Sprachlich-kulturelle Vielfalt in KiTa-Teams

Inhaltsverzeichnis

  1. Sprachlich-kulturelles Mismatch
  2. Sprachlich-kulturelle Orientierungen
  3. Sprachlich-kulturelle Potenziale
  4. Ausblick
  5. Literatur

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Sprachlich-kulturelle Orientierungen – Welche Ausrichtung geben Bildungspläne und Konstrukte interkultureller und mehrsprachiger Entwicklung?


Der Ansatz zur Verwirklichung einer sprachlich-kulturellen Vielfalt in vorschulischen Einrichtungen schlägt sich mittlerweile in den Bildungs- und Erziehungsplänen für den Elementarbereich nieder. Bei der Betrachtung der Orientierungspläne aller Bundesländer ist zu erkennen, dass Leitgedanken für eine kultursensible Pädagogik durchgängig und übereinstimmend formuliert werden. Die kulturelle, ethnische, religiöse und soziale Heterogenität sowie die DiversitätDiversität|||||siehe Diversity persönlicher Merkmale sollen als normale Erscheinung verstanden werden. Dabei wird auch die Berücksichtigung und Wertschätzung der Herkunftssprachen der Kinder und deren Eltern als grundsätzlicher pädagogischer Auftrag in den Kindertageseinrichtungen gesehen (vgl. Lüdtke 2013a).

Allerdings unterstreichen am deutlichsten nur der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik München 2012), die Hamburger Bildungsempfehlungen (Freie und Hansestadt Hamburg & Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz 2008) sowie die Leitlinien zum Bildungsauftrag in Kindertageseinrichtungen des Landes Schleswig-Holstein (Ministerium für Bildung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein 2009) die Forderung nach einer Einbeziehung mehrsprachiger pädagogischer Fachkräfte mit Migrationshintergrund. Diese drei Bildungspläne heben die alltägliche Umsetzung einer interkulturell-mehrsprachigen Kommunikation in der Kindertagesstätte klar hervor. Damit wird die Bedeutung des bilingualen Sprachmodus zwischen pädagogischer Fachkraft und Kind ausdrücklich betont.

Diesbezüglich wurde in einer Studie über Gesprächssituationen mit Erzieherinnen und mehrsprachigen Kindern belegt, dass die Kinder häufiger grammatische Abweichungen im Deutschen zeigen, wenn die Erzieherinnen keine Kenntnisse der Herkunftssprache der Kinder aufweisen kann und ausschließlich im monolingualen Sprachmodus deutsch spricht. Hingegen wurden in Konstellationen, in denen die Fachkräfte im bilingualen Sprachmodus auch über die Herkunftssprache der Kinder verfügen, weniger grammatisch auffällige kindliche Äußerungen ermittelt. Dabei wechseln aber die Kinder häufiger zwischen den Sprachen und verwenden mehr Begriffe aus dem erstsprachlichen Repertoire (vgl. Kroffke & Rothweiler 2004, S. 22).

In den monolingualen Gesprächssituationen spüren die Kinder unweigerlich, dass bei sprachlichen Unsicherheiten im Deutschen keine Möglichkeit besteht, auf die eigene mehrsprachige Kompetenz auszuweichen. Ungenügende grammatische Fähigkeiten müssen dann unvermeidlich eingesetzt werden, wenn die Kommunikation nicht abgebrochen werden soll. Der bilinguale Sprachmodus bietet allerdings die Chance, durch einen Sprachwechsel unkorrekte grammatische Formen zu vermeiden und das Gespräch auch bei lexikalischen Schwierigkeiten weiterzuführen. Damit wird im Effekt die kommunikative Kompetenz des Kindes gefördert und das sprachliche Selbstwertgefühl bestärkt, selbst wenn im Deutscherwerb noch Schwierigkeiten vorliegen (vgl. Stitzinger 2009). Vorteilhafte bilinguale Sprachmodi liegen auch in Peer-Interaktionen mit Kindern vor, wenn diese neben Deutsch über eine weitere gemeinsame Sprache verfügen, und stellen eine zusätzliche und wirksame Ressource in der KiTa-Gruppe dar (Licandro & Lüdtke 2013).

In vielen Kindertagesstätten herrscht allerdings aufgrund der Personalkonstellation eine überwiegend deutsch-sprachige Orientierung im praktizierten Sprachmodus, so dass im Durchschnitt selten die Herkunftssprache mit den Kindern täglich und regelmäßig gepflegt wird (vgl. Meyer 2008, S. 37). Ebenso fungiert in den Einrichtungen vorwiegend das Deutsche als Hauptsprache und nur vereinzelt wird eine vollkommen gleichberechtigte Verwendung von Deutsch und weiteren Sprachen realisiert (Montanari 2007, S. 56). Eine gleichberechtigte mehrsprachige Ausrichtung weisen hauptsächlich nur bilinguale Einrichtungen auf, die sich dann oft auf die Bildungs- und Verkehrssprachen Englisch und Französisch beschränken.

Die Praktizierung des bilingualen Sprachmodus sowie der konsequente und eindeutige Gebrauch der Herkunftssprache von der erwachsenen Bezugsperson wird besonders von der Wertschätzung der jeweiligen Sprachen und den Erfahrungen des kommunikativen Nutzens beeinflusst (vgl. Leist-Villis 2006). Durch einen monolingualen Habitus und entsprechenden Vorgaben der Einrichtungen können Schwierigkeiten resultieren, die eigenen Hintergründe von Mehrsprachigkeit und Migration in das professionelle Handeln zu integrieren und entsprechende Ressourcen zu nutzen. Die pädagogische Fachkraft mit Migrationshintergrund lehnt dann möglicherweise ihre mehrsprachige Herkunft ab, wenn sie zur vermeintlichen Integration wie deutsche Team-Mitglieder angesehen werden möchte. So besteht die Aufgabe, im Team einen Platz zwischen der Überbeanspruchung durch alle „Ausländerfragen“ und dem Unsichtbarmachen besonderer Kompetenzen zu finden (Wagner 1999, S. 55).