Schwierige Elterngespräche in der KiTa

Herausforderungen & Möglichkeiten

Inhaltsverzeichnis

  1. Stress & Konflikt im Gespräch
  2. Wenn Eltern kämpfen
  3. Beratung im Zwangskontext – in der Kita?
  4. Psychische Krankheiten - Scham & Tabus in Familien
  5. Geschlossene Systeme – wenn Familien „dichtmachen“
  6. Verdacht auf sexuellen Missbrauch
  7. Grenzen in der Zusammenarbeit mit Eltern?!
  8. Ausblick - Supervision als qualitätssicherndes Instrument
  9. Literatur

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Geschlossene Systeme – wenn Familien „dichtmachen“

Pädagogische Fachkräfte aus Kitas und anderen sozialen Diensten, wie z. B. den Jugendämtern werden immer öfter mit ganz besonderen Familiensystemen konfrontiert. Nämlich mit Familien, die einer sogenannten Sekte angehören, eine Form von religiösen (z.B. den gewaltbereiten Salafismus) oder politischen Extremismus (z.B. Rechtsextremismus) praktizieren oder traditionell-kulturelle Wurzeln haben (z.B. Roma und Sinti). Diese Familien leben ihren Alltag oft als geschlossenes System (Koch 2018).

„In sich geschlossene Familiensysteme funktionieren gemeinsam mit „Gleichgesinnten“ in einer „eigenen Welt“ und gewähren Außenstehenden kaum Einblick, da sie als bedrohlich und feindlich benannt oder erlebt werden. Kommt es aufgrund der Betreuung von Kindern aus geschlossenen Familiensystemen im Kindergarten oder durch die Schulpflicht zu Berührungspunkten mit der „feindlichen“ Welt, stehen die Fachkräfte vor großen Herausforderungen im Umgang mit den Kindern und ihren Eltern. Die beidseitige Fremdheit mit der Welt des anderen belastet den Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung. Für pädagogische Fachkräfte besteht hohe Unsicherheit und Überforderung, da die gängigen Methoden bei diesen Familien oftmals nicht greifen.“ (ebd.)

Virginia Satir unterscheidet zwischen offenen und geschlossenen Familiensystemen. Nach Satir zeichnen sich geschlossene Systeme dadurch aus, dass Macht und Pflichterfüllung vorrangig sind und der Selbstwert zweitrangig. Die Handlungen haben den Launen des Chefs zu entsprechen und jeder Veränderung wird Widerstand entgegengesetzt (Satir 2016 S. 118 ff).

In letzter Zeit tauchte dieses Thema im Rahmen von Fachberatung und Supervision auf in Form von zur Sprache gebrachter Sorge durch einzelne Leitungen und Mitarbeiter*-innen. Es bezog sich in einem Fall auf einen Partner einer alleinerziehenden Mutter, der als Reichsbürger bekannt war. In zwei anderen Fällen handelte es sich um bekannte rechtsradikale Eltern(-teile). In städtischen Regionen gab es Berührungspunkte mit Eltern, speziell Vätern, bei denen ein neo-salafistischer Hintergrund vermutet wurde. In fast allen dieser Familien griffen die o. g. Aspekte und es gab bei den Kitamitarbeiter*innen verstärkt Bedarf nach Beratung. Für Angehörige und Fachkräfte gibt es seit einiger Zeit spezialisierte Beratungsstellen, wie z. B. beRATen e.V. in Hannover oder radius in Hildesheim.

In diesen Fällen besteht für die Fachkräfte die Herausforderung bei den Eltern anzukoppeln. Manchmal lassen die Eltern dies nicht zu. Solange sie jedoch ihre Kinder in die Einrichtung bringen ist eine Möglichkeit zur Kooperation im Sinne der Kinder gegeben. Mit der systemischen Haltung der Neutralität, kann es gelingen, in der Neugier den Eltern gegenüber zu bleiben. Cecchin hat das Konzept der Neugier eingeführt: wer neugierig bleibt, hat am ehesten die Position der Neutralität inne (Cecchin 1988).

„Der professionelle Helfer bringt dahin gehend eine neutrale Einstellung mit, dass er nicht erwartet, dass der Klient die Dinge ebenso sieht, wie sie möglicherweise er, der Helfer, (...) sie sieht. Dadurch ist es dem professionellen Helfer möglich, eine Position des Sowohl-als-auch einzunehmen, die die Möglichkeit für ihn und den Klienten bietet, Differenzen in Erklärungsversuchen und beim Erkunden von Handlungsoptionen zum Thema Gespräche und Gegenstand von Veränderungsschritten werden zu lassen.“ (Conen/Cecchin 2016, S. 146)


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