Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung

- Ein inklusives Praxiskonzept für die KiTa -

Inhaltsverzeichnis

  1. Inklusion in der Praxis: Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung
  2. Herabwürdigungen und Diskriminierung (1) als Lernbehinderung
  3. Soziale Identitäten und normierende Botschaften
  4. Verantwortung der Bildungseinrichtungen
  5. Herausforderungen an pädagogische Fachkräfte
  6. Schlussfolgerungen
  7. Anmerkungen
  8. Literatur
  9. Anhang 1: Das Konzept in Kürze und Hintergrund KINDERWELTEN
  10. Anhang 2: Achtung Pseudovielfalt: Der touristische Ansatz
  11. Anhang 3: Achtung Pseudogleichheit: Der farbenblinde Ansatz

Gesamten Beitrag zeigen

Anhang 3: Achtung Pseudogleichheit: Der farbenblinde Ansatz


Der farbenblinde Ansatz ist gekennzeichnet von einem häufig positiv gemeinten Anliegen: „Alle Kinder sind gleich, ich mache keine Unterschiede!“ Man möchte nicht, dass Ungleichheit und Unterschiede thematisiert werden und dadurch erst recht in die Aufmerksamkeit der Kinder gerät. Die vielleicht ohne diese Thematisierung, so ist die Hoffnung, die Unterschiede gar nicht bemerkt hätten. Das zugrunde liegende Bild vom Kind ist das eines vorurteilsfreien, grundsätzlich für seine Umgebung und für andere Menschen offenen Jungen oder Mädchen, dem das gemeinsame Spiel wichtiger ist als äußere Unter-schiede. Es korrespondiert mit einem Bild vom Kindergarten als Schonraum, der von der rauen Wirklichkeit „draußen in der Gesellschaft“ abgeschirmt bleiben soll, damit Kinder unbeeinflusst davon ihre Kindheitsjahre genießen können. In einem solchen Kindergarten gibt es keine Konflikte, hier wird unbeschwert Kindergeburtstag gefeiert: Alle Kinder freuen sich, alle lachen, alle sind süß und nett. (s. Bild aus: Conny kommt in den Kindergarten. Cornelsen). Wer wen einlädt und wen nicht, ist hier kein Thema...

Der farbenblinde Ansatz spart etwas aus, was zu den Erfahrungen von Kindern gehört. Und nimmt sie nicht ernst in ihrer wachsenden Wahrnehmung der vorhandenen Unterschiede zwischen Menschen. Im farbenblinden Ansatz wird ignoriert, dass Kinder früh Botschaften darüber auswerten, wie bestimmte Merkmale von Menschen bewertet werden und dass sie diese Botschaften von überall herbekommen und sich ihren Reim darauf machen. Sie bekommen sie auch von „farbenblinden“ Erwachsenen – und lernen von ihnen, dass Unterschiede heikel sind, denn man darf darüber nicht sprechen... So lassen sich Kompetenzen kaum erwerben, die für soziales Handeln grundlegend sind: Sich in die Perspektiven anderer hineinversetzen, Empathie entwickeln, seine Bedürfnisse, Gedanken und Gefühle äußern, erkennen, was fair und was unfair ist, Stellung beziehen und Konflikte austragen. Mit der Absicht, Kinder zu schonen, werden sie mit bestimmten Erfahrungen alleine gelassen und erhalten keine Unterstützung für einen kompetenten Umgang mit Unterschieden und Ungerechtigkeit.



Zum Weiterlesen:

Inklusion und Chancen-Gerechtigkeit