Sprachkultur in der KiTa

Ein nifbe-Forschungsprojekt

 

„Sprachkultur in der KiTa“  –  alltagsbasierte Sprachbildung in der Kita


Ein Modellprojekt der Forschungsstelle Entwicklung, Lernen und Kultur des nifbe unter der Leitung  von Prof. Dr. Heidi Keller und Team in Kooperation mit dem nifbe-Regionalnetzwerk NordWest und der Fachhochschule Emden/Leer

 

Hintergrund und Fragestellung


Ziel des Projektes „Sprachkultur in der Kita“ ist es, ErzieherInnen in einem bestimmten Sprachstil zu schulen, der für Kinder verschiedener Familienkulturen ansprechend ist und bei dem Sprachförderung in jeder Alltagssituation stattfindet. Sprache wird hierbei als kommunikatives Geschehen aufgefasst, das nicht auf die grammatikalisch richtige Verwendung von Wörter und Sätzen reduziert werden kann. Es geht also darum Sprache im Rahmen ihrer vorrangigen Funktion zu fördern sich in sozialen Interaktionen miteinander auszutauschen. Wie im Projekt „Erzähl doch mal…“  (siehe Download unten) gezeigt werden konnte, erfahren Kinder in ihrem familiären Umfeld sehr verschiedene Sprachkulturen. Das heißt, es bestehen große Unterschiede darin wie, worüber und wie häufig Eltern mit ihren Kindern sprechen. Dadurch entwickeln Kinder einen unterschiedlichen Umgang mit Sprache. Zwei Ebenen sind dabei wichtig:

  •  Die Struktur wie miteinander gesprochen wird und
  • Worüber gesprochen wird


Je nach kultureller Orientierung strukturieren Eltern Gespräche unterschiedlich und sprechen über verschiedene Inhalte. Das heißt auf beiden Ebenen spiegelt sich die kulturelle Orientierung wieder. Wie gezeigt werden  konnte, verwenden Eltern Autonomie orientierter Kontexte auf der Struktur-Ebene einen elaborativen Gesprächsstil. Inhaltlich drehen sich diese Gespräche vorrangig um das ganz persönliche Erleben des Kindes ( z.B was das Kind gemacht hat, gedacht hat, was es gefühlt hat oder zu jemanden gesagt hat). Die Gespräche sind also eher kindzentriert. Im Gegensatz dazu verwenden Eltern relational orientierter Kontexte auf der Struktur-Ebene einen repetitiven Gesprächsstil. Dabei geht es inhaltlich nicht vordergründig um das Kind sondern vielmehr um Erfahrungen in einer sozialen Gemeinschaft. Gespräche drehen sich demnach mehr um soziale Inhalte. Beide Gesprächsstile zielen also auf unterschiedliche Ziele, die Eltern für die Entwicklung ihrer Kinder haben, ab. Diese Ziele erfüllen ihren Zweck in den jeweiligen Familien und sind beide sinnvoll. Um allerdings allen Kindern gleiche Voraussetzungen zu bieten, ist für eine erfolgreiche Schullaufbahn die sogenannte Bildungssprache von großer Bedeutung.

Studien belegen, dass ein elaborativer Gesprächsstil die Sprache von Kindern unterstützt. Ebenso wirkt sich dieser Stil positiv auf die spätere Lese- und Schreibfähigkeiten (LiteracyLiteracy|||||Literacy in der frühen Kindheit und im Übergang zur Schule ist ein
Sammelbegriff für kindliche Erfahrungen und Kompetenzen rund um Buch-,
Erzähl-, Reim-und Schriftkultur
) von Kindern aus. Auf der Struktur- Ebene wäre es demnach wichtig Kindern in der Kita eine Sprachumwelt zu bieten, die den elaborativen Stil verwendet. Auf der inhaltlichen Ebene hat sich gezeigt, dass Kinder aus relational orientierten Familien mehr zu Gesprächen beitragen, wenn diese sich auf soziale Inhalte beziehen. Das heißt um insbesondere Kinder aus diesen Familienkulturen in Gespräche aktiv einzubeziehen ist ein sozialer Fokus auf inhaltlicher Ebene notwendig. Zusätzlich kann dieser inhaltliche Fokus dazu beitragen, dass soziale Kompetenzen aller Kinder gefördert werden.

Das bedeutet,  dass eine Kita-Sprachkultur, die Kindern einen elaborativen Gesprächsstil über soziale Inhalte bietet, für Kinder verschiedener Familienkulturen ansprechend und zusätzlich auf mehreren Ebenen förderlich wäre, so dass alle Kinder davon profitieren könnten.

Untersuchungsdesign

Die Studie wird in einem Prae-‐Post--‐Design durchgeführt. Zu t1 wurden von allen ErzieherInnen jeder Einrichtung Filmaufnahmen im Alltag (min. 30 Minuten) gemacht. Ebenso wurde von allen zu diesem Zeitpunkt 3Jährigen Kindern der SETK 3--‐5 (von Grimm, 2001) durchgeführt. Um die kindliche Sprachkompetenz nicht nur auf der linguistischlinguistisch|||||Linguistik ist die Bezeichnung der Sprachwissenschaft,  die in verschiedenen Ansätzen die menschliche Sprache als System untersucht, sowie deren Bestandteile, Einheiten und Bedeutungen.en, sondern auch pragmatischen Ebene zu erfassen, wurden zusätzlich kurze offene Gespräche mit den Kindern geführt, die zur späteren Transkription aufgezeichnet wurden.

Nach t1 fanden zwei ganztägige Fortbildungen im Abstand von zwei Wochen statt. Nach dem zweiten Fortbildungstag wurden in der darauffolgenden Woche erneut Filmaufnahmen aller ErzieherInnen gemacht (t2). Nach einem halben Jahr (t3) sowie nach einem Jahr (t4) wurden neben den Filmaufnahmen auch die kindlichen Maße erhoben.

Erste Ergebnisse

Veränderung des Sprachstils der ErzieherInnen

Vorläufige Ergebnisse, die sich bislang nur auf zwei der vier Kitas beziehen, zeigen nach einem halben Jahr eine erfolgreiche Veränderung des Sprachstils der ErzieherInnen nach den durchgeführten Schulungen. Die ErzieherInnen benutzten mehr offene Fragen und reagierten öfter mit positiver Rückmeldung bei kindlichen Äußerungen. Des Weiteren wurde ein kindzentrierter Sprachfokus reduziert und zugunsten eines sozialen Fokus ausgebaut.

Veränderung des kindlichen Sprachstandes

Hinsichtlich der kindlichen Sprachentwicklung (erhoben durch das Messverfahren SETK 3G5) zeigt sich, dass die Kinder ihre sprachlichen Kompetenzen im Vergleich zur jeweiligen Altersnorm signifikant steigerten. Für den weiteren Verlauf des Projektes wird angestrebt anhand der Daten den direkten Zusammenhang der Entwicklungen aufzuzeigen.

 

 

Literatur:

  • Keller, H. (2012).  Jahresbericht nifbe. Forschungsstelle Entwicklung, Lernen und Kultur. Osnabrück


Weitere Fachbeiträge zum Thema:


Alltagsintegrierte Sprachbildung

nifbe Forschungsprojekt: Bewegungsorientierte Sprache


Sprachentwicklung und Sprachförderung - Handlungsempfehlungen des Landes Niedersachsen


Beobachtungsverfahren Sismik und Seldak

Offensive „Frühe Chancen“