Markus Schnuck

Wie Sie Dienstbesprechungen effektiv gestalten

Mit klarer Aufgabensteuerung zum Erfolg ■ Anregungen zur Gestaltung von Dienstbesprechungen geben häufig keine befriedigende Antwort hinsichtlich anwachsender Aufgabenberge. Was tun, wenn die To-do-Liste schneller wächst, als sie sich abarbeiten lässt? Erfahren Sie, wie Sie mit einer Verlaufsübersicht Ihren Kita-Alltag erleichtern und effektiv gestalten.

Eine Möglichkeit zur Gestaltung von Dienstbesprechungen ist die Logbuch-Methode. Sie beinhaltet für das »Aufgabenmanagement« immerhin einen bestimmten Umgang mit dem Themenspeicher (Günster-Schöning 2015, S. 7 f.). Doch auch hier bleibt die Frage offen, wie ein Team damit umgehen kann, wenn die Aufgaben schneller anwachsen, als sie abzuarbeiten sind. Dies gelingt dank der Verlaufsübersicht, einer Tabelle, die bei der Umsetzung von vier Grundsätzen (siehe Abb. 1, vgl. Leopold 2017) hilft.

Die »unsichtbare« Arbeit

Die Arbeit in Kitas ist i.d.R nicht sichtbar, wie z.B. zugewandte Gespräche aus einer dialogischen Grundhaltung heraus. »Unsichtbare« Arbeit wird greifbar, wenn wir über sie reden und dafür visualisieren. Sich mit Hilfe einer (Moderations-) Wand vor Augen zu führen, welche Aufgaben aktuell bearbeitet werden (»Visualisieren Sie Ihre Arbeit«), macht deutlich, welche und wie viele Aufgaben gerade parallel bearbeitet werden.

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Bitte nicht stopfen!

Mit seiner verfügbaren Zeit kann ein Kita-Team nur ein bestimmtes Maß an Aufgaben zusätzlich zu seiner Kerntätigkeit abarbeiten. Die einzelne Fachkraft kann nicht mehr als ihr Bestes geben. Gibt man dennoch immer mehr Aufgaben in ein Team, legt man einfach nur noch mehr Würstchen auf einen zu kleinen Grill (siehe Exkurs).


EXKURS: HEINZ WÜRSTCHENGRILL
Heinz hat einen Würstchengrill, mit dem er durch die Stadt zieht. Kommen zwei Leute zu ihm und bestellen Würstchen, legt Heinz zwei Würstchen auf seinen Grill, wenn sechs Leute kommen, legt er sechs darauf. Schwierig wird es, wenn ein siebter Kunde kommt – es passen nur sechs Würstchen auf sein Rost. Da er Angst hat, den siebten Kunden zu verlieren, nimmt er einfach eines der sechs Würstchen vom Grill und legt das siebte Würstchen auf den freien Platz. Wenn noch jemand Achtes oder Neuntes kommt, macht er es genauso. Nun rotieren die Würstchen über dem Grill und am Ende gelingt Heinz das Kunststück, allen Kunden mehr oder weniger gleichzeitig ihr Würstchen zu übergeben. Doch sein Vorgehen hat einen Nachteil: Während die Personen am Ende der Schlange kaum länger warten als sonst, müssen die Personen am Anfang der Schlange länger auf ihr Würstchen warten als andernorts. Egal wie Heinz es dreht und wendet – auf seinem Grill ist nur Platz für sechs Würstchen.



Ein Beispiel:
Während wir an einer Lerngeschichte schreiben, fällt uns nach einigen Zeilen ein, dass wir noch eine Bestellung aufgeben müssen. Für diese fehlt uns noch die Rückmeldung einer Kollegin. Während wir kurz darauf warten, verfassen wir einen Elternbrief. Nach der Bestellung setzen wir uns wieder an die Lerngeschichte. Da das Kind morgen seinen letzten Tag vor einem längeren Urlaub hat, muss die Lerngeschichte unbedingt heute fertig werden. Das bedeutet Überstunden – es ist ja immer so viel zu tun.

Hier kommt der Grundsatz »Hören Sie auf anzufangen, fangen Sie an aufzuhören« ins Spiel. Es hilft, sich klarzumachen, dass die vermeintliche Fähigkeit des Multitaskings tatsächlich ein »Multiswitching « ist. Wir springen von Aufgabe zu Aufgabe (switching) und haben uns mehrfach mit einer Aufgabe befasst, bevor wir sie abschießen. Dadurch dauert es länger, bis wir die Aufgabe, mit der wir angefangen haben, abschließen. Zusätzlich widmen wir uns allen Aufgaben nur mit geteilter Aufmerksamkeit. Wir machen es wie Heinz in unserem Exkurs.

Für die Lerngeschichte, die Bestellung und den Elternbrief haben wir insgesamt womöglich 2 Stunden gebraucht. Ob wir unterm Strich schneller gewesen wären, wenn wir die Aufgaben priorisiert und nacheinander abgearbeitet hätten, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass mindestens die erste Aufgabe früher fertig geworden wäre (vermutlich ohne Überstunden, da die anderen Aufgaben am nächsten Tag hätten erledigt werden können). Mit dem Grundsatz »Hören Sie auf anzufangen, fangen Sie an aufzuhören« ist gemeint, dass man die Aufgaben, mit denen man begonnen hat, zu Ende bringt, bevor man mit einer neuen Aufgabe anfängt. Was für eine einzelne Kollegin logisch und naheliegend klingt, gilt auch für die Kita als Gesamtsystem.

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Aufgaben als Gäste

Stellen Sie sich vor Aufgaben wären Gäste in ihrer Kita. Sie kommen unerledigt durch den Vordereingang hinein, werden in der Kita in erledigte Aufgaben verwandelt und verlassen sie durch den Hinterausgang. Während die Aufgaben bearbeitet werden oder darauf warten, lungern sie in der Kita herum. Je mehr unfertige Aufgaben sich in der Kita aufhalten, umso voller und ungemütlicher ist es. Die Aufgaben stören. Jede sollte sich möglichst kurz in der Kita aufhalten (Im o.g. Beispiel verlassen die drei Aufgaben die Kita mehr oder weniger gleichzeitig, nach einem langen gemeinsamen Aufenthalt). Wer alles in die Kita hinein will, ist gewöhnlich bekannt. Doch wie viele anstehende Aufgaben können eigentlich gleichzeitig in fertige verwandelt werden?

Es hilft einen Schritt zurückzutreten und sich einen Überblick zu verschaffen. Wer will zu uns? Wer ist bei uns? Und wer hat uns schon wieder verlassen? So entsteht eine Übersicht im Sinne einer erweiterten To-do-Liste (Grundsatz: »Visualisieren Sie Ihre Arbeit«, siehe Tab. 1). Doch um Dienstbesprechungen wirklich effektiver zu machen, gilt es den Blick noch weiter zu öffnen.

Eine wichtige Regel

Eine effektive Dienstbesprechung braucht effektive Arbeitsabläufe. (1) Und der Grundsatz »Nehmen Sie sich weniger vor und nicht mehr« braucht die folgende Regel:

Eine Aufgabe darf erst dann in die Kita, wenn eine andere sie zuvor verlassen hat. Damit diese Regel funktioniert, braucht die Kita einen Türsteher und dieser braucht Unterstützung von den Erzieherinnen und Erziehern. Jede Aufgabe, die in eine erledigte verwandelt wird, hinterlässt einen Nutzen für das Gesamtsystem. Er ist der einzige Grund, warum Aufgaben überhaupt in die Kita hineindürfen. Davon ausgehend teilen die Erzieher/innen dem Türsteher mit, welche Aufgaben in welcher Reihenfolge eingelassen werden können – und wann.

So entwickelt sich die To-Do-Liste wie in Tab. 2 dargestellt. Was wissen wir über unsere Gäste? Die Kita gleicht nun einem Restaurant, vor dem viele Leute stehen und von denen einige reserviert haben, die meisten aber nicht. Jetzt wäre es gut, zwei Dinge zu wissen:

Da die Gesamtstunden der Erzieher/innen "x“ sind, richtet sich die Frage nach der Anzahl der parallel bearbeitbaren Aufgaben nach der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit pro Person. Die meiste Zeit wird für die Betreuung der Kinder und Vertretungsaufgaben benötigt. Was darüber hinaus möglich ist, hängt u.a. davon ab, ob die Gesamtstunden auf viele oder wenige Kolleginnen und Kollegen verteilt sind.

Manche Gäste essen nur eine Suppe und andere gönnen sich ein Hauptgericht mit Nachspeise. Auch Aufgaben verweilen unterschiedlich lang in der Kita. Einen Elternabend vorzubereiten und durchzuführen beansprucht weniger Zeit und Personal als eine Konzeptionsentwicklung. Um Aufgaben auszuwählen und den Türsteher gut informieren zu können ist es wichtig zu wissen,  wie »groß« die Aufgabe ist, die als Nächstes die Kita verlässt und wie »groß« alle anderen Aufgaben sind, die sich weiter in der Kita aufhalten. Aus den Antworten ergibt sich die »Größe« der Aufgabe, die als nächstes in die Kita darf.

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Die Verlaufsübersicht

Die Verlaufsübersicht macht die zur Verfügung stehende bzw. eingesetzte Arbeitskraft deutlich, zeigt die Aufgaben, die in Bearbeitung sind, und den jeweiligen (Prozess-)Status der Aufgaben. Die Anzahl der zeitgleich bearbeiteten Aufgaben wird auf einen Blick deutlich sowie die Auslastung des Gesamtsystems, die anstehende Aufgaben und die freiwerdenden Kapazitäten (vgl. Abb. 2).

In der Spalte »Bereit« hängen die Namen der Kolleginnen, die Zeit haben, um Aufgaben übernehmen zu können. Im ersten Schritt wird ermittelt, wer wie viel Zeit einbringen kann. Es muss entschieden werden, für welche Zeiteinheit eine Namenskarte steht (z.B. 1 Std. oder 1/2 Std.) und wie viele Karten somit jede Person bekommt. Damit ist der Umfang klar, in dem das Gesamtsystem Aufgaben (parallel) bearbeiten kann.

Die Spalte »Nächste Aufgabe« enthält nicht(!) alle Aufgaben, die in die Kita möchten, sondern nur die, die aus dem Themenspeicher ausgewählt wurden, um als nächstes bearbeitet zu werden (Liste für den Türsteher). Die Anzahl der Aufgaben in dieser Spalte kann begrenzt werden, um die Kapazität des Gesamtsystems nicht unter Druck geraten zu lassen.

Wie kommen Aufgaben vom Themenspeicher auf die Verlaufsübersicht?

Bei der Entscheidung, welche Aufgaben man vom Themenspeicher in die Übersicht holt, sollte man sich fragen, welchen Nutzen eine Aufgabe für das Gesamtsystem hat. Dieser lässt sich umso leichter bestimmen, je deutlicher eine Kita ihre Interpretation des gesetzlichen Auftrages geklärt hat. Diese schlägt sich im besten Fall in konkreten Einrichtungszielen und einer entsprechenden Konzeption nieder.

Wenn ein Bearbeitungsschritt erledigt ist, wird die Aufgabe in die nächste Spalte geholt. So wandern die Aufgaben von links nach rechts (Hol-Prinzip). Kais Aufgabe »Tag der offenen Tür« wird von »Rückblick/in Arbeit« nach »Rückblick/fertig« geholt. Danach ist sie abgeschlossen und kann die Kita verlassen. Jetzt (und erst jetzt) kann eine neue Aufgabe von der Spalte »Nächste Aufgabe« in die Spalte »Planung/in Arbeit« geholt werden. Das Hol-Prinzip ist eine zentrale Gelingensbedingung. Das Gegenteil (»Heinz-Prinzip«) führt dazu, dass mehr Aufgaben in das Gesamtsystem hineinkommen, als bewältigt werden können.

Wenn eine Aufgabe von der Spalte »Nächste Aufgabe« in die Spalte »Planung/ in Arbeit« geholt wird, wird sie auch mit dem Namen einer Kollegin versehen. Dafür lassen sich z.B. Post-ist verwenden, die man aus der Spalte »Bereit« nimmt. Durch das Holen der Aufgabe und Aufkleben eines oder mehrerer Namen ist die Aufgabe »aktiviert«. Die aufgeklebten Kolleginnen/Kollegen sind hauptverantwortlich. Kleben in der Spalte »Bereit« keine Post-its mehr, gibt es keine Kapazitäten mehr, um Aufgaben zu bearbeiten. Unter Umständen ist es sinnvoll, die Zahl der parallelen Aufgaben zu begrenzen oder eine Mindestanzahl festzulegen.

Was passend ist, hängt stark von der jeweiligen Einrichtungen ab.
Aufgaben in der Spalte »Planung« werden geplant und vorbereitet (Planung/ in Arbeit) und anschließend in »Planung/ fertig« geholt. In die Spalte »Umsetzung/ in Arbeit« wird die Aufgabe erst geholt, wenn die tatsächliche Umsetzung beginnt, gewöhnlich einige Tage später oder zu einem bestimmten Termin (Tag der offenen Tür). »Umsetzung« zeigt die Aufgaben in der Umsetzung an, die sich über kürzere oder längere Zeiträume erstrecken kann. Der Tag der offenen Tür dauert einen Tag und die Vereinheitlichung von Gruppenregeln kann sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Ist die Umsetzung abgeschlossen, wird die Aufgabe in die Spalte »Umsetzung/ fertig« geholt. Der »Rückblick« ist die Auswertung und Dokumentation einer Aufgabe. Ziel ist es, eine möglichst gute Grundlage für die Wiederholung dieser oder ähnlicher Aufgaben zu schaffen. So verkürzt sich die Aufenthaltszeit von Aufgaben (Grundsatz: »Arbeiten Sie schlauer und nicht schneller oder härter«).

Neben den Ergebnissen sollten auch die Art und Weise der Zielerreichung und der dafür gewählte Weg in den Blick genommen werden. Warum ist uns etwas nicht so gut gelungen? Wie haben wir es geschafft, gute Ergebnisse zu erzielen? Beide Fragerichtungen sind wichtig und gewinnbringend. Dank dieses Vorgehens lernt das Gesamtsystem Kita beständig dazu und wird mit jedem Durchlauf einer Aufgabe sicherer, schlauer und effektiver.

Fazit

Effektive Dienstbesprechungen sind nur bis zu einem gewissen Punkt durch gute Moderation herzustellen. Am Ende kann eine Dienstbesprechung nur das leisten, was das Gesamtsystem Kita zu leisten im Stande ist. Deshalb ist es gut, wenn in Dienstbesprechungen nicht nur besprochen wird, was aktuell anliegt, sondern auch die Art und Weise besprochen wird, wie Aufgaben bearbeitet werden. Sind Abläufe im Haus nicht passend, wird dies auch während der Dienstbesprechung deutlich. Angemessene und funktionierende Abläufe sind die Grundlage einer effektiven Dienstbesprechung. Hergestellt und erhalten werden können sie mithilfe der Verlaufsübersicht.

Literatur



Fußnoten
(1) Die Dienstbesprechung sollte nicht nur der Ort sein, an dem Teams über ihre Arbeit und Aufgaben sprechen (»Was machen wir?«), sondern auch der Ort, an dem Teams über ihre Art und Weise zu arbeiten sprechen (»Wie machen wir es?«).

Übernahme des Beitrags mit freundlicher Genehmigung aus
KiTa Aktuell 9-2020, S. 204 - 207

AdmirorFrames 2.0, author/s Vasiljevski & Kekeljevic.

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