Studie zu Prozessqualität und Altersmischung

Mit der von 2009 bis 2011 bundesweit durchgeführten NUBBEK-Studie zum frühkindlichen Betreuungssystem wurden erstmalig übergreifend angelegte Analysen zur Betreuungsqualität in Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen und Familien möglich, die Aussagen zur pädagogischen Qualität in den verschiedenen Gruppenformen und Einrichtungen erlaubten. Die Ergebnisse überraschten und attestierten dem deutschen Kitasystem nur mittelmäßige Qualität.

Ein Befund, der in der Fachöffentlichkeit zu großer Aufmerksamkeit führte, war das vergleichsweise schlechte Abschneiden der untersuchten altersgemischten Gruppen gegenüber den altershomogeneren Gruppen. Altersgemischt wurde in der NUBBEK-Studie definiert als das gleichzeitige Betreuen von Kindern unter drei Jahren und Kindern über drei Jahren in einer Gruppe. Dieses Ergebnis gab nicht nur erste Antworten darauf, unter welchen Gegebenheiten eine bessere Qualität für Kinder möglich zu sein scheint, sondern warf gleichzeitig weitere Fragen auf:

  • Worauf genau beruht dieser qualitative Unterschied?
  • Sind es die schlechteren Strukturen in der Altersmischung?
  • Sind die Fachkräfte von dem Konzept der Altersmischung überfordert bzw. zu wenig darauf vorbereitet (aus‐und fortgebildet)?
  • Zeigt die Altersmischung in Verbindung mit „offener Arbeit“ eine andere Prozessqualität als im Kontext von „gruppenbezogener Arbeit“?
  • Ist es die Gruppenform der Altersmischung als solche, die es zu hinterfragen gilt?

Zur Klärung dieser Fragen beauftragte die GEW Baden-Württemberg die Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen (FVM), einen der sechs Partner der NUBBEK-Studie, mit einer detaillierten Nachanalyse der Daten zu den verschiedenen Formen der Altersgruppierung.

Mit den Ergebnissen können nun differenziertere Aussagen getroffen werden, welche Auswirkungen die Formen der Altersmischung und die Rahmenbedingungen auf die Prozessqualität haben. Die Auswertung zeigt auf, an welchen Stellen struktureller und konzeptioneller Verbesserungsbedarf besteht, um allen Kindern in allen Angebotsformen gleicherma¬ßen Lern‐und Bildungserfolge in Aussicht stellen zu können.

Zentrale Ergebnisse

Als Gründe für die schlechtere Prozessqualität in altersgemischten Gruppen konnten so eine geringere Strukturqualität sowie pädagogisch-konzeptionelle Defizite ausgemacht werden. Hingegen konnte in offen arbeitenden Gruppen für die Überdreijährigen eine höhere Prozessqualität festgestellt werden.

Die Altersgruppierung (altersgemischt bzw. altershomogen) und die Gruppenstruktur (offene bzw. feste Gruppen) nahmen unabhängig voneinander einen eigenständigen Einfluss auf die Prozessqualität. Die beste Prozessqualität findet sich in altershomogenen Gruppen mit offenem Konzept und die geringste in altersgemischten Gruppen mit fester Gruppenstruktur.

Deutliche Unterschiede fanden sich bei der separaten Betrachtung verschiedener Formen der Altersmischung. In Gruppen mit erweiterter Altersmischung (2-6) finden vor allem Kinder im Krippenalter eine signifikant schlechtere Prozessqualität vor als in altershomogenen Krippengruppen (0-3). Die Unterschiede für Krippenkinder in großer Altersmischung (0/1-6) und Krippenkindern in Krippengruppen sind demgegenüber kleiner und statistisch nicht signifikant.

Um eine Qualitätsentwicklung in altersgemischten Gruppen voranzubringen, ist es neben einer deutlichen Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen essentiell, das Inklusionsthema „Alter – ein Diversitätsmerkmal“ in Theorie und Praxis zu verankern. Altersmischungsbeauftragte, Teamfortbildungen zum Thema Altersmischung sowie regelmäßige Qualitätschecks sind mögliche Schritte auf dem Weg zur Professionalisierung. Sonst können – wie die Auswertungen zeigen – die berechtigten Erwartungen an eine gute Entwicklungs- und Bildungsbegleitung in der Kindertagesbetreuung, insbesondere für die erweiterte Altersmischung (2-6), nicht in ausreichendem Maße erfüllt werden.


Bensel, J., Haug-Schnabel, G., Aselmeier, M. (2015) Prozessqualität in verschiedenen Formen der Altersmischung in der Kindertagesbetreuung – Macht´s die Mischung? Studie im Auftrag der GEW Baden-Württemberg, Stuttgart.

Quelle: GEW Baden Würtemberg / Forschungsgruppe Verhaltensbiologie des Menschen (FVM)


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