der Woche auf dem Speiseplan stehen, eine Mahlzeit mit Fisch einmal pro Woche. An den anderen Tagen gibt es vegetarische Gerichte. Ein Dessert ist in der Optimierten Mischkost nicht vorgesehen, es kann stattdessen zur Zwischenmahlzeit am Nachmittag gegeben werden. In der warmen Mahlzeit stehen die nährstoffreichen Lebensmittel im Vordergrund.

Beispiele für warme Mahlzeiten:
- (Vollkorn-)Nudeln mit Tomatensoße
- Kartoffeln, Gemüse und eine kleine Portion Fleisch bzw. Fisch
- Eintopf mit Hülsenfrüchten
- Auflauf mit Kartoffeln (oder Nudeln, Getreide) und Gemüse

Die zwei Zwischenmahlzeiten werden üblicherweise vormittags (z. B. als zweites Frühstück) und nachmittags gegessen. Sie bestehen hauptsächlich aus Obst oder Gemüserohkost, Brot oder Getreideflocken und einer Portion Milch oder einem Milchprodukt. Gelegentlich können auch Süßigkeiten, Kekse oder Kuchen gegessen werden.

Beispiele für Zwischenmahlzeiten:
- Apfel und Rosinenbrötchen
- Joghurt mit Haferflocken und Obst
- Brot mit Frischkäse und Tomatenscheiben

Zu jeder Mahlzeit gehört ein Getränk, vorzugsweise energiefrei, in Form von Trinkwasser. Auch zwischen den Mahlzeiten sollten Kinder Gelegenheit haben, Wasser zu trinken.

Abbildung 4 stellt die Zusammensetzung der Mahlzeiten unter Verwendung der Ampelfarben grafisch dar. Von den Lebensmittelgruppen, die den Sockel der Dreiecke bilden, sollen größere Portionen gegessen werden, als von den Lebensmittelgruppen in der Spitze.

Abb. 4

 

Familienmahlzeiten und Ernährungserziehung


Kinder lernen auch bei der Ernährung schon früh am Vorbild der Eltern. Dieses Rollenmodell der Eltern kann auf einfache Weise bei gemeinsamen Mahlzeiten in angenehmer Atmosphäre genutzt werden. Hilfreich ist das Vereinbaren von Regeln, z. B. gemeinsamer Mahlzeitenbeginn, vor dem Aufstehen fragen, sich Zeit nehmen für das Essen, Tischmanieren pflegen.

Zwischen dem Erziehungsstil der Eltern und dem Ernährungsverhalten der Kinder bestehen systematische Zusammenhänge. Eine starke Kontrolle des kindlichen Verhaltens durch die Eltern fördert ein schlechteres Ernährungsverhalten. Umgekehrt führt eine flexiblere Erziehung zu einem besseren Ernährungsverhalten.

 

Vegetarische Ernährung – auch schon für Säuglinge und Kleinkinder?

Grundzüge
In letzter Zeit ist die vegetarische Ernährung auch in der Kinderernährung zu einem häufig angesprochenen Thema geworden. Sie muss differenziert betrachtet werden. Es gibt verschiedene Ausprägungen der vegetarischen Ernährung, in der Praxis sind die Übergänge oft fließend:

  • ovo-lakto-vegetarische Ernährung: enthält Milch und Ei, verzichtet auf Fleisch, ggf. Fisch
  • lacto-vegetarische Ernährung: enthält Milch, verzichtet auf Ei, Fleisch, ggf. Fisch
  • streng vegetarische, vegane Ernährung: verzichtet auf alle tierischen Lebensmittel
  • makrobiotische Ernährung etc.: weitere Einschränkungen der veganen Ernährung

Grundsätzlich gilt: je jünger das Kind und je mehr Lebensmittel ausgeschlossen werden, umso größer werden die Risiken für Nährstoffdefizite und negative gesundheitliche Auswirkungen. Allerdings gibt es nur wenige aussagekräftige Studien, die die Nährstoffversorgung und den Ernährungs- und Gesundheitsstatus von Kindern unter definierter vegetarischer Ernährung ermittelt haben.

 

Hinweise für die Praxis


Bei Verzicht auf Fleisch kann – ernährungsmedizinisch betrachtet – die Versorgung mit Eisen (mit hoher Bioverfügbarkeit) und bei Verzicht auf Fisch zusätzlich die Jodversorgung kritisch werden. Beide Nährstoffe sind für die kindliche Entwicklung wichtig.

In der Säuglingsernährung kann der Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei durch einen vegetarischen Brei ersetzt werden, in dem eisenreiches Vollkorngetreide verwendet und die geringe Bioverfügbarkeit des Eisens durch Vitamin C (Obst-Püree) verbessert wird. Bei Verwendung industriell hergestellter vegetarischer Gemüse-Vollkorngetreide-Breie (Gläschen) sollte dem Brei Vitamin-C-reicher Obstsaft oder Obstpüree zugefügt werden.

In der vegetarischen Familienernährung können geeignete Mahlzeiten unter Verwendung herkömmlicher Lebensmittel zusammengestellt werden, z. B.:

  • Müsli aus Vollkornflocken mit Orangensaft oder Frischobst
  • Brotmahlzeit mit Vollkornbrot und Gemüserohkost
  • Vollkornreis- oder Vollkornnudelauflauf mit Paprika

Bei veganer Ernährung ist die Zufuhr weiterer Nährstoffe (Calcium, Vitamin B12, D, B2) und ggf. Protein und Energie betroffen. Je nach individueller Lebensmittelauswahl müssen Nährstoffe supplementiert oder mit angereicherten Lebensmitteln zugeführt werden.

Vitamin B12 ist in pflanzlichen Lebensmitteln nicht enthalten und muss bei veganer Ernährung zugesetzt werden. Dies gilt insbesondere für Schwangere, die sich vegan ernähren. Es sind wiederholte Fälle schwerer neurologischer, teilweise irreparabler Entwicklungsdefizite bei gestillten Säuglingen vegan ernährter Mütter beschrieben.


Kinder sind beim Essen den diesbezüglichen Wertvorstellungen ihrer Eltern ausgeliefert. Eltern, die sich von den offiziellen Ernährungsempfehlungen, z. B. aus ökologischen, ethisch-philosophischen oder gesundheitlichen Erwägungen abwenden, möchten ihre alternativen Ernährungsvorstellungen in guter Absicht meist auch für ihre Kinder anwenden. Oft sind sie sich nicht darüber bewusst, dass die Folgen einer Fehlernährung bei Kindern wesentlich schwerwiegender sind als bei Erwachsenen.

Eine vegetarische Ernährungsform für Säuglinge und Kinder erfordert ausreichende Ernährungs- und Lebensmittelkenntnisse. Sie sollte nicht ohne Rücksprache mit dem Kinder- und Jugendarzt durchgeführt werden. Bei der Beratung kommt es darauf an, mit Verständnis und ohne Dogmatismus auf die Eltern einzugehen. Oft können schon geringfügige, aber wohldurchdachte Lockerungen eines restriktiven Ernährungsregimes die Kostqualität und das Wachstum der Kinder nachhaltig verbessern.

 



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