Vielfalt verbindet!

Ressourcenvoll als starkes Team zusammenwirken

Ist Ihr Team vielfältig? Schauen Sie sich mal genau um: Vielleicht wirken hier Fachkräfte mit ganz individuellen Erfahrungen, Persönlichkeiten und Fähigkeiten zusammen. Diese Vielfalt unter einen Hut zu bekommen, ist gar nicht so selbstverständlich. Auch Umbrüche in der Teambesetzung machen die Sache nicht leichter, immer wieder gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Andererseits bietet diese Vielfalt ebenso viele Chancen, wenn wir sie ganzheitlich und ressourcenorientiert betrachten: Wie es gelingen kann, aus einer „bunten Truppe“ langfristig ein starkes „Dream-Team“ zu machen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

kug20161112 KruegerTeams sind in der fachlichen Kooperation nur so gut, wie die Beziehungsqualität unter den einzelnen Mitgliedern: Denn das ist die meistens „verborgene“ Basis für die professionelle Zusammenarbeit auf der Sachebene. Der Faktor Vielfalt unterstreicht dabei die Notwendigkeit, tragfähige Beziehungen aufzubauen, die es jedem Mitglied ermöglichen, sich mit den individuellen Qualitäten gut einzubringen und dabei Zugehörigkeit im „Wir“ zu erfahren. Dieser Zustand lässt sich jedoch kaum von heute auf morgen erreichen, sondern es handelt sich um eine gemeinsame Entwicklungsaufgabe: Der Ansatz der ressourcenorientierten Teamentwicklung ermöglicht es, diesen Prozess ganzheitlich und systematisch anzugehen. Eine zentrale Rolle nimmt dabei die Arbeit mit Werten und der inneren Haltung ein: So gelingt eine stimmige Entwicklung von „innen“ nach „außen“.

Ressourcenorientierte Gestaltung

Das Persönlichkeitsmodell der Logischen Ebenen nach Robert Dilts (2010) dient als Struktur für diese Gestaltungsaufgabe: Denn die Ebenen greifen gezielt die Vielfalt von Menschen und ihren Eigenschaften auf und bieten wirksame Zugänge, um die Teambildung ressourcenorientiert und ganzheitlich zu entwickeln.

Als Menschen leben und arbeiten wir immer in einer bestimmten Umgebung – der Umwelt, die uns prägt, die sich aber auch gleichzeitig auf uns auswirkt, so z. B. direkt auf unser Verhalten. Hier geht es um die Bandbreite der Handlungsmöglichkeiten und Ausdrucksweisen, die einer Person zur Verfügung stehen und ebenfalls äußerlich beobachtbar sind. Die Basis hierfür bilden die Fähigkeiten, also erlernte Kompetenzen, „Know-how“ und Talente. Dahinter liegt die Ebene der Werte: Jeder Mensch trägt solche zunächst „unsichtbare“ grundlegende Überzeugungen und Werte in sich, die als innere Haltung unterbewusst wie Antreiber wirken und Motivation freisetzen. In gebündelter Form münden diese Werte in das Selbstbild, der Identität, einer Person bzw. einer Gruppe, als Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“ bzw. „Wer sind wir?“ Zuletzt steht darüber die Ebene der Vision, die den höheren Sinn und Zweck trägt. Hier geht es um die übergeordnete Zugehörigkeit oder die Mission von Personen, für etwas Größeres einen Beitrag zu leisten.

Praxisimpulse zur ganzheitlichen Teamentwicklung

Dadurch, dass die Ebenen logisch zueinander in Verbindung stehen und sich wechselseitig beeinflussen, bieten sie gezielte Ansatzpunkte zur systematischen Teamentwicklung. Die folgenden Praxisimpulse zeigen Ihnen exemplarische Möglichkeiten, um entlang der einzelnen Ebenen Team-Ressourcen aufzuspüren.

Ebene Umwelt
Räume und Ausstattung der Kita haben nicht nur Einfluss auf die Kinder, sondern ebenso auf die Zusammenarbeit und das Wohlbefinden der Erzieherinnen. Daneben sind die Einbettung der Teammitglieder mit bestimmten Rollen und Verantwortungsbereichen in der Organisation Kita, aber auch die Rahmenbedingungen des Trägers entscheidend, um gut zusammenzuwirken. Nicht zuletzt wird ein Team durch die Personen aus der direkten beruflichen Umwelt beeinflusst (Kinder, Eltern, Kooperationspartner, weitere Kitas, Trägervertreter etc.). Die folgenden Reflexionsfragen unterstützen Sie bei einer gründlichen Bestandsaufnahme im ersten Schritt in Form einer gemeinsamen „Klimakonferenz“.

Mit Blick auf die genannten Umweltmerkmale unseres Kita-Teams:

Was sind unsere ...

  • Sonnenseiten: Was unterstützt uns von außen als Ressource und wirkt positiv auf die vorhandene Vielfalt im Team?
  • Regenwolken: Welche Aspekte aus der Umwelt stellen uns vor Herausforderungen und trüben die Zusammenarbeit?
  • Windböen: Was könnten Anstöße und konkrete Ideen zur Veränderung sein? Wie können wir hierzu unsere eigenen oder äußeren Ressourcen nutzen?

Die Sichtung und Diskussion der Antworten und Ideen liefern Ihnen wertvolle Ansatzpunkte zur Planung der weiteren Team- und Kita-Entwicklung als nächsten Schritt.

Ebene Verhalten
Die Verhaltensweisen der Teammitglieder im Kita-Alltag bestimmen das Gelingen der Zusammenarbeit. Das klingt zunächst simpel, macht es aber in der Praxis häufig kompliziert: Denn dort, wo unterschiedliche Menschen zusammentreffen, gibt es ebenso vielfältige und meistens unausgesprochene Vorstellungen darüber, was mit Blick auf die Umgangsformen der Kooperation als „normal“ und professionell angesehen wird.

Daher ist es wichtig, diese individuellen Erwartungen transparent zu machen und grundlegende „Spielregeln“ im Team zu finden, die als gemeinsam geteiltes Verständnis den Umgang miteinander bestimmen.

Lassen Sie hierzu einmal folgende Fragen von allen Teammitgliedern beantworten:

  • Wie möchten wir miteinander umgehen?
  • Was brauche ich, um mich im Team optimal einbringen zu können?

Stimmen Sie die einzelnen Rückmeldungen weiter gemeinsam ab, um diese als schriftlich ausformulierte Spielregeln von allen im Team unterschreiben zu lassen. Dadurch werden die Vereinbarungen symbolisch gefestigt und alle erklären sich mit dem „Vertrag“ der Zusammenarbeit einverstanden.

Wenn neue Teammitglieder dazustoßen, werden die Spielregeln entsprechend vorgestellt und ggf. in gemeinsamer Runde angepasst bzw. erweitert. Damit die Spielregeln in der Praxis Wirkung entfalten, ist es wichtig, dass sich die Mitspieler bei Bedarf gegenseitig an deren Einhaltung erinnern bzw. diese bewusst einfordern.

Ebene Fähigkeiten
Hier kommt besonders die Vielfalt der individuellen Talente, Fähigkeiten und Stärken zum Vorschein, die jede Person in das Team einbringt und dieses als Ressourcen bereichern. Damit sich die Teammitglieder zunächst ihrer eigenen Stärken, aber auch ihrer Unterschiedlichkeit mit Blick auf Grenzen bewusst werden, kann ein Ressourcen-Dialog helfen (nach einer Methode von Klaus Holetz: www.systalo.de):

Der Austausch erfolgt in 3er-Gruppen, wobei die Rollen A, B, C verteilt werden. Der Dialog wird nach folgendem Ablauf geführt, im Nachgang werden die „entdeckten“ Ressourcen im ganzen Team geteilt:

1. Schritt (5 Min.):
A berichtet B:
Was fällt mir leicht?
Was fällt mir schwer?
Was sind meine einmaligen Stärken, Fähigkeiten, Talente?
B: hört präsent und aufmerksam zu, bleibt still und beobachtet dabei A.
C: schreibt Notizen für A mit, während A erzählt, und stoppt die Zeit.

2. Schritt (2 Min.):
B: wiederholt das Gehörte an A.
C: notiert evtl. Ergänzungen und stoppt die Zeit.
3. Schritt: Rollenwechsel, so dass jeder einmal A, B, C ist!

Ebene Werte
Werte wirken als Antreiber für das Handeln im Team, sie spiegeln die innere Einstellung wider und sind somit für die Motivation verantwortlich. Wenn sich also jeder gemäß seiner persönlichen Werte in ein Team einbringen kann, wird das individuelle Potenzial entfaltet und es entsteht eine kraftvolle Zusammenarbeit. Andersherum betrachtet, lassen sich von dieser zentralen Ebene aus ebenso die Ursachen vieler Konflikte in Gruppen erklären und moderieren, denn diese basieren häufig auf einander entgegenstehenden Werten.

Sich zunächst der eigenen Werte bewusst zu werden, ist daher eine Grundvoraussetzung, um selbstverantwortlich als Teammitglied aufzutreten. Die folgenden Reflexionsfragen erleichtern Ihnen und Ihren Kolleginnen das Finden der eigenen Werte:

  • Welche Aufgaben, Projekte und Aktivitäten habe ich in letzter Zeit im Team und in der Kita übernommen? Welche Dinge plane ich für die nächsten 1 bis 2 Jahre? Erstellen Sie eine Liste!

Was ist mir an meinen beruflichen Aktivitäten besonders wichtig? Welche persönlichen Werte spiegeln sich darin wider? Finden Sie die dazugehörigen Werte heraus und bringen Sie diese in eine persönliche Rangfolge. (Eine Liste mit exemplarischen Werten von A bis Z kann hier Anregungen geben.)

  • Woran können meine Kolleginnen erkennen, dass ich meine Werte in meinem Handeln „lebe“?

Anschließend werden die wichtigsten Werte der Teammitglieder für alle transparent gemacht. Im nächsten Schritt lassen sich daraus geteilte Team-Werte ableiten, die als gemeinsame Haltung Orientierung im täglichen Handeln geben.

Ebene Identität
Teamentwicklung stiftet zum einen Zugehörigkeit und stärkt das Wir-Gefühl einer Gruppe. Zum anderen geht es darum, der Vielfalt und Individualität der Mitspieler mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen, Werten und Fähigkeiten bewusst Raum zu geben. Dann ist es möglich, dass sich jeder mit dem Wir verbunden fühlt und dabei selbstbewusst und reflektiert seine Persönlichkeit einbringt. Eine stabile Team-Identität bringt Einzigartigkeit und Teamzugehörigkeit in Einklang – wie ein Gesamtbild, das aus bunten Mosaiksteinen zusammengesetzt ist und erst dadurch seine besondere Wirkung entfaltet. Folgender Impuls unterstützt diesen Prozess (Maaß / Ritschl 2008, S. 237):

Jedes Teammitglied beschreibt ein Plakat, auf dem es auf eine Seite achtmal „Ich“ und auf die andere Seite achtmal „Wir“ mit jeweils folgenden Satzanfängen schreibt:

  • Ich bin ... / Ich habe ... / Ich möchte ...
  • Wir sind ... / Wir haben ... / Wir möchten ...

So kann jede Person entscheiden, was sie dem Team über sich preisgibt und was sie über die Gruppe denkt und einbringen möchte. Im Anschluss erfolgt eine gemeinsame Betrachtung der Ergebnisse, wodurch allen das Verbindende und das Unterschiedliche bewusst wird.

Ebene Vision
Die Vision ist die sinnstiftende Verbindung für ein Team: sie steht als Leitbild für die gemeinsame Perspektive und Ausrichtung, für die sich alle in der Gruppe einsetzen. Dadurch entsteht eine Stärkung des Wir-Gefühls und Orientierung, vor allem in Zeiten von Veränderungen. Die Vision bündelt die vereinten Kräfte und setzt die Energie frei, um auf allen anderen Ebenen wirksam zu werden. Folgende Impulsfragen unterstützen Sie bei der Visionsfindung:

  • Warum gibt es uns? Was ist unser größerer Auftrag?
  • Was wollen wir als Kita für wen erschaffen? Welchen Nutzen stiften wir?
  • Für wen sind wir unersetzlich? Wem würden wir fehlen, wenn es uns nicht gäbe?
  • Woran können wir erkennen, dass wir unser Ziel aus den Augen verloren haben?


Sammeln Sie zuerst in Stichpunkten Ihre Antworten. Der Prozess lässt sich optimal durch kreatives Arbeiten mit Bildmaterial (Postkarten, Zeitschriften) ergänzen bzw. durch freies Malen von Bildern und Symbolen. So werden geteilte Elemente zusammengeführt und schließlich entsteht daraus ein gemeinsames Leitbild, das zuletzt schriftlich ausformuliert wird.

Vielfalt verbinden bedeutet in Bewegung bleiben

Die Entwicklung von Teams ist ein Prozess, der ständig in Bewegung ist und niemals endet – genauso, wie sich Menschen über die Zeit verändern. Dabei ist es wichtig, immer wieder den Blick nach innen auf die Beziehungsgestaltung der Zusammenarbeit zu richten, um bewusst mit Praxisanforderungen umzugehen. Eine externe Begleitung kann diesen Entwicklungsprozess sinnvoll unterstützen. Denn der neutrale Blick von außen macht Ihr Team auf „blinde Flecken“ auf den logischen Ebenen aufmerksam und gibt Ihnen frische und passgenaue Impulse: So setzen z. B. moderierte Team-Workshops und flankierende Coachings neue Energie frei, um Phasen der Veränderung kreativ und ressourcenorientiert anzugehen. So wird es möglich, bewusst aus dem Potenzial von Vielfalt zu schöpfen und als starkes Team zusammenzuwirken.

Literatur

  • Dilts, Robert B.: Die Veränderung von Glaubenssystemen. Junfermann Verlag, 2010
  • Holetz, Klaus: www.systalo.de
  • Krüger, Tim: Diversity in der Kita. Ein Führungskonzept zur Organisationsentwicklung. In: Praxishandbuch Fingerspitzengefühl für VIELFALT. AWO Ostwestfalen-Lippe, 2014
  • Krüger, Tim: Vielfalt im Fokus – Wirksamen Wandel in der Praxis gestalten. Online -Themenpaket Inklusion und Integration auf www.kita-aktuell.de. Wolters Kluwer Verlag, 2015
  • Maaß, Evelyne / Ritschl, Karsten: Teamgeist. Spiele und Übungen für die Teamentwicklung. Junfermann Verlag, 2008

Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus klein&groß 11-2016, S. 12-15


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