Hintergrundinfo: Herkunftsländer von Flüchtlingen

Inhaltsverzeichnis

  1. Hintergrundinfo Syrien
  2. Hintergrundinfos Albanien
  3. Hintergrundinfos Kosovo

Gesamten Beitrag zeigen


Für die Integration von Kindern mit Fluchterfahrungen in KiTa und Grundschule sind oftmals auch Informationen über ihre Herkunftsländer und ihre Fluchtgeschichte von entscheidender Bedeutung. Wir stellen Ihnen daher neben einem statistischen Überblick kompakte Hintergrundinformationen zu Herkunftsländern zur Verfügung, aus denen auch viele Familien mit ihren Kindern zu uns kommen.


Statistischer Überblick


Für den Zeitraum von Januar – September 2015 steht laut den Statistiken des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) an erster Stelle der Herkunftsländer Syrien mit einem Anteil von 25,6 %. Den zweiten Platz nimmt Albanien mit einem Anteil von 16,2 % ein. Danach folgt der Kosovo mit 11,4 %. Damit entfällt mehr als die Hälfte (53,2 %) aller seit Januar 2015 gestellten Asyl-Erstanträge auf die ersten drei Herkunftsländer.

Herkunfts Torte

Laut den Daten des BAMF verfügen 90 Prozent der Flüchtlinge dabei über Schulbildung, mindestens auf Grundschulniveau. 16 Prozent der Asylbewerber gingen nach eigenen Angaben auf ein Gymnasium. 15 Prozent waren auf einer Hochschule. Nur jeder zehnte Flüchtling, der in Deutschland Asyl beantragt, hat nie eine Schule besucht.

Der Bildungsstand unterscheidet sich stark nach Herkunftsland, wie die freiwilligen Angaben der Asylbewerber beim BAMF ergeben. Besonders gut ausgebildet sind dabei die Syrer: Mehr als jeder fünfte syrische Flüchtling in Deutschland hat eine Universität oder Fachhochschule besucht, 22 Prozent waren auf einem Gymnasium.

Aktuelle Statistiken des BAMF

Hintergrundinfos Syrien


Aktuelle Situation
Im Zuge des „Arabischen Frühlings“ begann im März 2011 in Syrien der Aufstand gegen das diktatorische Regime von Präsident Baschar-al-Assad. Seitdem ist der Aufstand in eine komplexe militärische Auseinandersetzung mit geopolitischer Dimension umgeschlagen: Auf der einen Seite stehen die von Russland mittlerweile auch direkt unterstützten Regierungstruppen, auf der anderen Seite einerseits die verschiedenen, teilweise von den USA unterstützen gemäßigten Rebellengruppen und anderseits die Terrormiliz Islamischer Staat, die mittlerweile weite Teile Syriens kontrolliert. Betroffen von dem Bürgerkrieg sind alle Städte und Regionen, die staatlichen Strukturen zerfallen zunehmend.
Bis März 2015 wurden laut der Vereinten Nationen in Syrien über 220.000 Menschen getötet und von den ursprünglich 21 Millionen Syrern befinden sich 11, 6 Millionen auf der Flucht. Mindestens vier Millionen von ihnen sind ins Ausland geflohen. Bis Mitte 2015 sind nach Angaben des Bundes-Innenministeriums ungefähr 140.000 Syrer nach Deutschland gekommen. Die UNO bezeichnete die Flüchtlingskrise schon im Februar 2014 als die schlimmste seit dem Völkermord in Ruanda in den 1990er Jahren.


Ethnien und Religionen in Syrien
Die Mehrheitsbevölkerung in Syrien bilden mit rund 90 Prozent die Araber die sich mit der arabischsprachigen Bevölkerung der Nachbarländer kulturell als Gemeinschaft fühlen. Die zweitgrößte Volksgruppe mit eigener Sprache sind die Kurden. Im Jahr 1979 wurde ihr Anteil auf etwa neun Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Mittlerweile stellen die Kurden gemeinsam mit den Armeniern und Angehörigen anderer ethnischer Gruppen etwa zehn Prozent des Gesamtbevölkerung Syriens dar.

Rund 75% der syrischen Bevölkerung sind sunnitische Muslime, die zum Teil sehr konservative, zum Teil aber auch durchaus liberale Glaubenseinstellungen pflegen. Schiitische Muslime sind mit zwei Prozent in Syrien eine kleine, wenig einflussreiche Minderheit. Die schiitischen Abspaltung der Alawiten (Nusairier) machen etwa 12 Prozent und die der Drusen etwa zwei Prozent der syrischen Bevölkerung aus. Viele Militäroffiziere und ein großer Teil der herrschenden politischen Elite entstammen heute der alawitischen Religionsgemeinschaft, der auch die Familie Assad angehört.

Etwa zehn Prozent der syrischen Bevölkerung sind Christen verschiedener Konfessionen. Weitere Religionen mit jeweils nur wenigen tausend Mitgliedern sind die meist den Kurden zugerechneten Jesiden sowie die Juden.


Sprachen
Die Amtssprache des Landes ist Hocharabisch, welches auch von einer großen Mehrheit der einheimischen Bevölkerung im Land beherrscht wird. Gesprochen wird jedoch als Umgangssprache ein regionaler Dialekt der arabischen Sprache, das syrische Arabisch. Es unterscheidet sich im Vokabular, in der Grammatik und besonders in der Aussprache von der Standardvarietät des Arabischen. Syrisch-Arabisch ist eng mit dem libanesischen Arabischen, dem Jordanisch-Arabischen und dem palästinensischen Arabischen verwandt. Letzteres wird vor allem von vielen palästinensischen Flüchtlingen im Land gesprochen. Auch Sprecher des irakischen Arabischen sind in letzter Zeit vermehrt anzutreffen, wodurch es allerdings zur Vermischung verschiedener Dialekte kommen kann und sich am Ende die Hochsprache durchsetzt.

Die französische Sprache hatte (und hat) aufgrund der Mandatszeit eine besondere Stellung, früher hatte sie im Bildungswesen und in der Verwaltung eine große Bedeutung. Wie überall setzt sich jedoch auch in Syrien die englische Sprache als überregionale Verständigungssprache durch.


Bildungssystem
In Syrien besteht bzw. bestand bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs allgemeine Schulpflicht für alle Kinder im Alter von 6 bis 15 Jahren (Schulpflicht bis zur 9. Klasse). Die Einschulungsrate im Grundschulbereich lag vor dem Bürgerkrieg bei 99 Prozent (Jungen) bzw. 98 Prozent (Mädchen). Die Analphabetenrate ist auf 17 Prozent gesunken und liegt in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen bei 5,5 Prozent (Männer: 4 Prozent, Frauen: 7 Prozent). Eine Vorschule besuchten im Jahr 2011 gut 10% der Kinder.

Syrische Schüler lernen verpflichtend die beiden Fremdsprachen Englisch (ab Klasse 1) und Französisch (ab Klasse 7). Deutsch wird an syrischen Schulen nicht unterrichtet. Eine Ausnahme bildet die französische Privatschule in Damaskus. Deutsche Schulen gibt es in Syrien nicht.

In Syrien gibt es vier staatliche Universitäten (Damaskus, Aleppo, Homs und Lattakia), an denen vor dem Bürgerkrieg über 200.000 syrische (davon knapp 50 Prozent Frauen) und über 8.000 ausländische Studierende (überwiegend aus arabischen Ländern) immatrikuliert waren. 2002 wurde die erste Fernuniversität gegründet. Seit 2001 ist auch die Gründung privater Universitäten gesetzlich zulässig. Inzwischen gibt es eine Vielzahl privater Universitäten, die zum Teil mit deutschen und anderen europäischen sowie US-amerikanischen Universitäten Kooperationsabkommen geschlossen haben.


Literaturquellen / Links:



Hintergrundinfos Albanien


Allgemeine Informationen
Albanien liegt am westlichen Rand der Balkanhalbinsel hat derzeit lt. Volkszählung von 2011 knapp 3 Mio. Einwohner (AA 2015). Von 1945-1990 stand das Land unter kommunistischer Herrschaft und war weitestgehend isoliert. Im März 1991 fanden erstmals Mehrparteienwahlen statt, aus denen die Demokratische Partei als klarer Sieger hervorging (BPB 2013). Seither stabilisiert sich das Land zunehmend, gleichzeitig sind die demokratischen Entwicklungen jedoch von Betrugsvorwürfen und offener Gewalt zwischen politischen Gegnern überschattet (Mediendienst Integration 2015).

Im Zeitraum Januar bis September 2015 wurden in Deutschland von Albanern 44.431 Asylanträge gestellt, das sind 16,2% aller Erstanträge (BAMF 2015). Albanien stand damit an zweiter Stelle nach Syrien. Während in den Jahren der kommunistischen Herrschaft Asylsuchenden aus Albanien in nahezu allen Fällen Asyl gewährt worden war, wurden Albaner nach der Wahl 1991 zunehmend als Wirtschaftsmigranten betrachtet (BPB 2013). Im ersten Halbjahr 2015 wurde über rund 5.100 Asylanträge aus Albanien entschieden, dabei erhielten 14 Asylsuchende einen Aufenthaltsstatus (Mediendienst Integration 2015). Lt. Anlage II zu § 29a des Asylgesetzes gilt Albanien seit Oktober 2015 als sicheres Herkunftsland, was von Organisationen wie Pro Asyl scharf kritisiert wird.


Wirtschaftliche Situation
Nach der politischen Wende in den 1990er Jahren waren in der wirtschaftliche Situation zunächst große Fortschritte zu verzeichnen. So sank beispielsweise die Zahl der Personen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, bis 2008 von 25 auf 12%. Diese positive wirtschaftliche Entwicklung wurde jedoch durch die Finanzkrise 2008 erheblich gebremst. So stieg die Armutsquote wieder deutlich an und liegt heute bei 14%. Albanien ist damit nach wie vor eines der ärmsten Länder Europas. Besonders deutlich ist diese Entwicklung bei Menschen, die in extremer Armut leben, d.h. deren grundlegende Ernährung nicht gesichert ist: Ihr Anteil stieg in den Jahren 2008-2012 von 1,2 auf 2,2 % oder ca. 60.000 Menschen an. Zudem ist die Situation der Landes immer noch gekennzeichnet von Korruption und Schattenwirtschaft (Mediendienst Integration 2015). Auch die Grundversorgung der Bevölkerung mit Wasser und Strom ist insbesondere in den ländlichen Regionen nicht gewährleistet (Caritas 2015).


Bevölkerung
Über 95% der Bevölkerung sind lt. Ergebnissen der Volkszählung von 2011 Albaner. Daneben leben in Albanien Griechen, Mazedonier, Aromunen und Roma (BPB 2012). Zur Roma-Minderheit zählen Roma, Aschkali und die albanischsprachige Minderheit der sog. „Ägypter“ (Wikipedia). Insgesamt 8.301 Personen (0,3% der Gesamtbevölkerung) bekannten sich in der Volkszählung zur Minderheit der Roma; Schätzungen von NGOs gehen aber davon aus, dass die Zahl mit 15.000 bis 120.000 Personen (0,5-4,1%) wesentlich höher liegt (Europarat 2015). Ein Großteil der Angehörigen der Roma lebt in großer Armut in Lagern rund um die Hauptstadt Tirana (Küppers 2013).


Sprachen
Amtssprache ist Albanisch (Shqip) (AA 2015). Daneben gibt es weitere Sprachen, die von Angehörigen der Minderheiten gesprochen werden. Diese sind lt. Volkszählung von 2011 Griechisch (15.200 Sprecher), Mazedonisch (4.440 Sprecher), Vlax-Romani (4.000 Sprecher) und Aromunisch (3.850 Sprecher) (Lewis et al. 2015).

Religionen
In den Jahren der kommunistischen Herrschaft bis 1990 war jede Art religiöser Betätigung unter Strafe gestellt (Renovabis 2015). Die derzeit vorliegenden Zahlen zur Religionszugehörigkeit beruhen auf der Volkszählung 2011. Laut dieser Befragung sind 2,50% der Albaner Atheisten, 58,79% Muslime und knapp 17% Christen, davon gut 10% Katholiken, 6,75 Orthodoxe und 0,14% Protestanten (BPB 2015). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Antworten Selbstaussagen sind und auf freiwilliger Basis erfolgten; die Frage nach der Religionszugehörigkeit wurde von fast 14% der Befragten nicht beantwortet. Die Ergebnisse der Befragung werden daher von mehreren Religionsgemeinschaften angezweifelt (BPB 2015).


Bildungssystem
Im Zuge der Stabilisierung des Landes haben viele Kinder einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung sowie zum Bildungssystem erhalten. Der Anteil an Kindern, die einen Kindergarten besuchen, liegt jedoch immer noch unter 60%, und nur 15% aller Kinder bis drei Jahren haben Zugang zu einer Bildungseinrichtung. Darüber hinaus sind die bestehenden Einrichtungen oft von geringer Qualität und haben großen Investitionsbedarf (Unicef). Zwar besteht eine achtjährige Schulpflicht, jedoch gehen viele Kinder nur wenige Jahre zur Schule. Die nach wie vor bestehende soziale Unsicherheit führt zudem dazu, dass viele Kinder und Jugendliche Vernachlässigung und Verwahrlosung ausgesetzt sind (Caritas 2015).

Situation von Kindern aus Roma-Familien
Innerhalb des Landes gibt es enorme soziale und regionale Unterschiede, und insbesondere die Kinder aus Roma-Familien konnten von den positiven Entwicklungen seit der politischen Wende kaum profitieren. Viele Roma-Kinder werden bei der Geburt nicht staatlich registriert und verfügen dementsprechend nicht über Personaldokumente, daher haben sie keinen Zugang zu ärztlichen Behandlungen, Kindergärten und Schulen (Küppers 2013). Laut Unicef besuchen nur 25% der Kinder aus Roma-Familien einen Kindergarten und 48% eine Grundschule; ca. 25% der Roma-Kinder beenden die Grundschule und nur 4,3% absolvieren die Sekundarstufe. Man geht davon aus, dass 40% der Roma Analphabeten sind. Die mangelnde Bildungsbeteiligung und der mangelnde Bildungserfolg sind der Einschätzung von Unicef zufolge u.a. auf die unzureichende Berücksichtigung des kulturellen und sprachlichen Hintergrunds der Kinder aus Roma-Familien im Bildungssystem zurückzuführen (Unicef).

Weitere Informationen zur Situation der Roma in Albanien finden sich in dem Buch von Horst Küppers „Eine Reise durch Kitas in aller Welt: Was Deutschland von anderen lernen kann“. Ein Ausschnitt aus diesem Buch kann unter http://w.erzieherin.de/albanien-chancenlosen-kindern-eine-chance-geben abgerufen werden.


Literaturquellen / Links:

  • Auswärtiges Amt (AA) (2015). Länderinformation Albanien (Stand: Oktober 2015). http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Albanien_node.html
  • Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2015). Aktuelle Zahlen zu Asyl (Stand: September 2015). http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/statistik-anlage-teil-4-aktuelle-zahlen-zu-asyl.html?nn=1694460
  • Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) (2013). Länderprofile Migration: Daten - Geschichte – Politik. Albanien. http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/159260/albanien
  • Caritas (2015). Albanien: Armutsbekämpfung. http://www.caritas-international.de/hilfeweltweit/europa/albanien/armutsbekaempfung-kinder-frieden
  • Europarat (2015). ECRI Report on Albania (Stand: März 2015)
  • http://www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/country-by-country/albania/ALB-CbC-V-2015-18-ENG.pdf
  • Küppers, Horst (2013). Eine Reise durch Kitas in aller Welt: Was Deutschland von anderen lernen kann, online unter: http://w.erzieherin.de/albanien-chancenlosen-kindern-eine-chance-geben
  • Lewis, M. P., Simons, G. & Fennig, C. (Hrsg.) (2015). Ethnologue: Languages of the World (18. Auflage). Dallas, Texas: SIL International. http://www.ethnologue.com.
  • Mediendienst Integration (2015). Wie ist die Situation in den 10 Herkunftsländern, aus denen die meisten Asylsuchenden kommen? (Stand: August 2015). http://mediendienst-integration.de/fileadmin/Dateien/Informationspapier_Herkunftslaender_Asyl.pdf
  • Pro Asyl (2014). Albanien und Montenegro: Zur faktischen und rechtlichen Bewertung der Ausweitung des Gesetzgebungsvorhabens der Großen Koalition zur Einstufung von Westbalkanstaaten als »sichere Herkunftsstaaten« auf die Länder Albanien und Montenegro. http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2014/PRO_ASYL_Gutachten_zu_Einstufung_von_Albanien_und_Montenegro_als_sichere_Herkunftslaender_Juni_2014.pdf
  • Renovabis (2015). Länderinfo Albanien (Stand: August 2015). https://www.renovabis.de/laender-projekte/laenderinformationen/albanien
  • Unicef (o.J.). Country profile: Education in Albania. http://www.unicef.org/ceecis/Albania.pdf
  • Unicef Albania: http://www.unicef.org/albania/


Hintergrundinfos Kosovo


Aktuelle Situation
Die jüngere Geschichte des Kosovo ist durch den Kosovokrieg von 1999 und dessen Folgen geprägt. Der Kosovo war ehemals Bestandteil der 1992 neu konstituierten föderativen Bundesrepublik Jugoslawien und seit 2003 eine Teilregion der Republik Serbien. Im Februar 2008 proklamierte das Parlament allerdings seine Unabhängigkeit. Der völkerrechtliche Status des Landes mit rund 1,8 Millionen Einwohnern ist seitdem umstritten und nur 110 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen erkennen die Republik Kosovo als unabhängig an.

Neben dem völkerrechtlich umstrittenen Status ist der Kosovo laut einem aktuellen Länderreport des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch eine „schwache Rechtsstaatlichkeit, weit verbreitete Korruption und organisierte Kriminalität sowie eine anhaltend schlechte sozioökonomische Lage großer Teile der Bevölkerung“ geprägt. Ein zusätzlicher innenpolitischer Konflikt besteht in der schwierigen Eingliederung des von Serben bewohnten Nordkosovos in das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche System der Republik Kosovo. Keine Hinweise gibt es im Kosovo auf strukturelle staatliche Repressionen oder Menschenrechtsverletzungen.

Laut des BAMF-Länderreports leben etwa 34 % der Bevölkerung in absoluter Armut (täglich verfügbares Einkommen geringer als 1,55 Euro) und ca. 12 % in extremer Armut (1,02 Euro). Die Armutsgefährdung korreliert dabei stark mit Alter (Kinder), Bildung (Geringqualifizierte), Geographie, Haushaltsgröße und Ethnizität: Insbesondere die Gruppen der RAE (Roma, Ashkali, Ägypter)-Minderheiten sind von Armut überproportional stark betroffen. Neben dem Mangel an finanziellen Ressourcen ist der Zugang zur sozialen Infrastruktur bzw. die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie fließendes Wasser, Strom oder auch medizinische Versorgung für viele Menschen begrenzt.

Insgesamt ist die kosovarische Gesellschaft dem BAMF-Report zufolge noch patriarchalisch und ländlich geprägt. 60 % der Bevölkerung lebt in ländlichen Gebieten und gerade hier sind althergebrachte Sitten, Tradition und Kultur noch sehr lebendig (Clan-Struktur, Patriarchat, Gewohnheitsrecht). In diesem Zusammenhang ist z. B. das spezifische Verständnis von Ehe, Familie, Verwandtschaft oder Ehre zu nennen. Geschlechtsspezifische Gewalt an Frauen und Mädchen (Belästigung, Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Zwangsprostitution, Menschenhandel, frühe Verheiratung) ist ein weit verbreitetes Phänomen und großteils noch kulturell akzeptiert. Betroffen sind insbesondere Frauen aus unterentwickelten ländlichen Gebieten, mit geringer Bildung oder aus einkommensschwachen Familien sowie Roma-Frauen. Von häuslicher Gewalt betroffen sind aber auch Jungen, häufig durch die Väter.


Ethnien, Religionen und Sprachen im Kosovo

Der Kosovo wird heute in großer Mehrheit von Albanern bewohnt. Schätzungen gehen von 88 % Albanern, 7 % Serben und 5 % der übrigen ethnischen Gruppen aus. Zu letzteren gehören vor allem Türken, Bosniaken, Torbeschen, Goranen, Janjevci (Kroaten), Roma, Aschkali und Balkan-Ägypter.

Rund 96% der Einwohner Kosovos sind muslimischen Glaubens. Daneben gibt es serbisch-orthodoxe und römisch-katholische Minderheiten.

Amtssprachen sind Albanisch und Serbisch, in einigen Gemeinden auch Türkisch, Bosnisch und Romanes.


Lage der Minderheiten
Durch die Verfassung anerkannte ethnische Minderheiten (Communities) sind Serben sowie die unter dem Kürzel „RAE“ zusammen gefasste Gruppe der Roma, Ashkali und Ägypter. Insbesondere die „RAE-Minderheiten“ sind sozial stark marginalisiert, auch wenn es keine Hinweise auf staatliche Repressionen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit gibt.

Offiziell leben 8.800 Roma, 15.400 Ashkali und 11.500 Ägypter (RAE zusammen 35.800 bzw. 2,1%) in Kosovo. Vor dem Kosovo-Krieg (1999) sollen zwischen 150.000 und 200.000 RAE in Kosovo gelebt haben, von denen 134.000 Personen vertrieben wurden. Rund 60 % davon haben in Westeuropa um Asyl nachgesucht bzw. sind als intern Vertriebene (IDP) in Kosovo oder in Serbien und in Montenegro registriert worden.

Die allgemeinen Lebensbedingungen der RAE-Angehörigen sind geprägt von großer wirtschaftlicher Not. Viele Familien sind nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt allein zu bestreiten. Während die offizielle Arbeitslosenquote im Kosovo bei ca. 30 % liegt, wird bei den RAE von 60 bis 90 % ausgegangen. Der Großteil der RAE verfügt über keine abgeschlossene Schul- bzw. Berufsausbildung. Schulbildung ist aber für alle Kinder grundsätzlich möglich. Lehrbücher werden für Schüler der ersten neun Schulstufen kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach Angaben der NGO „Kosovo Education Center“ aus dem Jahr 2013 liegt der regelmäßige Schulbesuch der 6- bis 14-jährigen Kinder der RAE bei 80 % (übrige Volksgruppen 100 %) und der der 15- bis 18-jährigen bei 22 % (übrige Volksgruppen 80 %).


Literaturquellen / Links:





Verwandte Themen und Schlagworte