Inklusion in KiTas: Eigentlich ganz normal

Inhaltsverzeichnis

  1. Inklusion als Menschenrecht
  2. Menschenrecht
  3. Bildungs- und Entwicklungsbegleitung
  4. Zusammenarbeit
  5. Ausblick
  6. Literatur

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Bildungs- und Entwicklungsbegleitung


In der aktuellen bildungs- und sozialpolitischen Debatte zur Frühpädagogik wird auch die Bildungsfähigkeit junger Kinder gezielter in den Blick genommen. Bildungsanforderungen werden verstärkt an Krippen und Kindergärten gestellt. Im Zuge dessen wurden beispielsweise in allen Bundesländern Bildungspläne für Kindertageseinrichtungen verfasst. Damit verbunden sind auch Diskussionen über Qualitätsentwicklung, höhere Qualifikationsanforderungen und ProfessionalisierungProfessionalisierung|||||Eine Professionalisierung findet im weiteren Sinne statt wenn die Entwicklung einer privat oder ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit zu einem  Beruf wird. Im Rahmen der Professionalisierung werden häufig Qualitätsverbesserungen und Standardisierungen erreicht. Professionalisierung bedeutet auch die Entwicklung eines Berufs zu einer Profession, darunter wird meist ein akademischer Beruf mit hohem Prestige und Anerkennung verstanden.   in der frühkindlichen Bildung. Dabei wird insbesondere die Bedeutung guter Startbedingungen in den ersten Jahren für die Bildung und Entwicklung von Kindern hervorgehoben. Herausforderungen und Chancen, die sich aus der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ergeben, werden in diesem DiskursDiskurs|||||Der Begriff Diskurs kann verschiedene Bedeutungen haben, wurde ursprünglich jedoch als  „hin und her gehendes Gespräch“ verwendet. Weitere Bedeutungen sind: theoretische Erörterung, systematische, methodische Abhandlung, gesellschaftliche Auseinandersetzung, Erörterung. Sinnverwandt sind auch Debatte, Diskussion, Disput.  jedoch bislang kaum berücksichtigt. Hieraus erwächst die Frage, wie sich die frühen Bildungsanforderungen mit den Herausforderungen, die sich durch die Umstrukturierung auf inklusive Praxis ergeben, vereinbaren lassen. Zwar finden sich Aspekte von Inklusion in der allgemeinen Grundlegung vieler Bildungspläne, nicht aber in der Konkretion der Bildungsanforderungen. Hier besteht weiterer Entwicklungsbedarf. Die vielfältigen Lebenslagen, Entwicklungsbedingungen und Gefährdungen von Kindern sollten konzeptioneller Ansatzpunkt für die Gestaltung der konkreten Bildungsbegleitung werden (vgl. Seitz et al., 2012).

Kindertagesstätten, die sich auf den Weg in Richtung Inklusion begeben, öffnen sich für die Idee, Barrieren für Partizipation und Lernen innerhalb der Strukturen, dem Konzept sowie der Arbeitsweisen in der Einrichtung zu erkennen und abzubauen und hierfür notwendige Ressourcen zu mobilisieren (vgl. Booth/Ainscow/Kingston 2006). Ein- und Ausgrenzungsprozesse innerhalb der Einrichtungen müssen kritisch betrachtet und reflektiert werden. Es gilt die pädagogische Praxis so zu gestalten, dass allen Kindern individuelle Bildungs- und Lernprozesse ermöglicht werden. Eine inklusive Bildungs- und Entwicklungsbegleitung sollte zum einen die vielfältigen individuellen Bedürfnisse aller Kinder berücksichtigen und zum anderen die Partizipation aller Kinder unterstützen.

Interaktionen zwischen Kindern unterschiedlicher Kompetenz- und Entwicklungsniveaus bieten ein hohes Anregungspotenzial. Kind-Kind-Interaktionen haben einen besonderen Motivationscharakter, denn auch junge Kinder interessieren sich in hohem Maße für andere Kinder. Soziale Interaktionen, z. B. im freien Spiel sind eine wichtige Ressource für Bildungsprozesse und Ko-Konstruktionen und sollten gezielt gefördert werden. Aktivitäten in der Kindergruppe sollten so gestaltet sein, dass die Kinder entsprechend ihrer individuellen Voraussetzungen sozial eingebunden herausgefordert werden (vgl. Seitz et al. 2010).

Jedes Kind kann individuelle Unterstützung brauchen, um seine Entwicklungspotenziale auszuschöpfen. Einige Kinder benötigen aber spezifische, fachlich fundierte Unterstützung in einem bestimmten Entwicklungsbereich, um sich entwickeln zu können und damit ihre Teilhabe abgesichert wird. Der in diesem Zusammenhang üblicherweise gebrauchte Begriff der Frühförderung ist hierbei zunächst irreführend, denn er legt nahe, das Kind würde von einer Fachkraft in seinem Entwicklungsweg „befördert“, obgleich wir wissen, dass Bildung und Entwicklung selbstgesteuerte Prozesse sind, die ein Kind letztlich selbst vollzieht – das pädagogische Umfeld und gezielte Unterstützung können lediglich Impulse und Anreize setzen. Konzepte der Frühförderung setzen denn auch hier an und zielen primär auf die Stärkung und Begleitung des Kindes in seinem Umfeld. Denn Gefährdungen der individuellen Entwicklung sind nur im Gesamtblick auf die Entwicklungs- und Sozialisationsbedingungen eines Kindes zu verstehen (vgl. u. a. Sohns 2010). Spezifische Unterstützung im Format der Frühförderung sollte in der inklusiven Kindertagesstätte stets unter der Leitidee der sozialen Einbindung umgesetzt werden (vgl. Seitz, im Druck).