Bindung, Eingewöhnung und Qualität in der KiTa

Inhaltsverzeichnis

  1. Befriedigung der seelischen Grundbedürfnisse
  2. Sichere Bindungsbeziehungen für mutige Exploration
  3. Feinfühlige Zuwendung für eine optimale Gehirnentwicklung
  4. Feste Bezugspersonen auch in der Kindertageseinrichtung
  5. Kindertageseinrichtungen in hervorragender Qualität
  6. Investitionen in die Qualität frühkindlicher Bildung und Erziehung zahlen sich aus
  7. Literatur

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Bindungstheorie in pädagogischer Handlungsdimension - Zu den verhaltensbiologischen Grundlagen frühkindlichen Lernens

Auch wenn das „Bild vom Kind“ heute die vielfältigen Kompetenzen, die Kinder von Geburt an mitbringen, und die beachtliche eigene Aktivität ihrer Bildungsentwicklung in den Vordergrund stellt, so sind Kinder gerade in den ersten Lebensjahren gleichzeitig auch sehr verletzbar und völlig von der liebevollen, beständigen Pflege und Versorgung durch vertraute Bezugspersonen abhängig.

Der aktuelle Forschungsstand aus der Psychologie, Neurologie und Pädagogik zeigt, dass Kinder für Ihre Entwicklung die Befriedigung ihrer seelischen Grundbedürfnisse brauchen, ebenso wie sichere Bindungsbeziehungen für mutige Exploration, feinfühlige Zuwendung für eine optimale Gehirnentwicklung, feste Bezugspersonen auch in der Kindertageseinrichtung und schließlich Kindertageseinrichtungen in hervorragender Qualität. Dies alles brauchen Kinder für ihre Entwicklung. Gerade die hervorragende Qualität in den Kindertageseinrichtung ist teuer – aber das sollten uns unsere Kinder und ihre gesunde Entwicklung wert sein.

 

1. Befriedigung der seelischen Grundbedürfnisse


Seit den Untersuchungen von René Spitz (1945) zum Hospitalismus wissen wir, dass die Befriedigung der physischen Grundbedürfnisse (Hunger, Durst, körperliche Hygiene, Schutz vor Kälte oder Hitze) nicht ausreicht, um eine gesunde Entwicklung von Kindern zu gewährleisten. Vielmehr ist eine angemessene Befriedigung der psychischen Grundbedürfnisse die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung. Nach den beiden amerikanischen Motivationsforschern Deci und Ryan (1995) unterscheiden wir die drei psychischen Grundbedürfnisse Bindung, Kompetenz und Autonomie.

Das Grundbedürfnis nach Bindung steht für das Bedürfnis, enge zwischenmenschliche Beziehungen eingehen, sich sicher gebunden fühlen und sich als liebesfähig und liebenswert zu erleben. Dem Grundbedürfnis nach Kompetenz liegt der Wunsch nach einer effektiven Interaktion mit der Umwelt zugrunde, durch die positive Ergebnisse erzielt und negative verhindern werden können. Autonomie steht für das Grundbedürfnis nach freier Bestimmung des eigenen Handelns und selbst bestimmte Interaktion mit der Umwelt (Deci und Ryan, 1992).

Der Mensch hat die angeborene motivationale Tendenz, sich mit anderen Personen in einer sozialen Umwelt verbunden zu fühlen, in dieser Umwelt effektiv zu wirken (zu funktionieren) und sich dabei persönlich autonomautonom|||||Autonomes Handeln beinhaltet den Zustand der Selbstständigkeit, Unabhängigkeit Selbstbestimmung, Selbstverwaltung oder Entscheidungsfreiheit. und initiativ zu erfahren.

In den ersten Lebensjahren sind Kinder darauf angewiesen, dass auch ihre psychischen Grundbedürfnisse von ihrer unmittelbaren sozialen Umwelt befriedigt werden. Das Grundbedürfnis nach Bindung wird zunächst von den Eltern beantwortet. Elterliches Engagement steht für eine Beziehung zum Kind, die von Freude und Interesse am Kind geprägt ist, in welcher Gefühle offen ausgedrückt werden können und die Bezugsperson emotional und zeitlich verfügbar ist. Fehlendes elterliches Engagement reicht von mangelnder Feinfühligkeit bis zu Vernachlässigung und Misshandlung. Struktur ist notwendig, um die Kompetenz eines Kindes zu fördern, sie umfasst an den Entwicklungsstand angepasste Herausforderungen, aber auch Hilfestellung beim Erwerb von neuen Strategien. Das Gegenteil von Struktur – Chaos – ist charakterisiert von Unvorhersagbarkeit, Über- oder Unterstimulation, einem Mangel an Kontrolle und an Unterstützung beim Erreichen von Zielen (Skinner und Wellborn, 1991).

Autonomie unterstützendes Verhalten beinhaltet die Gewährung von Freiheit und Wahlmöglichkeiten bei einem Minimum an Regeln, so dass eigene Ziele erkannt und verfolgt werden können. Autonomie wird auch als Entwicklungsschritt verstanden, als Übergang zu selbst reguliertem Verhalten (Deci und Ryan, 1995), welcher jedoch nicht unabhängig von der Umwelt geschehen kann und somit sehr beeinflussbar ist (Ryan, Kuhl und Deci, 1997). Die Unterstützung von Autonomie ist demnach ein wichtiger Punkt im Verhalten von Bezugspersonen (Ryan, Deci und Grolnick, 1995). Die Hemmung von Autonomiebestrebungen kann durch übermäßige Kontrolle, Manipulation oder Strafen geschehen.

Werden die Grundbedürfnisse nach Bindung, Kompetenz und Autonomie ausreichend befriedigt, kann das Kind sich aktiv mit seiner Umwelt auseinandersetzen und die alterstypischen Entwicklungsaufgaben gut bewältigen.



2. Sichere Bindungsbeziehungen für mutige Exploration


Zu Lebensbeginn entsteht zwischen Kind und Mutter eine enge Beziehung, deren Ziel es ist, die Nähe zwischen beiden aufrechtzuerhalten, um damit dem Kind möglichst hohen Schutz zu geben. Kinder verfügen von Geburt an über ein Verhaltenssystem, das es ihnen ermöglicht, Bindungsverhalten gegenüber einer oder einigen wenigen Personen zu zeigen. Dabei ist das Kind aktiv und hat die Initiative bei der Bildung von Bindung. Es bindet sich nicht nur an die Mutterperson, die es füttert und seine leiblichen Bedürfnisse befriedigt, sondern auch an andere Personen, die einfach mit ihm spielen und interagieren (Ainsworth 1976/2003), also z.B. auch an die Tagesmutter oder die Erzieherin in der Krippe.

In den ersten Lebensmonaten zeigen Säuglinge einfach strukturierte Verhaltensmuster wie Weinen, Nähe-Suchen und Anklammern. Im Laufe des ersten Lebensjahres wird das Bindungsverhalten zunehmend komplexer. Das dem Bindungsverhalten zugrunde liegende Bindungssystem wird durch Fremdheit, Unwohlsein oder Angst ausgelöst und die Erregung wird durch Wahrnehmung der Bindungsperson, besonders durch Nähe und liebevollen Körperkontakt zu ihr und Interaktion mit ihr, beendet (Grossmann und Grossmann, 2003).

Die meisten Kinder entwickeln in den ersten neun Lebensmonaten Bindungen gegenüber Personen, die sich dauerhaft um sie kümmern. Auch wenn es zu mehreren Personen Bindungsbeziehungen entwickelt, sind diese eindeutig hierarchisch geordnet, d.h. das Kind bevorzugt eine Bindungsperson vor den anderen. Hat ein Kind eine Bindung zu einer bestimmten Person aufgebaut, so kann diese nicht ausgetauscht werden. Längere Trennungen oder gar der Verlust dieser Bindungsfigur führen zu schweren Trauerreaktionen und großem seelischen Leid (Grossmann und Grossmann, 2004).

Der Begründer der Bindungstheorie, John Bowlby (1969), hat als erster erkannt, dass Kinder von Geburt an sowohl mit einem Bindungsverhaltenssystem als auch mit einem Explorationsverhaltenssystem ausgestattet sind, und dass diese beiden phylogenetisch angelegten Verhaltenssysteme von Anfang an das Verhalten des Kindes bestimmen und damit sein Überleben und das Überleben der Art sichern. Während das Bindungsverhalten dazu dient, die Nähe zur Bindungsperson aufrecht zu erhalten oder wieder zu gewinnen, um dort Schutz zu finden, ermöglicht das Explorationsverhalten die Erkundung der Umwelt, und ist damit die Grundlage allen Lernens. Bowlby (1969; 1987/2003) hat darüber hinaus beschrieben, dass diese beiden Verhaltenssysteme komplementär sind, d.h. dass das Explorationsverhaltenssystem nur dann aktiviert werden kann, wenn das Bindungsverhaltenssystem deaktiviert ist, und umgekehrt.

Kinder sind also von Geburt an „geborene Lerner“, sie sind von Geburt an – genau genommen schon vorgeburtlich verhaltensbiologisch dafür ausgestattet zu Erkunden und zu Lernen. Die Bereitschaft zur Exploration, also zur Auseinandersetzung mit der Umwelt, ist jedoch nur dann gegeben, wenn das Bindungsverhaltenssystem beruhigt ist. Das Bindungsverhaltenssystem wird durch jeden Zustand von Unwohlsein aktiviert. Dazu gehören Hunger, Durst, Müdigkeit genauso wie Angst, Fremdheit und Überreizung. Zunächst versucht der Säugling durch Weinen die Nähe zur Bindungsperson wieder herzustellen, später durch Arme ausstrecken, Hochziehen, Nachfolgen, usw. Durch den Körperkontakt zur primären Bindungsperson (meist die Mutter) wird das Bindungsverhaltenssystem wieder beruhigt und das Explorationssystem kann wieder aktiviert werden.

Mit Vollendung des ersten Lebensjahres kann man beobachten, wie Kleinkinder ihre Bindungsperson als „sichere Basis“ nutzen, um von ihr aus die Umwelt zu erkunden. Bei Unsicherheit oder Unwohlsein kehren sie zur Bindungsperson zurück, „tanken“ im Körperkontakt zu ihr wieder Sicherheit auf, um weiter erkunden zu können (vgl. Ainsworth, 1978, Grossmann & Grossmann, 2004).

Das Bindungsverhaltenssystem dient aber auch selber dem Lernen, da es die Nähe des Kindes zur Bindungsperson aufrecht erhält und das Kind in der Interaktion mit seiner Bindungsperson am meisten von ihr lernen kann (z.B. durch Beobachtung und Nachahmung). Frühkindliche Bildungsprozesse sind also nicht unabhängig von der Entwicklung von Bindungsbeziehungen zu sehen und diese gelingen auch im Kontext sicherer Bindungsbeziehungen am besten (vgl. Ahnert, 2007). Sichere Bindungsbeziehungen sind damit die Grundlage für eine gesunde Entwicklung und für lebenslanges Lernen.

Bindung und Exploration sind jedoch nicht nur verhaltensbiologische Grundlagen frühkindlicher Entwicklung sondern auch psychische Grundbedürfnisse, deren Befriedigung durch die soziale Umwelt die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung bildet.

 

3. Feinfühlige Zuwendung für eine optimale Gehirnentwicklung


Wie Mütter auf die Bindungs- und Explorationsbedürfnisse ihres Kindes reagieren, ist sehr unterschiedlich und hängt weitgehend mit ihren eigenen Kindheitserfahrungen zusammen. Mary Ainsworth hat dieses mütterliche Antwortverhalten als Feinfühligkeit beschrieben (Ainsworth, 1978/2003). Feinfühligkeit von Bindungspersonen gegenüber den Signalen des Kindes bedeutet, sich in die Lage des Kindes versetzen zu können und es als eigenständige Person mit eigenen Bedürfnissen und Absichten anzuerkennen.

Feinfühliges Verhalten gegenüber einem Kleinkind ist die Voraussetzung für den Aufbau einer emotional vertrauensvollen und tragfähigen Beziehung und beinhaltet, die Signale des Kindes wahrzunehmen, richtig zu interpretieren und prompt sowie angemessen darauf zu reagieren.

Neuere Untersuchungen zur Rolle des Vaters und zur väterlichen Feinfühligkeit legen nahe, dass diese für eine sichere Exploration für das Kind eine ebenso bedeutende Rolle spielt, wie die mütterliche Feinfühligkeit für eine sichere Bindungsorganisation (Kindler & Grossmann 2008). Das Konzept der „feinfühligen Herausforderung im Spiel“ geht davon aus, dass der erwachsene Spielpartner in seiner Interaktion mit dem Kind nicht nur feinfühlig auf die Bindungsbedürfnisse des Kindes eingeht, sondern ebenso die Neugier, die Exploration und die Tüchtigkeit des Kindes unterstützt und fördert. Bei feinfühliger Herausforderung lässt das Kind den Beobachter deutlich erkennen, dass es das Werk selbst gemacht und so gewollt hat. Untersuchungen (vgl. Kindler & Grossmann 2008) zeigen, dass feinfühlige Unterstützung kindlicher Exploration der Bereich ist, von dem aus sich väterliche Einflüsse auf zentrale Aspekte der sozial-emotionalen und Bindungsentwicklung über Zeiträume bis zum 22. Lebensjahr entfalten.

Eine gesunde Entwicklung über den Lebenslauf braucht sowohl die Sicherheit der Exploration als auch die Sicherheit der Bindung. Feinfühliges Verhalten gegenüber einem Kind fördert somit die Befriedigung der drei psychischen Grundbedürfnisse nach Bindung, Kompetenz und Autonomie.

Die Feinfühligkeit der Eltern hat neben den Temperamenteigenschaften des Kindes Einfluss auf die Bindungsqualität zwischen Kind und Elternteil. Feinfühliges Verhalten kann mit relativ geringem Aufwand trainiert werden, und das sogar gegenüber Kindern mit sehr schwierigem Temperament. Eine der eindrücklichsten Untersuchungen dazu hat die Forscherin Dymphna van den Boom (1994) durchgeführt. Sie hat die Feinfühligkeit von Müttern von sehr irritierbaren Säuglingen durch Intervention trainiert und dadurch eine Verdoppelung der Anzahl sicherer Bindungsbeziehungen erreicht.

Ein Kind braucht von Geburt an einige wenige verlässliche Bezugspersonen, die feinfühlig seine Bedürfnisse nach Bindung und Exploration beantworten. Meistens ist die Mutter die erste, der Vater die zweite Bindungsperson und je nach Betreuungssituation kann die Tagesmutter oder Erzieherin die dritte Bezugsperson für ein Kind sein. Entscheidend für das Kind sind die Stabilität der Beziehungen und die Feinfühligkeit der einzelnen Bezugspersonen gegenüber seinen Signalen (Becker-Stoll, 2007).

Neuere Erkenntnisse aus der Neurobiologie und Gehirnforschung (Braun et al., 2009) zeigen, wie sich frühe Bindungserfahrungen auf die Entwicklung im Gehirn auswirken. Das kindliche Gehirn erfährt in den ersten Lebensjahren nicht nur ein enormes Wachstum (ca. 400g bei Geburt und ca. 1000g im Alter von zwei Jahren), sondern auch eine starke Verdichtung der neuronalen Netzwerke. Die Erkenntnisse der Hirnforschung zur Entwicklung des frühkindlichen Gehirns lassen sich in vier Aussagen zusammenfassen:

  1. Das frühkindliche Gehirn wird auch auf der Ebene der Molekularstruktur, der Entstehung von Synapsen und des Aufbaus der Vernetzungen viel stärker durch Umwelteinflüsse, insbesondere durch Erfahrungen mit den primären Bezugspersonen, beeinflusst als bisher gedacht. Die Annahme, das Gehirn, seine Entwicklung auf struktureller Ebene und seine Leistungsfähigkeit seien im Wesentlichen genetisch bestimmt, muss heute revidiert werden. Es sind nicht die Gene, sondern die Erfahrungen, die das Kind vorgeburtlich und in den ersten fünf Lebensjahren mit seiner unmittelbaren sozialen Umwelt – seinen wichtigsten Bezugspersonen – macht, die über die spätere Leistungsfähigkeit des Gehirnes entscheiden (Braun 2002/2009).

     

  2. Damit sich im Gehirn neue Strukturen und Vernetzungen entwickeln können, bedarf es eines gleichzeitigen Zusammenwirkens dreier Bereiche: Sinnes- und Bewegungszentren im Neocortex, Limbisches System – Emotionszentrum und präfrontaler Cortex. Nur die gleichzeitige Stimulation dieser drei Areale führt zum Aufbau neuer Strukturen, die auch nachhaltig sind. Diese optimale Stimulation erfährt das frühkindliche Gehirn am besten in der liebevollen Interaktion mit seiner Hauptbezugsperson, weil dabei – eingebettet in eine emotional bedeutsame Beziehung – visuelle, auditive, taktile Reize mit dem Limbischen System und dem präfrontalen Cortex vernetzt werden. Durch Fernsehen oder Videos werden Babys nicht klüger, weil sie bei einer solchen Reizdarbietung keine Stimulation des emotionalen Zentrums, des Limbischen Systems, erleben. Dabei findet keine gleichzeitige Aktivierung verschiedener zentraler Areale, sondern nur eine visuelle und auditive Stimulation ohne emotionale Einbettung statt.

     

  3. Frühkindliches Lernen findet dann statt, wenn die Aktivität vom Kind ausgeht und es selbst erkundet, handelt, begreift, erfährt – mit möglichst vielen Sinnen und in emotionaler Sicherheit. Das frühkindliche Gehirn ist für aktives Erkunden und Lernen geschaffen. Jedes vom Kind ausgehende aktive Erkunden, Lernen, Begreifen, Verstehen wird durch „Belohnungsmechanismen“ unterstützt. Mit jeder Erkenntnis erfährt das Kind eine intrinsische Beglückung, sodass es immer weiter verstehen und lernen möchte. Dieser Belohnungsmechanismus funktioniert jedoch nur bei selbst initiiertem Lernen. Frühkindliches Lernen unterscheidet sich von erwachsenem Lernen, indem es ausschließlich von der unmittelbaren eigenen Erfahrung, der eigenen Aktivität abhängt. Heranwachsende und Erwachsene können auch aus Erklärungen und Informations- oder Wissensvermittlung im herkömmlichen Sinne lernen.

     

  4. Die emotionale Sicherheit ist umso bedeutsamer, je jünger ein Kind ist. Sie ist Voraussetzung dafür, dass das Kind sich mit seiner Umwelt aktiv auseinandersetzen kann und Grundlage jedes Lernens. Kinder lernen in und durch die Beziehung zu ihren primären Bezugspersonen. Auch die angeborenen Spiegelneurone des Säuglings können sich nur dann entfalten, wenn sie durch soziale Interaktion mit den Bezugspersonen stimuliert werden (Bauer 2005).


4. Feste Bezugspersonen auch in der Kindertageseinrichtung


Kindern, die eine sichere Bindungsbeziehung zu ihren Eltern entwickelt haben, fällt es leichter, als unsicher gebundenen, auch zu anderen Erwachsenen vertrauensvolle Beziehungen aufzubauen. Bei kleinen, stabilen Gruppen und günstigen Rahmenbedingungen, die es der Erzieherin erlauben, feinfühlig auf die einzelnen Kinder einzugehen, kann die vertrauensvolle Beziehung zwischen Erzieherin und Kind auch zur weiteren, nach geordneten Bindungsbeziehung werden. Selbst im Gruppengeschehen kann beobachtet werden, wie sich Kleinkinder in misslichen und belastenden Situationen ihren Betreuungspersonen zuwenden, um sich trösten zu lassen und Sicherheit zu gewinnen. Diese Beziehungen können als Erzieher-Kind-Bindungen gelten, wobei das Kind Bindungssicherheit seltener mit der Erzieherin als mit seiner Mutter ausbildet. Erzieherin-Kind-Bindungen sind weder durch die Qualität der Mutter-Kind-Bindung festgelegt, noch können sie die Beziehung zur Mutter ersetzen. Sie scheinen funktionell zunächst auf die Bertreuungssituationen in der Krippe beschränkt zu bleiben (Ahnert, 2006,2007, 2010).

Die Beziehungen zwischen dem Kind und der Erzieherin werden durch fünf Eigenschaften beschrieben, die neben zuwendenden, Sicherheit gebenden und Stress reduzierenden Aspekten auch Unterstützung und Hilfen beim kindlichen Erkunden und Erwerb von Wissen einschließen (vgl. Booth et al. 2003; Ahnert 2006/2007):

  1. Zuwendung: Eine liebevolle und emotional warme Kommunikation ist die Grundlage einer Bindungsbeziehung, bei der das Kind und die Erzieherinnen Freude am Zusammensein und an einer gemeinsamen Interaktion haben.

     

  2. Sicherheit: Kinder spielen intensiver und erkunden ihre Umwelt aufgeschlossener, wenn die Erzieherinnen bei diesen eigenaktiven Tätigkeiten des Kindes verfügbar bleiben.

     

  3. Stressreduktion: Befindet sich das Kind in einer misslichen Lage, wird es Trost und Unterstützung suchen. Mit dem Ziel, den Stress zu mildern, helfen Erzieherinnen dem Kind, seine negativen Emotionen zu regulieren, Irritationen und Ängste zu überwinden und zu einer positiven emotionalen Stimmungslage zurückzukehren.

     

  4. Explorationsunterstützung: Das eigenständige Erkunden entwickelt sich insbesondere dann, wenn das Kind bei Unsicherheiten und Angst zu den Erzieherinnen zurückkehren oder sich rückversichern kann. Eine Erzieherin wird das Kind gleichzeitig zu neuem Erkunden ermutigen.

     

  5. Assistenz: Gelangt das Kind bei schwierigen Aufgaben an die Grenzen seiner Handlungsfähigkeit, braucht es zusätzliche Informationen und Unterstützung. Besteht eine sichere Erzieherin-Kind-Bindung, sucht das Kind diese Hilfen vorrangig bei dieser Bindungsperson.

Eingewöhnung und sichere Erzieherin-Kind-Bindung

Wurden die Kinder früher am ersten Tag in der Einrichtung einfach abgegeben, so weiß man heute, dass die Gestaltung der Eingewöhnung entscheidend für die weitere Karriere des Kindes in außerfamiliärerer Betreuung ist. Heute ist die Eingewöhnung ein Qualitätsstandard. Sie wird über einen Zeitraum von mindestens vier Wochen elternbegleitet, bezugspersonenorientiert und abschiedsbewusst durchgeführt (Haug-Schnabel und Bensel, 2006).

Elternbegleitet heißt, dass das Kind in Anwesenheit und Begleitung seiner wichtigsten Bezugsperson die fremde Umgebung der Kindertageseinrichtung und seine Bezugserzieherin kennen lernen kann. Der begleitende Elternteil dient dem Kind als sichere emotionale Basis, von der aus es dieses neue Umfeld erkunden kann. Die Bezugserzieherin widmet sich in dieser Eingewöhnungsphase dem neuen Kind ganz und versucht eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufzubauen, um so selber zu einer sicheren Basis für das Kind in der Kindertageseinrichtung zu werden. Abschiedsbewusst heißt, dass es einen klaren Abschied gibt, zu dem bald das verinnerlichte Vertrauen auf die Rückkehr der Mutter gehört.

Die Untersuchungen von Ahnert (2004) in Berlin machen deutlich, dass Kleinkinder erhebliche Anpassungsbelastungen zeigen, wenn sie die Tagesbetreuung ohne Eingewöhnung beginnen. Die Anwesenheit der Eltern während der Adaption des Kindes in der Krippe stellt eine nachweisliche Entlastung für das Kind dar, selbst wenn die Kinder dann bei den Trennungen ausgeprägter protestieren. Ziel einer behutsamen Eingewöhnung ist es, dass das Kind ausgehend von der sicheren Basis seiner primären Bindungsfigur die zunächst fremde Umgebung der Krippe kennen lernen kann und zu seiner Bezugserzieherin Vertrauen fassen kann. Ein deutliches Anzeichen von gelungener Eingewöhnung ist, wenn das Kind aktiv bei seiner Erzieherin Trost sucht und findet. Dies konnten Ahnert und ihre Mitarbeiter in zeigen (Ahnert, 2006,2007).

In einer Meta-Analyse über 40 wissenschaftliche Studien mit über 2800 Kindern konnten Ahnert, Pinquart und Lamb (2006) zeigen, dass Kinder auch zu Tagesmüttern oder Erzieherinnen und Erziehern sichere Bindungsbeziehungen entwickeln, dass jedoch in größeren Gruppen eine andere, gruppenspezifische Aufmerksamkeit und Feinfühligkeit von Seiten der Erzieherinnen nötig ist, um emotional sichere Beziehungen zu Kindern aufzubauen, und dass dies zu Mädchen häufiger gelingt als zu Jungen. Sichere Erzieher-Kind-Bindungen entstehen in Kindergruppen, in denen die Gruppenatmosphäre durch ein empathisches Erzieherverhalten bestimmt wird, das Gruppen bezogen ausgerichtet ist und die Dynamik in der Gruppensituation reguliert. Dieses Erzieherverhalten bildet sich insbesondere in kleinen und stabilen Gruppen aus (Ahnert, 2006,2007).

 

5. Kindertageseinrichtungen in hervorragender Qualität


Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist gerade bei der Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern unter drei Jahren auf höchste Qualität zu achten, weil in den ersten Lebensmonaten und Jahren die Grundlagen für die weitere gesunde Entwicklung gelegt werden und weil Säuglinge, Babys und Kleinkinder für die Befriedigung ihrer physischen und psychischen Bedürfnisse völlig von ihrer sozialen Umwelt abhängig sind.

Ein Kind braucht von Geburt an einige wenige verlässliche Bezugspersonen, die feinfühlig seine Bedürfnisse nach Bindung und Exploration beantworten. Entscheidend für das Kind sind die Stabilität der Beziehungen und die Feinfühligkeit der einzelnen Bezugspersonen gegenüber seinen Signalen (Grossmann und Grossmann, 2004). Kinder unter drei Jahren brauchen eine professionelle Eingewöhnung in die außerfamiliäre Betreuungssituation, sie brauchen feste Bezugserzieherinnen und ihnen vertraute Ersatzkräfte, sie brauchen liebevolle Pflege und Zuwendung durch ihre Bezugserzieherin beim Wickeln, An- und Auskleiden, Essen, Einschlafen und Aufwachen, aber auch beim Ankommen und beim Abschied in der Kindertageseinrichtung. Kinder unter drei Jahren brauchen altersangemessene, gesunde Frischkost, sie brauchen sorgfältige Hygienemaßnahmen, geeignete Raum- und Materialausstattung, und sehr gut vorbereitete und dokumentierte Bildungsbegleitung. Kinder unter drei Jahren brauchen hochqualifizierte pädagogische Fachkräfte, die gemeinsam mit den Eltern das Kind in seiner Bildungsentwicklung begleiten und ermutigen.
 

Empirische Untersuchung zur Qualität in Krippen

Eigene Untersuchungen (Wertfein, Spies-Kofler, Becker-Stoll, 2009) zur Bildungsqualität in Krippen zeigen, dass Bildungsangebote für Kinder unter drei Jahren im pädagogischen Alltag am besten realisiert werden, wenn die Qualität der Krippe auf den verschiedenen Ebenen gut ist. Dabei bilden die strukturellen Bedingungen in der Einrichtung den Möglichkeitsrahmen, in welchem pädagogische Arbeit stattfindet.

Als entscheidend für das Gelingen der pädagogischen Arbeit erwiesen sich aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte die konkreten Rahmen- und Arbeitsbedingungen, das Arbeitsklima und die Zusammenarbeit im Team. Besonders eingefordert wurden eine angemessene Vor- und Nachbereitungszeit für Bildungsangebote, für Beobachtung und Dokumentation, für Elterngespräche sowie eine angemessene und flexible Personalausstattung insbesondere zur Entlastung während der Eingewöhnungsphase sowie im Falle von kurzfristigen Personalausfällen. Darüber hinaus wünschen sich die befragten Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen mehr Angebote zur Fort- und Weiterbildung und erhoffen sich künftig mehr (auch finanzielle) Anerkennung für ihre anspruchsvolle pädagogische Tätigkeit. Die Eltern legten besonderen Wert auf eine gute pädagogische Arbeit in der Einrichtung. Die Studienergebnisse legen nahe, dass personelle und zeitliche Ressourcen entscheidende Faktoren im Hinblick auf die Qualität frühkindlicher Tagesbetreuung im Sinne der Trias „Bildung, Erziehung und Betreuung“ darstellen: Die Rahmenbedingungen frühkindlicher Betreuungsangebote müssen den besonderen Bedürfnisse der Kinder und Eltern in den ersten drei Lebensjahren angepasst werden.

Die pädagogische Arbeit in Kinderkrippen zeichnet sich durch hohe fachliche Anforderungen sowie einen erhöhten Personal- und Zeitbedarf aus. Wesentliche Voraussetzungen sind sichere Arbeitsbedingungen (statt Fluktuation) und die Entlastung (statt Überforderung) des pädagogischen Personals für verlässliche Beziehungen zwischen pädagogischen Fachkräften, Kindern und Eltern (Wertfein, Spies-Kofler, 2008; Wertfein, Spies-Kofler, Becker-Stoll, 2009).

 

6. Investitionen in die Qualität frühkindlicher Bildung und Erziehung zahlen sich aus


Verschiedene nationale und internationale Forschungsergebnisse zeigen eindrücklich, dass Investitionen in die Qualität der frühkindlichen Bildung den nachhaltigsten volkswirtschaftlichen Nutzen darstellen. Diese Erkenntnis wurde durch die Modellierung der Ökonomen Flavio Cunha & James Heckman wissenschaftlich untermauert und liegt als Modell auch anderen Studien zur volkswirtschaftlichen Rendite frühkindlicher Bildung zugrunde (Cunha & Heckman, 2007; 2008). Cunha und Heckman (2007) gehen davon aus, dass sich die Fähigkeiten eines Kindes in Stufen entwickeln. Die auf verschiedenen Stufen der Kindheit erworbenen Fähigkeiten stehen in Bezug zu einem messbaren späteren sozioökonomischen Erfolg. Ein höherer Bildungsstand geht im statistischen Durchschnitt über den ganzen Lebenslauf hinweg einher mit höherem gesellschaftlichem Status und Wohlstand. Aus der großen Bedeutung der Bildung für den individuellen Lebensstandard leiten Cunha/Heckman (2007) ein ökonomisches Modell des Erwerbs von kognitiven und nicht-kognitiven Fähigkeiten ab. Sie stellen dabei fest, dass sich frühe Ungleichheiten im Erwerb von Fähigkeiten im späteren Leben (Adoleszenz und Erwerbsleben) nur schwer korrigieren lassen. Die Unterschiede, die im Alter von fünf bis zehn Jahren bestehen, setzen sich in der Regel in der weiteren Bildungs- und Erwerbslaufbahn fort (vgl. Cunha/Heckman 2007, 3). Damit kommen sie zum Fazit, dass Investitionen in den Humankapitalaufbau bei Kindern im frühkindlichen Bereich die ökonomisch effizientesten Interventionen im Bildungsbereich sind. Allerdings kann dieser Effekt nur weiter aufrechterhalten werden, wenn darauf weitere Investitionen im Lebenslauf folgen (Cunha/Heckman 2007, 5).

Die von Pfeiffer und Reuß 2008 vorgelegte Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim weist den volkswirtschaftlichen Nutzen von Investitionen in frühkindliche Bildung für Deutschland nach, in dem sie die Modellierung von Cunha und Heckman für Deutschland anwendet. Jeder Euro mehr, den der Staat für die Entwicklung von Fähigkeiten im frühen Kindesalter ausgibt, zahlt sich aus. Bei jährlichen Mehrausgaben von rund 660 Euro für die frühkindliche Bildung eines Kindes im Alter von einem bis sechs Jahren kann sich das spätere Lebenseinkommen des so geförderten Kindes um bis zu rund 55.590 Euro erhöhen. Die ZEW-Studie zeigt, dass benachteiligte Kinder am stärksten von höheren Investitionen im frühen Kindesalter profitieren. Studien wie IGLU oder PISA belegen, dass die Ungleichheit von Fähigkeiten und gemessenen Schülerkompetenzen bereits sehr früh sichtbar und in hohem Maße vom Familienhintergrund abhängig ist. Denn für die Gehirnentwicklung sind die Erfahrungen in der frühen Kindheit, die das Kind im täglichen Umgang mit den Eltern und der Umgebung macht, strukturbildend, im Positiven wie im Negativen. Kinder aus benachteiligten Verhältnissen sind daher stärker von Schulversagen und späterer Arbeitslosigkeit bedroht als ihre Altersgenossen in einem Umfeld aus kompetenten Erwachsenen, die sich hinreichend um diese Kinder kümmern.

Vor diesem Hintergrund zeigt die Studie des ZEW, dass gerade Kinder mit zu geringen Investitionen in ihre Fähigkeiten überdurchschnittlich hohe Erträge von zusätzlichen frühkindlichen Bildungsinvestitionen erwarten können. Um festzustellen, wie hoch die potenziellen Erträge zusätzlicher staatlicher Bildungsinvestitionen sein könnten, wird in der Studie des ZEW ein Simulationsmodell zur Humankapitalbildung über den Lebenszyklus mit Daten zur Ungleichheit von

Schülerleistungen und Arbeitsverdiensten in Deutschland verbunden. Es zeigt sich, dass bei den zehn Prozent der Kinder mit dem ungünstigsten familiären Hintergrund die zusätzliche Förderung eine Erhöhung des Lebenseinkommens (bis 65 Jahre) um 55.590 Euro bewirken könnte. Bei den zehn Prozent der Kinder mit dem günstigsten familiären Umfeld läge die Erhöhung immerhin noch bei 32.000 Euro.

Auch Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren würden von zusätzlichen staatlichen Investitionen in ihre Entwicklung profitieren, allerdings weniger stark. Bei ihnen hätten staatliche Mehrausgaben von 430 Euro pro Kopf und Jahr in dieser Lebensspanne eine Erhöhung des Lebenseinkommens um bis zu 37.177 Euro für die zehn Prozent Kinder aus ungünstigsten familiären Verhältnissen zur Folge. Für die zehn Prozent der Kinder mit besonders günstigem familiären Umfeld würde sich das Lebenseinkommen um 21.000 Euro erhöhen.

Die Ergebnisse der ZEW-Studie zeigen somit, dass eine Politik, die das Humankapital erhöhen und Ungleichheit abbauen will, stärker in die frühkindliche Entwicklung von Fähigkeiten investieren müsste, dabei aber auch die weitere Qualität der Bildungsangebote sichern muss. Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt auch die von der Bertelsmannstiftung vorgelegte Studie zum Krippenbesuch (Fritschi & Oesch, 2008). Im Auftrag der Stiftung hatte das "Schweizer Büro für Arbeits- und sozialpolitische Studien" (BASS) die Geburtsjahrgänge von 1990 bis 1995 der in Deutschland geborenen Kinder anhand der Daten des Sozioökonomischen Panels (SOEP) analysiert. Von den Kindern in den betrachteten Jahrgängen haben lediglich 16 Prozent eine Krippe besucht. Der Studie zufolge hat die frühkindliche Bildung einen hohen Einfluss auf den späteren Bildungsweg. Für den Durchschnitt der Kinder aus den untersuchten Jahrgängen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, von 36 Prozent auf rund 50 Prozent, wenn sie vorher eine Krippe besucht haben. Für benachteiligte Kinder liegt die Verbesserung der Bildungschancen durch einen Krippenbesuch noch höher. Von diesen Kindern gehen rund zwei Drittel mehr aufs Gymnasium. Bei den Analysen ging die elterliche Bildung und das Familieneinkommen ein. Auch der langfristige volkswirtschaftliche Nutzen durch den verstärkten Ausbau von Krippenplätzen ist erheblich. Ein Gymnasialabschluss erhöht die Wahrscheinlichkeit, ein höheres Lebenseinkommen zu erzielen. Die durchschnittliche Differenz zwischen den erwarteten diskontierten Lebenseinkommen von Personen mit und ohne Abitur beträgt rund 230.000 Euro. Hiervon sind durchschnittlich fast 22.000 Euro an Brutto-Mehreinkommen (inkl. Arbeitgeberbeiträge) auf Effekte des Krippenbesuchs zurück zu führen.

Die Berechnungen basieren auf Querschnittdaten für die Jahre 1996 bis 2005 des Sozioökonomischen Panels (SOEP), zu Preisen von 2005. Damit werden durch den Krippenbesuch eines Kindes volkswirtschaftliche Nutzeneffekte ausgelöst, die nahezu dreimal höher sind als die entstandenen Kosten für den Krippenbesuch von rund 8.000 Euro für eine durchschnittliche Verweildauer von 1,36 Jahren.
 

Diese Erkenntnisse können auch auf die kommunale Ebene angewendet werden

Qualitativ gute Kindertageseinrichtungen können Kindern aus belasteten Familien kompensatorische Beziehungs- und Bildungserfahrungen bieten. Je früher dies möglich ist, desto größer ist die präventive Wirkung, je älter das Kind ist, desto höher sind die „Reparaturkosten“. Ein ausreichendes Angebot an Plätzen für Kinder unter 3 Jahren in guten Kindertageseinrichtungen macht Kommunen für gut ausgebildete Arbeitnehmer attraktiv. Fehlende Angebote führen zum Wegzug dieser jungen Familien und damit der Leistungsträger in der Gemeinde.

Der aktuelle Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren bietet uns jetzt die Chance, von Anfang an auf Qualität zu setzen. Zentrales Qualitätsmerkmal frühkindlicher Bildung und Erziehung sind genügend gut ausgebildete Fachkräfte, damit jedes Kind in seiner Bildungsentwicklung feinfühlig begleitet wird. Schlechte Betreuung für Kinder unter drei Jahren wird uns und vor allem unseren Kindern sehr teuer zu stehen kommen – viel teurer als alle Investitionen in gute Bildungsqualität.

 

 

Literatur


  • Ahnert, L. (2004). Bindungsbeziehungen außerhalb der Familie: Tagesbetreuung und Erzieherinnen-Kind-Bindung. In L. Ahnert (Hrsg.). Frühe Bindung. Entstehung und Entwicklung (S. 256–277). München: Reinhardt.

     

  • Ahnert, L. (2006). Anfänge der frühen Bildungskarriere. Frühe Kindheit: die ersten sechs Jahre (6), 18-23.

     

  • Ahnert, L. (2010). Wie viel Mutter braucht das Kind? Bindung – Bildnug – Betreuung: öffentlich und privat. Heidelberg: Spektrum.

     

  • Ahnert, L. (2007). Von der Mutter-Kind- zur Erzieherinnen-Kind-Bindung. In F. Becker-Stoll & M. R. Textor (Hrsg.), Die Erzieherin-Kind-Beziehung. Zentrum von Bildung und Erziehung (S. 31–41). Berlin, Düsseldorf & Mannheim: Cornelsen Scriptor.

     

  • Ahnert, L., Pinquart, M. & Lamb, M. L. (2006). Security of chilren's relationships with nonparental care providers: A meta-analysis. Child Development, 74 (3), 664-679.

     

  • Ainsworth, M. (1976/2003). Skalen zur Erfassung mütterlichen Verhaltens: Feinfühligkeit vs. Unempfindlichkeit gegenüber den Signalen des Babys. In K. Grossmann & K.E. Grossmann (Hrsg.). Entwicklung der Lernfähigkeit (S. 96–107).

     

  • Ainsworth, M.D.S. (1974/2003). Muster von Bindungsverhalten, die vom Kind in der Interaktion mit seiner Mutter gezeigt werden. In: K.E. Grossmann & K. Grossmann (2003). Bindung und menschliche Entwicklung. John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie. Stuttgart: Klett-Cotta.

     

  • Ainsworth, M.D.S. (1978/2003). Skalen zur Erfassung mütterlichen Verhaltens: Feinfühligkeit versus Unempfindlichkeit gegenüber den Signalen des Babys. In K.E. Grossmann (Ed.), Entwicklung der Lernfähigkeit. München: Kindler, 96 - 107.

     

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Videobeitrag: Bindungstheorie in pädagogischer Handlungsdimension (PD Dr. Fabienne Becker-Stoll) 

 



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