Sprachliche Interaktionen in der KiTa beobachten und bewerten

Die Dortmunder Ratingskala "DO-RESI"

Die Ratingskala DO-RESI wurde an der Universität Dortmund unter der Leitung von Lilian Fried und Eva Briedigkeit entwickelt und ist im Jahr 2008 erschienen. Bei DO-RESI handelt es sich um ein standardisiertes Beobachtungsinstrument zur Selbst- und Teamqualifizierung in Kindertagesstätten.

Wie internationale Studien belegen, hängt die Wirkung von Maßnahmen zur Sprachförderung ganz wesentlich von der Qualität der ErzieherIn-Kind-Interaktion ab (Sylva et a. 2004; König 2007; Buschmann et al. 2010). Mit Hilfe von DO-RESI können ErzieherInnen Interaktionen mit Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren auf ihre Sprachförderlichkeit hin überprüfen und einschätzen (Fried & Briedigkeit 2008). Daneben dient DO-RESI auch als Grundlage für die externe Beobachtung und Einschätzung der Praxis in der Kita im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen. Ausgangspunkt für die Konstruktion der Ratingskala waren in Studien unterschiedlicher Forschungsfelder identifizierte Merkmale sprachförderlichen Interaktionsverhaltens (Fried 2013).

Die Publikation zu DO-RESI besteht aus mehreren Teilen: In dem Buch „Sprachförderkompetenz. Selbst- und Teamqualifizierung für Erzieherinnen, Fachberatungen und Ausbilder“ finden sich Informationen über Forschungsergebnisse zur sprachförderlichem Interaktionsverhalten (1. Kapitel) sowie über die Konstruktion und Wissenschaftlichkeit von DO-RESI (3. Kapitel). Das 2. Kapitel des Buches enthält Erläuterungen zum Aufbau und zu Einsatzmöglichkeiten der Einschätzskala, welche im Anhang des Buches zu finden ist.

Die Einschätzung der ErzieherIn-Kind-Interaktionen erfolgt anhand von vier Qualitätsdimensionen, die jeweils in verschiedene Items (Einschätzaufgaben) unterteilt sind:

  • Dimension Beziehung Erzieherin-Kind(er) mit Items wie „Kongruenz“ und „empathisches Zuhören“
  • Dimension Soziale Organisation bzw. Management der Sprachfo¨rdermaßnahmen mit Items wie „pädagogischer Überblick“ und „Gesprächsförderung“
  • Dimension Adaptive Unterstu¨tzungstechniken mit Items wie „Sensitivität“ und „Handlungen verbalisieren“
  • Dimension sprachlich-kognitive Herausforderungstechniken mit Items wie „Vielfalt des Wortschatzes“ und „grammatisch komplexer Input“


Die einzelnen Items werden durch konkret beobachtbare Handlungsweisen (Indikatoren) beschrieben, anhand derer eingeschätzt werden soll, welcher Stufe der 7-stufigen Einschätzskala ein beobachtetes Interaktionsverhalten zuzuordnen ist (Fried 2013). So entspricht der niedrigsten Qualitätsstufe für das Item „Handlungen verbalisieren“ aus der Dimension Adaptive Unterstützung z.B. die Beobachtung „Die Erzieherin hat zu allem und jedem etwas zu sagen“ während die Beobachtung „Es kommt vor, dass die Erzieherin ein Kind fragt, ob und inwieweit es ihrer Deutung einer Handlung zustimmt“ mit exzellent, also der höchsten Stufe bewertet wird (Fried & Briedigkeit 2008: 44).

Mindestens Dreistündige Beobachtungsphase


Die Einschätzung mit DO-RESI soll auf der Grundlage einer mindestens dreistündigen Beobachtungsphase erfolgen, während der allenfalls „markante Eindrücke als Merkhilfen festgehalten“ werden sollen (Fried 2011: 552). Der Protokollbogen wird erst im Anschluss an die Hospitation in der Gruppe ausgefüllt. Sowohl die Einarbeitung in Aufbau und Anwendung des Instruments als auch die Durchführung und Auswertung der Beobachtungen sind relativ aufwändig und erfordern entsprechende zeitliche und personelle Ressourcen (Fried 2011; Jungmann & Albers 2013).

Der Umgang mit der Einschätzskala soll im Vorfeld im Rahmen eines Einzel- oder Gruppentrainings geübt werden. Hierfür kann die dem Buch beiliegende Übungs-DVD genutzt werden, mit deren Hilfe ErzieherInnen ihre Wahrnehmungs- und, Bewertungskompetenzen schulen können (Fried 2011). Die DVD enthält Videoaufnahmen authentischer Situationen aus dem Alltag von Kindertageseinrichtungen, Übungen zur Schulung der Wahrnehmung sowie Einschätzübungen, anhand derer die eigenen Auswertungen der Videoaufnahmen mit denen des Autorenteams verglichen werden können (Fried 2013).

Ergebnisse empirischempirisch|||||Empirie bezeichnet wissenschaftlich durchgeführte Untersuchungen und Erhebung, die gezielt und systematisch im Forschungsfeld oder im Labor durchgeführt werden. Empirische Forschungen können durch verschiedene Methoden praktisch angewendet werden.er Studien mit DO-RESI


Mittlerweile liegen etliche Studien vor, in denen das Interaktionsverhalten von ErzieherInnen mit Hilfe von DO-RESI untersucht wurde (z.B. Methschies et al. 2008; Fried et al. 2012; Durand et al. 2013). Den Ergebnissen der Studien zufolge unterscheiden sich die Sprachförderkompetenzen von ErzieherInnen beträchtlich. Fort- und Weiterbildungsbedarf zeigte sich insbesondere hinsichtlich der Qualitätsdimension „sprachlich-kognitive Herausforderung“, während bei der Dimension „Beziehung“ insgesamt wesentlich höhere Werte erreicht wurden (Fried 2013).

Literatur:


  • Buschmann, A., Jooss, B., Simon, S., Sachse, S. (2010). Alltagsintegrierte Sprachförderung in Krippe und Kindergarten. Das „Heidelberger Trainingsprogramm“ Ein sprachbasiertes Interaktionstraining für den Frühbereich. In: LOGOS Interdisziplinär 18/2, 2010, 84-95.
  • Durand, J., Hopf, M., Nunnenmacher, S. (2013). Wie reflektieren pädagogische Fachkräfte ihr eigenes Interaktionshandeln? – eine Fallanalyse im Kontext von Bilderbuchbetrachtungen. In K. Fröhlich-Gildhoff, I. Nentwig-Gesemann, A. König, U. Stenger & D. Weltzien (Hrsg), Forschung in der Frühpädagogik VI. Schwerpunkt: Interaktion zwischen Fachkräften und Kindern (S. 145-176). Freiburg: Fel.
  • Fried, L. (2011). Sprachfo¨rderstrategien in Kindergartengruppen – Einscha¨tzungen und Ergebnisse mit DO-RESI. Empirische Pa¨dagogik, 25 (4), 543-562.
  • Fried, L. (2013). Die Qualität der Interaktionen zwischen frühpädagogischen Fachkräften und Kindern – Ausprägungen, Moderatorvariablen und Wirkungen am Beispiel von DO-RESI. In K. Fröhlich-Gildhoff, I. Nentwig-Gesemann, A. König, U. Stenger & D. Weltzien (Hrsg), Forschung in der Frühpädagogik VI., Schwerpunkt Interaktion zwischen Fachkräften und Kindern (S. 35-58). Freiburg: Fel.
  • Fried, L. & Briedigkeit, E. (2008). Sprachförderkompetenz. Selbst- und Teamqualifizierung für Erzieherinnen, Fachberatungen und Ausbilder. Berlin: Cornelsen.
  • Fried, L., Hoeft, M., Isele, P., Stude J. & Wexeler, W. (2012). Schlussbericht zur Wissenschaftlichen Flankierung des Verbundprojekts „TransKiGs – Sta¨rkung der Bildungs- und Erziehungsqualita¨t in Kindertageseinrichtungen und Grundschule – Gestaltung des U¨bergangs”. Dortmund: TU Dortmund. URL: https://www.fk12.tu-dortmund.de/cms/ISEP/de/PDFK/MItarbeiter/012_Fried_Lilian/TransKiGs-Abschlussbericht-2012.pdf
  • Jungmann, T. & Albers, T. (2013). Frühe sprachliche Bildung und Förderung. München: Ernst Reinhardt.
  • König, A. (2007). Dialogisch-entwickelnde Interaktionsprozesse als Ausgangspunkt fu¨r die Bildungsarbeit im Kindergarten. In: Carle, Ursula – Wenzel, Diana (Hrsg.): Bildungsforschung 2007, 4/1: Schwerpunkt “Fru¨hes Lernen”. URL: http://www.bildungsforschung.org/index.php/bildungsforschung/article/view/54
  • Metschies, H., Hanel, T., Böker, M., Bremer, A., Fried, L., Schäfers, A., Torkler, K. et al. (2008). ErzieherInnen als ExpertInnen für Sprachförderung. Abschlussbericht. Dortmund: TU Dortmund.
  • Sylva, K., Edward, M., Pam, S., Siraj-Blatchford, I., Taggart, B. (2004). The Effective Provision of Pre-School Education (EPPE) projekt. A Longitudinal Study funded by the DfES 1997 – 2004. London: University of London, Institute of Education. URL: http://media.education.gov.uk/assets/files/pdf/e/eppe%20final%20report%202004.pdf#