Traumatisierte Flüchtlingskinder

Mit den aktuellen Flüchtlingswellen sind auch Kindertagesstätten zunehmend mit traumatisierten Kindern aus Krisengebieten wie Afghanistan, Syrien, Somalia oder Eritrea konfrontiert. Sie haben dort Erfahrungen von Tod, Gewalt, Folter oder Vergewaltigung gemacht und oftmals auch eigene enge Angehörige verloren. Traumaerfahrungen können vielfältigste und nicht immer sofort richtig zuzuordnende Auswirkungen auf das (soziale) Verhalten von Kindern haben – sie können ängstlich, traurig, unruhig, zappelig, schreckhaft, aggressiv oder auch völlig in sich zurückgezogen erscheinen. Auch körperliche Beschwerden wie Magen- und Darmprobleme, Müdigkeit oder Essstörungen können die Folge von traumatischen Erlebnissen sein. Hier gilt es für pädagogische Fachkräfte in der KiTa besonders aufmerksam zu sein, sensibel zu reagieren sowie ggf. Unterstützung bei der Vermittlung professioneller psychotherapeutischer Hilfe zu leisten.


Gestörtes Kohärenzgefühl


Grundsätzlich ist bei traumatisierten Kindern das von Antonovsky im Rahmen der SalutogeneseSalutogenese||||| Salutogenese beinhaltet die Wissenschaft von der Entstehung von Gesundheit und zielt darauf ab allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Während ein pathogenetischer Blickwinkel auf Krankheiten, ihre Ursachen und Gefahren blickt, orientiert sich ein solutogenetischer Blickwinkel unter anderem auf attraktive Gesundheitsziele. beschriebene Kohärenzgefühl des Menschen gestört. Das Kohärenzgefühl basiert auf einer inneren und äußeren Sicherheit des Kindes und dem Gefühl

  • dass das eigene Leben einen Sinn hat,
  • dass das eigene Leben gestaltbar und kontrollierbar ist
  • dass das eigene Leben zumindest in größeren Teilen zu verstehen ist.


Ein traumatisches Erlebnis bedeutet einen zentralen Eingriff in das (bereits entwickelte oder sich gerade entwickelnde) Gefühl der Kohärenz und ist verbunden mit dem Verlust von Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit des eigenen Lebens.


In der Traumapädagogik bzw. –therapie kommt es daher darauf an, beim Kind das Vertrauen in eine grundsätzliche innere und äußere Sicherheit sowie die Bedeutsamkeit, Gestaltbarkeit und Verstehbarkeit des eigenen Lebens wieder herzustellen. Dafür müssen unter anderem Ressourcen und Veränderungspotentiale des Kindes, die durch traumatisierende Erfahrungen gebunden bzw. blockiert sind, wieder aktiviert und nutzbar gemacht werden.


Barrieren für die Hilfe


Die professionelle Hilfe für traumatisierte Flüchtlingskinder stößt in Deutschland allerdings noch auf viele Barrieren im Hinblick auf muttersprachliche, kulturelle, religiöse und insbesondere auch rechtliche Aspekte. Das Asylbewerberleistungsgesetz sieht so im Vergleich zum SGB XII zum Teil nur eingeschränkte Gesundheitsleistungen bei laufendem Asylverfahren, bei nur geduldeten Flüchtlingen oder bei aus bestimmten Gründen anerkannten Flüchtlingen vor. Hier droht unter Umständen ein langwieriges Verfahren, um eine Psychotherapie (ggf. nebst Dolmetscherkosten) vom Sozialamt bewilligt zu bekommen.


Unterstützungsangebote

Neben Erziehungsberatungsstellen und Psychotherapeutischen Vereinigungen vor Ort bietet in Niedersachsen auch der Verein „Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge" eine zentrale telefonische Beratung und Unterstützung, um Flüchtlingen eine geeignete psychotherapeutische und/oder psychiatrische Behandlung zu vermitteln. Ggf. kümmert das Netzwerk sich auch um eine diagnostische Abklärung und bietet überbrückend Kriseninterventionsgespräche an. Viele grundsätzliche Informationen zum Thema "Flüchtlinge" und "Asyl" sind desweiteren auch auf der Homepage des Flüchtlingsrates Niedersachsen sowie in einer Broschüre der Caritas Niedersachsen zu finden (Link und Download s.u.).



Zum Weiterlesen:

Hilfe für traumatisierte Flüchtlingskinder in der KiTa

Bilderbuch zur Arbeit mit traumatisierten Kindern

 



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