Inklusion durch Musik als universelle Sprache

Erfahrungen und Reflexionen aus der Praxis

Inhaltsverzeichnis

  1. Empathie und Wertschätzung
  2. Beziehungen gestalten
  3. Eigenaktivität und Selbstwirksamkeit
  4. Verschiedenheit und Vielfalt als Gewinn
  5. Kommunikation mit und ohne Sprache
  6. Fazit
  7. Literatur

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Empathie und Wertschätzung – Musik macht den Anfang 

„Eine wichtige Dimension für sozial benachteiligte Kinder, die in ihren Lebenslagen Mängel erleben, ist dabei die Herstellung von Verlässlichkeit, Kontinuität und Geborgenheit“ (Behrensen 2012, S. 63). Darum arbeiten wir in der Gruppe daran, alle Kinder als gleichberechtigte aber unterschiedliche Menschen wahrzunehmen. Begrüßungsspiele im Kreis gehören dazu und die Musik stellt dabei die Emotionalität sicher. Ein gesungener Jubel für ein einzelnes Kind zum richtigen Zeitpunkt kann den ganzen Tag gelingen lassen. Das Gefühl, mit einer kleinen Bewegung die ganze Gruppe zu beeinflussen, stärkt das Selbstbewusstsein jenseits von z.B. sprachlichen Fertigkeiten.

Nicht jedes Kind wird von Anfang an z.B. seinen Namen preisgeben oder eine elementare Tätigkeit vormachen wollen. Aber zum Leben mit Unterschieden gehört auch, dass jeder Mensch sein Tempo hat und sich dementsprechend früher oder später einbringt.

Dazu fällt mir ein Spiel aus der Kinderkrippe ein: Die Kinder sitzen im Kreis, einige auf dem Boden, andere bei Erwachsenen auf dem Schoß. Ein Lied wird gesungen, in dessen Verlauf einzelne Kinder einen Gegenstand aus der Mitte nehmen müssen. Es soll der Gegenstand sein (z.B. Ball, Auto, Blume…), der gerade im Lied vorkommt. Die Kinder sind der Reihe nach im Kreis dran. Einige Kinder haben das Spiel schnell durchschaut, nehmen den Gegenstand an der richtigen Stelle und helfen den kleineren, indem sie ihnen den jeweiligen Gegenstand bringen. So gelingt es im Laufe mehrere Durchgänge schließlich fast allen Kindern, ihren Part dem Spiel gemäß zu übernehmen.

Ein kleiner Junge, 14 Monate alt, Schnuller im Mund, sitzt die ganze Zeit bei einem Mitarbeiter auf dem Schoß. Er zeigt kaum Reaktion, beobachtet die ganze Zeit. Inwieweit er das Spiel verfolgt und versteht, ist nicht zu erkennen. Beim letzten Durchgang wäre dieser Junge als letzter an der Reihe, „seinen“ Gegenstand (in diesem Fall einen Spiegel) zu nehmen und – er steht auf und holt sich den Spiegel. Ein hör- und spürbares Staunen geht durch Kinder und Erwachsene der Gruppe, alle sind begeistert.

„Jedes Kind muss Anerkennung und Wertschätzung finden, als Individuum und als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe…“ (Warnecke 2012, S. 32) und unabhängig davon, ob und wie es mitsingt, -klatscht und –tanzt. Jeder Mensch lebt vom täglichen Lob, deshalb kann man ihm gar nicht oft genug sagen: Gut gemacht!

 


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