Empathie als Kindheitsmuster

Wie Kinder prosoziales Verhalten lernen

Inhaltsverzeichnis

  1. So entsteht Urvertrauen
  2. Empathie – Grundlage für pro-soziales Verhalten
  3. Die Haltung der Erzieherin zeigt sich in der Beziehungsgestaltung
  4. Emotional-soziale Erfahrungen im Spiel
  5. Kindheitsmuster Empathie sichtbar machen
  6. Werte und Gesellschaft
  7. Zusammenfassung
  8. Literatur

Gesamten Beitrag zeigen


Werte und Gesellschaft


Ein Kind braucht auf seinem Weg zu einer autonomautonom|||||Autonomes Handeln beinhaltet den Zustand der Selbstständigkeit, Unabhängigkeit Selbstbestimmung, Selbstverwaltung oder Entscheidungsfreiheit.en Persönlichkeit zugewandte Erwachsene, die Interesse an seiner Entwicklung haben, seine Eigenaktivitäten unterstützen und auch wertschätzen. Auf diese Weise entwickelt ein Kind Interesse an sich und seiner Umwelt. Es sammelt durch konkretes Tun Erfahrungen, die als Wissen gespeichert werden. Dabei setzt es immer differenziertere Formen der Selbst- und Welterkenntnis ein. Wissen, Denken, Fühlen und Handeln stehen in diesem Prozess in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander.

Die Fähigkeit des Menschen zu emotionalem Verständnis und Empathie beruht darauf, dass sozial verbindende Vorstellungen nicht nur untereinander ausgetauscht, sondern im Gehirn des jeweiligen Empfängers auch aktiviert und spürbar werden können. Mehr und mehr kristallisiert sich heraus, dass Empathie als eine

entscheidende Quelle für eine gut verlaufende individuelle und auch gesamtgesellschaftliche Entwicklung anzusehen ist. Eine moralisch handelnde Person bezieht die Interessen der Anderen mit ein - der Egoist denkt nur an die Optimierung der eigenen Interessen. (Nida-Rümelin 2012)

Leitgedanken für die Gestaltung unseres Lebens sollten Tugenden sein, die bereits in der griechischen Philosophie mit den Begriffen Klugheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Besonnenheit beschrieben wurden. Es ist die Aufgabe jeder Generation, diese Vorstellungen für ihre Zeit neu zu interpretieren. Dabei sollte Achtsamkeit - eine zentrale Haltung aus der Welt des Buddhismus - mehr und mehr Beachtung finden.

Eine humane Gesellschaft beruht auf der menschlichen Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden, Rücksicht zu nehmen und mit anderen zu kooperieren. (Bauer 2006) Der einzelne Mensch sollte seine inneren Potenziale voll ausschöpfen können. Er sollte ein Leben führen können, in dem ein freundschaftliches und liebevolles Miteinander die bestimmenden Faktoren sind. Empathisch miteinander umgehen setzt die Überzeugung voraus, dass ein anderer die gleiche Daseinsberechtigung hat wie wir und genauso einzigartig ist wie wir selbst. Die Menscherrechte sind dafür ein einzigartiges Dokument.

Nicht anders kann man den amerikanischen Sozialwissenschaftler Jeremy Riffkin verstehen, wenn er sagt: „Empathie ist der Boden, auf dem demokratische Verhältnisse wachsen und gedeihen können. In einer Welt ohne Empathie fehlt nicht nur das, was das Menschsein überhaupt ausmacht, es fehlt auch die Grundlage für ein demokratisches Wertesystem.“ (Riffkin 2010)  Auch ökonomischer Erfolg basiert auf einer verlässlichen Kommunikation. Und die beherzigt unverzichtbare Regeln wie Wahrhaftigkeit und Vertrauen. (Nida-Rümelin 2011)

Vor diesem Hintergrund wird die herausragende Bedeutung gelingender Dialoge deutlich, die auf einer empathischen Grundsituation beruhen. Eine kompetente Person verfügt über die Fähigkeit, im konkreten Einzelfall angemessen zu handeln. Damit diese Prozesse gelingen können, müssen Kinder und Jugendliche ihre Gedanken, Ideen und Absichten anderen transparent machen können. Sie müssen sich also eine Kommunikationskompetenz aneignen. Und schließlich gehören emotionale und soziale Fähigkeiten wie Toleranz, Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft dazu. Man muss sich auch in die Gedankenwelt anderer hineinversetzen können (Empathie). Wer einen verantwortungsbewussten Umgang mit sich selbst, den anderen Menschen und mit der Natur pflegt, kann als gereifte Persönlichkeit angesehen werden. Ein solcher Mensch hat die Fähigkeit zu einem selbstständigen und solidarischen Handeln entwickelt. Er ist in der Lage, Anteil am kulturellen und politischen Leben zu nehmen. In dieser Kompetenz sieht der Nobelpreisträger Amartya Sen (2007) die Voraussetzung für die Teilnahme an einem weltweiten DiskursDiskurs|||||Der Begriff Diskurs kann verschiedene Bedeutungen haben, wurde ursprünglich jedoch als  „hin und her gehendes Gespräch“ verwendet. Weitere Bedeutungen sind: theoretische Erörterung, systematische, methodische Abhandlung, gesellschaftliche Auseinandersetzung, Erörterung. Sinnverwandt sind auch Debatte, Diskussion, Disput.  zur Lösung globaler Probleme. Damit ist die Entwicklung zu einer verantwortungsbewussten Persönlichkeit skizziert.  Der Bogen ist gespannt von der individuellen Entwicklung, die sich in dialogischen Situationen mit nahen und zugewandten Personen vollzieht, über das vertrauensvolle, empathische und oft interkulturelle Kommunizieren bis hin zu der Entwicklung demokratischer Lebensformen im globalen Maßstab.